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Buchbesprechung: Stephan Knösel “Echte Cowboys”

Cover KnöselLesealter 14+(Beltz & Gelberg-Verlag 2010, 237 Seiten)

„Echte Cowboys“ – nicht gerade ein Titel, unter dem man sich viel vorstellen kann. Dazu noch ein etwas seltsam aussehendes Cover. Der Klappentext auf der Rückseite verrät da schon mehr und macht den Leser neugierig.

Stephan Knoesels erster Jugendroman handelt von drei jugendlichen Einzelgängern – Großstadt-Cowboys eben –, die sich kennen lernen. Der Autor, bereits mit dem Literaturstipendium der Stadt München ausgezeichnet, lebt ansonsten davon, dass er als freier Autor Drehbücher schreibt – keine schlechte Voraussetzung für ein interessantes Buch.

Inhalt:

Cosmo, Nathalie und Tom – alle drei haben kein einfaches Leben und keine richtigen Freunde, allerdings aus unterschiedlichen Gründen. Nathalie ist erst kürzlich von Marseille nach München gezogen und vermisst die französische Stadt, Tom ist schüchtern und blamiert sich mit seinem tolpatschigen Verhalten bei anderen, und Cosmo schließlich hat extrem schwierige Familienverhältnisse: Sein Vater ist vor vier Jahren von heute auf morgen verschwunden und hat nichts mehr von sich hören lassen, seine Mutter ist Alkoholikerin und bekommt gar nichts auf die Reihe. Und ausgerechnet am Tag, bevor das Schuljahr endet, will sie sich umbringen. Cosmo kommt noch rechtzeitig, um die Sanitäter zu rufen, doch am nächsten Tag stirbt seine Mutter im Krankenhaus.

Cosmo wird von einem Polizisten in ein Heim gebracht, doch dort will er partout nicht bleiben und haut gleich wieder ab. Am nächsten Tag holt er in der Schule noch sein Zeugnis ab, und dort trifft er zufällig Nathalie. Cosmo hatte vorher Tom beobachtet, wie er mit seinem Zahlenschloss Nathalies Fahrrad abgeschlossen und die Luft aus den Reifen gelassen hatte – eine seltsame Idee, um mit Nathalie, in die Tom schon seit langem verliebt ist, ins Gespräch zu kommen. Doch dann ist Cosmo Nathalies Retter, der mit ihr von dannen zieht und ins Gespräch kommt.

Doch auch Tom trifft Cosmo kurz darauf wieder, und die beiden unterhalten sich. Tom ist es auch, der Cosmo, der auf der Flucht vor dem Polizisten ist, hilft. Und so freunden sich die beiden an … – und begegnen natürlich auch Nathalie wieder.

Bewertung:

Ich hatte von dem Buch eine recht positive Rezension gelesen, und die ersten Seiten war ich von „Echte Cowboys“ ziemlich enttäuscht. Es geht damit los, dass Cosmos Mutter Schlaftabletten schluckt und der Junge sie zu Hause findet. Das alles ist seltsam distanziert erzählt, so dass ich eher schlecht in das Buch hineingekommen bin. Doch schon kurz darauf, als Nathalie und Tom in die Geschichte treten, war mein erster, eher negativer Eindruck passé.

„Echte Cowboys“ ist ein interessantes Buch, das das Bild drei jugendliche Einzelgänger beschreibt, die sich kennen lernen. Das Besondere an dem Jugendroman ist, dass die drei Jugendlichen darin sehr eindrücklich gezeichnet werden. Da ist z. B. Cosmo – ein Junge, der verdammt viel mitzumachen hat: Vater abgehauen, Mutter Alkoholikerin – eigentlich ist er gänzlich auf sich alleine gestellt, vor allem als seine Mutter stirbt. Cosmo hat so seine Macken und Eigenheiten – aber auf seine Art und Weise ist er ein kleiner Held, der ehrlich ist, der sich nicht darum kümmert, was andere von ihm denken, der sich durchzuschlagen versucht. Sympathisch könnte man ihn nennen. Und letztendlich sind das auch Nathalie und Tom, auch wenn sie anders gestrickt sind.

Gefallen haben mir an Stephan Knoesels Buch aber auch die erwachsenen Figuren – insbesondere der Polizist Berger, der mich ein wenig an Henning Mankells Kommissar Wallander erinnert hat. Berger hat sein Herz auf dem richtigen Fleck, zweifelt immer wieder an dem Sinn seiner Tätigkeit und ist eher desillusioniert. Das Sympathische an der Zeichnung der erwachsenen Figuren ist letztendlich, dass auch sie als Menschen mit Träumen und Sehnsüchten, aber auch mit Problemen beschrieben werden.

Fazit:

4-einhalb von 5 Punkten. „Echte Cowboys“ ist alles in allem ein faszinierendes Buch über die Freundschaft von drei ganz besonderen Jugendlichen sowie über ihre Lebensträume und Probleme. Ein bisschen schade (vom seltsamen Anfang abgesehen) fand ich lediglich, dass die Geschichte kurz vor Ende ein bisschen aus dem Ruder läuft und eine etwas künstliche Dramatik entwickelt. Das ist aber auch schon das einzig Negative, was mir zu dem Buch einfällt. Dem gegenüber steht eine brillante Figurenbeschreibung, in der sich viele Jugendliche widergespiegelt finden dürften.

Hoffen wir, dass Stephan Knoesel die kleinen Schwächen in seinem nächsten Buch ausbügelt – denn dass hier jemand am Werk ist, der sein Handwerk versteht, ist nicht zu übersehen.

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(Ulf Cronenberg, 16.03.2010)

Auf der Webseite von Stephan Knoesel findet ihr übrigens ein interessantes Video (auch wenn der Autor sich darin etwas zu viele Zigaretten anzündet 🙁 ), das etwas über die Entstehung des Buches erzählt, in dem außerdem ein paar Ausschnitte aus dem Buch vorgelesen werden: http://www.stephanknoesel.de/.

Kommentare (7)

  1. Gerald Hahn

    Hallo Herr Cronenberg,
    nur eine kurze (beruhigende) Bemerkung zu Ihrer Aussage
    „auch wenn der Autor sich darin etwas zu viele Zigaretten anzündet …“:
    Stephan Knösel raucht inzwischen (August 2010) nicht mehr.
    MfG
    Gerald Hahn

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  5. Marcel Schreiber

    Hallo,
    ich lese dieses Buch gerade mit meiner Klasse und bin ziemlich zufrieden. Wir haben vor einer Woche angefangen, und bin schon fast fertig damit.
    Ihre Bewertung war sehr zufriedenstellend!
    Gruß, Marcel Schreiber

    Antworten
  6. Ronja

    Hi,
    also ich gehe zurzeit noch in die 8. Klasse. Ich und meine Klasse haben das Buch „Echte Cowboys“ von Stephan Knösel gerade gelesen. Ich finde das Buch eigentlich ganz in Ordnung, es ist spannend, witzig, und man kann sich sehr gut in die Personen hineinversetzen. Es ist interessant und macht Lust zum Lesen. Das Einzige, was mich eigentlich stört, ist, dass man überhaupt nicht weiß, wie die Personen aussehen (➡ was zur Veranschaulichung beitragen würde). Wie gesagt: Ansonsten finde ich das Buch sehr empfehlenswert …

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