Jugendbuchtipps.de

Buchbesprechung: Andreas Steinhöfel "Rico, Oskar und die Tieferschatten"

Cover SteinhöfelLesealter 10+(Carlsen-Verlag 2008, 220 Seiten)

Andreas Steinhöfel ist einer der bekanntesten deutschen Kinder- und Jugendbuchautoren und hat einige Bücher geschrieben, die mir sehr gut gefallen haben. Da sind u.a. das eher tiefschürfende „Die Mitte der Welt“ – ein Buch, eher für ältere Jugendliche (leider gibt es dazu keine Buchbesprechung bei Jugendbuchtipps.de, denn das Buch ist schon fast 10 Jahre alt) – und natürlich „Die Kurzhosengang„, einer meiner großen Favoriten für Leser ab 9 Jahren. Dass „Die Kurzhosengang“ angeblich von Caspak & Lanois geschrieben wurde, mag zunächst etwas verwirren – aber es ist ein offenes Geheimnis, dass hinter dem angeblichen kanadischen Autorenteam Andreas Steinhöfel und Zoran Drvenkar stehen.
„Rico, Oskar und die Tieferschatten“ – das sei schon verraten – hat einen ähnlichen Stil wie „Die Kurzhosengang“…

Inhalt:

Berlin wird von einem Kindesentführer in Atem gehalten, der sich selbst „Mister 2000“ nennt, in den Medien aber als ALDI-Kidnapper bezeichnet wird. Warum? Weil er für die Rückgabe der Kinder nur 2000 Euro verlangt – eine vergleichsweise geringe Summe. Doch auf die Spur ist dem Mann bisher nach sechs Kindesentführungen noch niemand gekommen.
Rico Doretti lebt mit seiner Mutter, die nachts in einem Club arbeitet, alleine in der Wohnung eines Mehrfamilienhauses in Berlin – und zwar in der Dieffe 93, wie das Haus genannt wird. Sein italienischer Vater ist bei einem tragischen Unfall ums Leben gekommen – von ihm hat er jedoch seinen italienischen Namen.
Seine Mutter stellt Rico immer mit den Worten vor, dass dieser „tiefbegabt“ sei. Rico geht nämlich in ein Förderzentrum, ist zwar nicht dumm, aber er braucht für das Denken etwas länger als andere und verwechselt nicht selten etwas (z.B. rechts und links). Pampig wird Rico jedoch, wenn ihn andere als „Schwachkopf“ bezeichnen, wie etwa der alte ungepflegte Fitzke, der im vierten Stock der Dieffe 93 wohnt.
Eines Tages lernt Rico auf einem Spielplatz einen seltsamen Jungen kennen: Oskar – einen guten Kopf kleiner als Rico, jedoch nie um einen schlauen Spruch verlegen. Oskar outet sich als hochbegabt und weiß die unmöglichsten Dinge zu allen möglichen Themen. Doch auch Oskar ist etwas seltsam, denn er rennt den ganzen Tag mit einem blauen Motorradhelm herum: und zwar, weil ja täglich so viele Kinder verunglücken.
Mit Oskar bekommt Rico erstmals einen richtigen Freund, doch dann verschwindet Oskar zwei Tage später. Wie sich herausstellt, ist er vom ALDI-Kidnapper entführt worden. Und Rico begibt sich als kleiner Detektiv auf die Suche nach seinem Freund…

Bewertung:

Ja, was soll man sagen: Mich hat das Buch einfach von der ersten Seite an begeistert – und das ist bis zum Ende so geblieben. Rico, der die Geschichte erzählt (es ist sein Ferientagebuch, das er für seinen Lehrer führen soll), und Oskar, aber auch all die anderen Figuren in dem Buch sind so liebevoll und witzig beschrieben, dass ich beim Lesen immer wieder lachen musste. Das geht schon auf den ersten Seiten los, wo Rico auf dem Gehsteig eine Nudel mit Gorgonzola-Soße findet („Die Fundnudel“ heißt auch das Kapitel) und mit detektivischen Spürsinn herauszufinden versucht, wer die Nudel aus dem Fenster geworfen haben könnte. Doch als Rico als Zweiten den unverschämten Fitzke danach fragt, steckt dieser die Nudel einfach in dem Mund und schluckt sie herunter… Ja, vor lauter solcher witzigen und skurrilen Ideen strotz dieses Buch.
Unterstützt wird dieser Ideenreichtum von dem Schreibstil Steinhöfels: Was er Rico in den Mund legt, wie beschrieben wird, was dem Jungen durch den Kopf geht, wirkt glaubwürdig, ist erfrischend und macht einfach Spaß zu lesen. Sehr witzige Vergleiche und sprachliche Bilder kommen dabei raus…
Gleichzeitig packt „Rico, Oskar und die Tieferschatten“ ein brisantes Thema einfühlsam auf: Ein hochbegabter Junge (Oskar) trifft auf einen Gleichaltrigen, der in eine Förderschule geht. Und letztendlich ist es so, dass beide einander akzeptieren lernen und mit ihren Vorurteilen über den anderen aufräumen. Zu schön, um wahr zu sein!
Und schließlich sind da noch die tollen Illustrationen von Peter Schössow, die nicht nur auf dem Buchcover, sondern auch vor jedem neuem Kapitel zu finden sind und dem Buch auf der gestalterischen Ebene den letzten Schliff geben.

Fazit:

5 von 5 Punkten. „Mann, Mann, Mann!“ Was hat Andreas Steinhöfel da doch für ein tolles Buch geschrieben. „Rico, Oskar und die Tieferschatten“ – das ist ein moderner „Emil und die Detektive“: Beide spielen in Berlin und in beiden Büchern wird ein Verbrecher von Kindern durch die Stadt gejagt. Die Ähnlichkeiten sind wohl nicht ganz zufällig…
Bin nur ich von diesem Buch so angetan? Nein, auch die Schülerinnen und Schüler meiner 5. Klasse (hallo 5m!), der ich die ersten 40 Seiten des Buches vor ein paar Tagen vorgelesen habe, waren begeistert. Und so werden wir dann das Buch auch ab nächster Woche als Klassenlektüre lesen. Ich freu‘ mich darauf…
„Rico, Oskar und die Tieferschatten“ hat in meinen Augen jedenfalls das Zeug zu einem neuen Klassiker. Es ist einfach ein rundum tolles Buch. Und ich kenne einige Leute, die das Buch auch schon gelesen haben – und bisher schwärmte wirklich jeder davon.
(ab 9 Jahren – gerade auch zum Vorlesen sehr gut geeignet!)

blau.giflila.gifrot.gifgelb.gifgruen.gif

(Ulf Cronenberg, 11.04.2008)

Lektüretipp für Lehrer!

Steinhöfels Buch könnte (und sollte) ein neuer Klassiker für die Besprechung im Deutschunterricht der 5. Klasse werden. Es ist witzig, es ist spannend und es ist gut geschrieben.
Kaum ist das Buch erschienen, habe ich es auch gleich in meiner 5. Klasse als Lektüre eingesetzt. Die Schüler (ja, auch die Eltern, die es gelesen haben) waren sehr zufrieden – wir haben u.a. einige Szenen aus dem Buch in Schülergruppen nachspielen lassen.
Geeignet ist es auch als Vorlesebuch für eine Vertretungsstunde in der 4. oder 5. Klasse. Auch hier kam das Buch sehr gut an – und die Schüler fragen noch jetzt, einen knappen Monat später, danach, ob ich weiter daraus vorlesen könnte…

Weitere Meinungen:

Von einigen Rezensenten wird Steinhöfels neues Buch mit „Emil und die Detektive“ verglichen, was vielleicht nicht ganz von der Hand zu weisen ist. Ich jedoch fühlte mich eher an skandinavische Kinderbücher erinnert und musste spontan z. B. an Mikael Engströms „Brando“ denken.
Dem Autor ist mit „Rico, Oskar und die Tieferschatten“ ein besonderer Coup gelungen. Alle Personen aus der Kreuzberger Dieffenbachstraße 93, Oskar eingeschlossen, sind skurrile, aber liebenswürdige Typen. Allen voran natürlich Rico, der tapfere Naivling, der uns die Geschichte in Form eines Ferientagebuchs erzählt, über den viel gelacht werden darf, ohne dass man ihn auslacht. Es ist einfach zu goldig, wie er Buch führt über neu gelernte schwierige (Fremd-)Wörter, deren Bedeutung er sich aus dem Lexikon heraussucht. Oder was er sich einfallen lässt, um sein Leben in den ihm relativ eng gesteckten Grenzen ein bisschen aufzupeppen, wie z. B. die „Fundnudel“.
Nicht zuletzt ist das Buch aber auch ein Buch über Freunde, über Toleranz, Interesse, Offenheit und die Bereitschaft zur Annäherung sowie ein Plädoyer zum zweiten Blick – hinter die Fassade. Die herrlichen Illustrationen stammen von Peter Schössow. Sie verdichten die Atmosphäre und lockern und werten das Buch von der äußeren Gestaltung her auf.
Absolute Lese-Empfehlung für alle Kinder und Jugendlichen ab 10 Jahren, ob Junge oder Mädchen. Es ist bestimmt auch toll als Klassenlektüre!

(Iris Henninger)

Kommentare (0)

  1. Pingback: Jugendbuchtipps.de» Blogarchiv » Buchmesse und Verleihung des Deutschen Jugendliteraturpreises 2008 - Eindrücke …

  2. Pingback: Jugendbuchtipps.de» Blogarchiv » Buchbesprechung: Do van Ranst “Rabenhaar”

  3. Pingback: Jugendbuchtipps.de» Blogarchiv » Nominierungen für den Deutschen Jugendliteraturpreis 2009

  4. Pingback: Jugendbuchtipps.de» Blogarchiv » Andreas Steinhöfel: “Rico, Oskar und das Herzgebreche”

  5. Pingback: Jugendbuchtipps.de» Blogarchiv » Die Preisträger des Deutschen Jugendliteraturpreises 2009

  6. Pingback: Jugendbuchtipps.de» Blogarchiv » Buchbesprechung: Salah Naoura „Matti und Sami und die drei größten Fehler des Universums”

  7. Pingback: Jugendbuchtipps.de» Blogarchiv » Buchbesprechung: Andreas Steinhöfel „Rico, Oskar und der Diebstahlstein“

  8. enes

    Ich finde das Buch „Rico, Oscar und der Tieferschatten“ lustig, es hat eine interessante Art, die dem Leser viel Spannung schenkt. Die Agonisten beziehungsweise die Protagonisten haben die Rollen, die man bei einem Buch braucht, um die Spannung und das Lustige hochzufahren.

    Antworten
  9. Thomas

    Das Buch „Rico, Oskar und die Tieferschatten“ ist sehr ansprechend und zeigt, dass ein Tiefbegabter und ein Hochbegabter auch Freunde sein können, wenn sie sich einander anpassen. Außerdem ist es lustig, doch an einigen Stellen auch spannend. Insgesamt ist es eine gute Mischung aus beidem. Wenn man das erste Kapitel liest, will man direkt weiterlesen, was sich auf jeden Fall lohnt!

    Antworten
  10. lulu

    Wir lesen das Buch im Unterricht und mir gefällt es sehr.

    Antworten
  11. Malle

    Das Buch ist für Kinder einfach super!

    Antworten
  12. Co

    Absolut super dieses Buch!! Habe es mit meiner 5. Klasse Realschule gelesen. Sogar die Lesefaulen waren begeistert und einige Schüler haben sich direkt den 2. Teil gekauft.

    Antworten

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert