(Ravensburger-Verlag 2009, 221 Seiten)
Marlene Röder ist eine junge deutsche Autorin, die nach ihrem ersten Buch „Im Fluss“ nun mit „Zebraland“ ihr zweites Jugendbuch vorgelegt hat. Ein seltsamer Titel ist das, unter dem man sich zunächst einmal nicht allzu viel vorstellen kann … Es geht mitnichten um Afrika oder um wilde Tiere, sondern „Zebraland“ ist ein Jugendthriller, in dem vier Jugendliche etwas Falsches machen und dann dafür erpresst werden.
Inhalt:
Ziggy, der eigentlich eigentlich Fridolin heißt, als großer Reggae-Fan von seinem Cousin Elmar jedoch den Vornamen von Bob Marleys Sohn als Spitznamen bekommen hat, fährt mit Elmar zu einem Festival, wo die beiden mit Bongo und Gitarre ihren ersten großen Auftritt haben und Songs ihres großen Raggae-Vorbilds nachspielen. Doch es kommt alles anders als gedacht. Elmar geht ein Bier holen, kehrt jedoch nicht mehr zurück, sondern betrinkt sich, während Ziggy auf seinen Cousin wartet und ihn schließlich sucht. Am Ende ist ihr Auftritt geplatzt – Ziggy ist stinksauer und beschließt, das Festival zu verlassen. Mit Anouk, Philipp und Judith, die auf seine Schule gehen und die er zufällig trifft, fährt er von dem Festival noch am gleichen Abend zurück.
Mit dem alten Mercedes von Philipps Großvater erfassen sie im Dunkeln an einer unübersichtlichen Stelle ein Mofa, das aus dem Nichts aufzutauchen scheint. Die Fahrerin wird von ihrem Mofa geschleudert. Judith und Ziggy schauen nach, ob das Mädchen, das sich nicht mehr regt, noch lebt. Dabei bemerkt Ziggy, dass es sich um Yasmin, ein türkisches Nachbarmädchen, das immer mit einem Kopftuch mit Zebramuster herumläuft, handelt. Doch sie können bei Yasmin keinen Puls mehr fühlen, und so flüchten die Vier kopflos vom Unfallort, da für Yasmin jede Hilfe zu spät zu kommen zu scheint. Ein Auto, das kurz vorher in der Nähe aufgetaucht war, scheint sie nicht gesehen zu haben.
Am nächsten Tag hören sie in den Nachrichten, dass die Polizei nach dem Unfallflüchtigen sucht. Das Mädchen sei auf dem Weg zum Krankenhaus ihren Verletzungen erlegen. Die vier Jugendlichen sind geschockt, insbesondere Judith und Ziggy, die überprüft hatten, ob Yasmin noch lebt. Doch die Fahrerflucht ist geschehen und sie trauen sich nicht, sich jetzt noch nachträglich der Polizei zu stellen.
Die Belastung für Philipp, Judith, Anouk und Ziggy wird immer größer, und dann finden sie ein paar Tage später im Kummerkasten der Schülerzeitung, deren Chefredakteur Philipp ist, auf einem Zettel die Autonummer des Mercedes von Philipps Großvater. Drohbriefe und Erpressungsversuche folgen …
Bewertung:
„Zebraland“ wird aus zwei verschiedenen Perspektiven erzählt: Ziggy und Judith wechseln sich als Ich-Erzähler in jedem Kapitel ab, wobei den Kapiteln von Ziggy immer noch kurze Dialoge mit dessen Cousin Elmar vorgeschaltet sind. Weil Ziggy den innerlichen Druck nicht mehr aushält, berichtet er seinem Cousin – das ist der Aufhänger für das Buch –, was vorgefallen ist. Die Verschränkung der zwei Erzählebenen ist geschickt gemacht, auch wenn sie sich am Ende (aber da darf ich hier nichts weiter darüber schreiben, will ich nicht vom Ende etwas vorwegnehmen) als zugleich etwas problematisch entpuppt.
Marlene Röder hat ein im Großen und Ganzen spannendes Buch verfasst, das jedoch etwas braucht, bis es in Fahrt kommt. Ein wenig gestört hat mich, dass die Fahrerflucht, die so geschildert wird, als könne Anouk als Autofahrerin eigentlich nichts für den Unfall, unplausibel ist. Warum hauen die vier Jugendlichen ab, wenn sie doch gar nichts für den Unfall können? Wäre es nicht normal gewesen, am Unfallort zu bleiben? Und warum bemerken sie nicht, dass Yasmin noch lebt? Lediglich die Tatsache, dass Philipp sich für die Fahrt zum Festival evtl. unerlaubterweise (so genau steht das nicht in dem Buch) des Autos seines kranken Großvaters bedient hat, macht das ein wenig nachvollziehbar.
Von dieser Schwäche im Plot abgesehen, wird „Zebraland“ jedoch mit jeder Seite spannender, wofür vor allem verantwortlich ist, dass die vier Jugendlichen von jemand Unbekanntem erpresst werden. Von ihnen wird nicht Geld gefordert, sondern dass sie sich öffentlich bloßstellen: Judith, deren Traum die Teilnahme an der deutschen Meisterschaft für 100 m Sprint ist, soll z. B. das Qualifikationsrennen vergeigen, Philipp soll das Amt des Chefredakteurs der Schülerzeitung niederlegen, etc. Das Netz wird immer dichter zugezogen, und Philipp, Ziggy, Judith und Anouk versuchen – allerdings erfolglos – herauszubekommen, wer sie erpressen könnte. Am Ende wird das Rätsel aufgelöst, und letztendlich – ja, das ist gut gemacht! – dürfte wohl kein Leser schon vorher ahnen, wer hinter der Erpressung steht.
Fazit:
3-einhalb von 5 Punkten. Marlene Röders zweites Jugendbuch ist ein kurzweiliges Buch, das man schnell liest und das einen, hat man ab der Mitte des Buches einmal Feuer gefangen, nicht mehr loslässt. Die Autorin erzählt ihre Geschichte unauffällig, aber gekonnt und spielt geschickt mit verschiedenen Erzählebenen. Die Story leidet für meinen Geschmack ein klein wenig daran, dass sie nicht bis in alle Ecken hinein plausibel ist – das ist der wesentliche Kritikpunkt, den ich an dem Buch habe.
Gefallen hat mir das Bild des Zebras, das sich als Leitmotiv auf mehreren Ebenen durch das Buch zieht. Davon abgesehen merkt man dem Buch der jungen Autorin noch an, dass ihm ein bisschen Biss in der Figurenzeichnung fehlt. Die Figuren sind zwar gut angelegt, aber ihnen mangelt es etwas an Tiefe. Doch das ist vielleicht eine Kritik, die eher erfahreneren Lesern auffallen dürfte …
(Ulf Cronenberg, 11.04.2009)
Entdecke mehr von Jugendbuchtipps.de
Subscribe to get the latest posts sent to your email.
Pingback: Kinderbuch Krebskrankheit | Nur das Beste aus der Bücherwelt
Ich habe das Buch auch gelesen und finde die Inhaltsangabe von oben wirklich schrecklich.
Und warum? Das würde mich schon interessieren …