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Buchbesprechung: Lisa Bjärbo „Alles, was ich sage, ist wahr“

bjaerbo_wahrLesealter 14+(Beltz & Gelberg-Verlag 2014, 253 Seiten)

Vor lauter Fußball-WM bin ich die letzten drei Wochen kaum zum Lesen gekommen – es waren einfach zu viele packende Spiele … Doch nun waren zwei Tage Spielpause, und so konnte ich mein vor knapp 10 Tagen begonnenes Buch von Lisa Bjärbo endlich zu Ende lesen. Wurde auch Zeit. Denn eigentlich geht es um ein packendes Thema: Ein Mädchen gerät in eine große Krise und schmeißt die Schule hin, ohne zu wissen, wie es weitergehen soll. Ein Thema, das sicher viele Jugendliche interessiert …

Inhalt:

Alicia geht auf die Schule, ist jedoch nur noch genervt von allem, und so kommt es zu einer Kurzschlusshandlung: Das Mädchen beschließt gegen den Rat seiner Eltern, nicht mehr in die Schule zu gehen, und zieht das durch. Zu Hause kriselt es deswegen recht heftig, zumal Alicia keinen Plan hat, was sie stattdessen mit ihrem Leben anfangen soll.

Kurzerhand besorgt Alicia sich einen Job: Sie stellt sich in ein Café und sagt, dass sie dort jobben will; und sie hat Glück: Ein anderes Mädchen hat gerade den Job hingeschmissen, so dass Alicia schon am nächsten Tag anfangen kann. Immerhin ein kleiner Lichtblick – doch zu Hause fühlt Alicia sich alleingelassen, weil ihre Eltern keine Verständnis für ihren Schritt zeigen. Und so zieht sie schließlich zu ihrer 80-jährigen Oma, die als Einzige zu ihr zu halten scheint.

Für beide, Oma wie Enkeltochter, ist das ein Wagnis – doch sie kommen gut miteinander zurecht. Alicia hält sich an Regeln, denen sie sich zuhause verweigert hat, spricht sehr viel mit ihrer Oma, die zwar auch kritische Fragen hat, aber mehr als Alicias Eltern darauf vertraut, dass das Mädchen seinen Weg gehen wird.

Bewertung:

Welcher Jugendliche kennt das Gefühl nicht, in der Schule nur seine Zeit abzusitzen, ohne etwas Sinnvolles zu machen. Was Lisa Bjärbo in ihrem Jugendroman „Alles, was ich sage, ist wahr“ (Übersetzung: Maike Dörries) durchspielt, ist von daher aus dem Leben gegriffen.

Erzählt wird die Geschichte von Alicia selbst, und Lisa Bjärbo gelingt es sehr gut, die Stimme eines 16-jährigen Mädchens einzufangen. Alicia regt sich über ihre spießigen Eltern auf, über das inhaltsleere Gequatsche von Lehrkräften und Mitschülern, sieht in allem keinen Sinn und will sich erst mal freischwimmen.

Das Buch vermengt das Sinnthema jedoch noch mit anderem: Es geht um Generationenkonflikte, aber auch um eine erste Liebe, und später (Vorsicht, Spoiler!) auch darum, dass Alicias Oma plötzlich und unerwartet stirbt. Für das Mädchen ist das ein großer Schock, der es aus der Bahn wirft. Die Orientierungslosigkeit Alicias, die durch den Tod der Großmutter vergrößert wird, bleibt jedoch das Hauptthema in dem Roman, auch wenn nun nicht mehr der Schulabbruch alleine dafür verantwortlich ist.

In kleinen Episoden wird Alicias Geschichte erzählt: manche ein paar Seiten lang, andere kürzer als eine Seite – immer wieder auch mit eingestreuten Rückblenden, insbesondere als die Oma gestorben ist. Was daraus resultiert ist eine erfrischende, ja, fast unbekümmert wirkende Schreibweise, die ab und zu fast ein bisschen unbeholfen, dadurch aber umso authentischer wirkt.

Dass „Alles, was ich sage, ist wahr“ letztendlich eine Botschaft vermittelt, liegt auf der Hand: Umwege gehören zum Leben dazu und bereichern es, und an Eltern gerichtet, könnte die Botschaft lauten: Habt Vertrauen, auch wenn eure Kinder von dem Weg, den ihr für sie vorgesehen habt, abweichen! Dass diese Botschaften unaufdringlich bleiben, spricht für das Buch.

Fazit:

4-einhalb von 5 Punkten. „Alles, was ich sage, ist wahr“ ist ein Buch, das mich von Anfang an gepackt hat: weil es ein wichtiges Thema aufgreift und weil es frisch erzählt daherkommt. Alicia ist ein sympathisches Mädchen, dessen Lebenskrise nachvollziehbar erzählt wird – manchmal hätte das Buch für meinen Geschmack aber noch das ein oder andere etwas mehr auf die Spitze treiben können. Das ist der einzige Kritikpunkt, den ich habe: Ein bisschen gewagter, mutiger hätte das Buch noch sein können, auch wenn es so, wie es geschrieben ist, wahrscheinlich näher an der Realität ist.

Der weiblichen Hauptperson wegen ist Lisa Bjärbos Buch eher etwas für Mädchen ab 14 Jahren, die sich sicher in vielem, was Alicia denkt und empfindet, wiederfinden können. Vielleicht ist das auch der Grund, warum mir das Buch dennoch in manchem ein wenig fremd geblieben ist. Lesenswert ist „Alles, was ich sage, ist wahr“ dennoch allemal.

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(Ulf Cronenberg, 11.07.2014)

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Lektüretipp für Lehrer!

Der für Jugendliche wichtigen Themen wegen ist Lisa Bjärbos Buch einen Lektüretipp wert, auch wenn die Zielgruppe des Romans etwas eingeschränkt ist. Ich kann mir nicht vorstellen, dass Jungen in der 8. oder 9. Klasse für „Alles, was ich sage, ist wahr“ zu begeistern sind. Von daher bietet sich der Roman für Mädchenklassen (ja, so was soll es noch geben!) an oder in Kombination mit einem anderen Buch. Man kann ja durchaus Jungen einen anderen Roman mit ähnlichem Thema lesen lassen … Das könnte z. B. Sarah N. Harveys „Arthur oder Wie ich lernte, den T-Bird zu fahren“ sein.

Kommentare (5)

  1. Britta

    Hallo Ulf,
    bei Deinem Lektüretipp wird bei mir Widerspruch wach. Lehrer neigen dazu (so ist zumindest mein Eindruck als Buchhändlerin), den Mädchen in den Klassen oft Bücher zuzutrauen, in denen Jungen die Hauptfiguren spielen und demzufolge die ganze Geschichte aus Knabensicht präsentiert wird, aber umgekehrt höre ich dann oft genau die von Dir beschriebenen Bedenken. Lasst doch die Jungs auch öfter mal über den geschlechtlichen Tellerrand schauen!
    Ich hab im Leseclub das Buch vorgestellt und eine Passage daraus vorgelesen und die erste Person, die es unbedingt lesen wollte war – – – ein JUNGE.
    Liebe Grüße,
    Britta

    Antworten
    1. Ulf Cronenberg

      Liebe Britta,
      ich teile deine Bedenken und kenne das auch. Dennoch bin ich mir eben nicht sicher, wie anschlussfähig das Buch bei Jungen ist. Und was spricht gegen eine Parallellektüre, für die sich jeder entscheiden kann – oder auch nicht. Es dürfen ja auch Mädchen das andere Buch lesen.

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    2. Kristina

      Danke, genau das stieß mir auch gerade massiv auf! Durch zahlreiche, männer- oder jungenlastige Bücher, Filme, Serien etc. scheuchen wir die Mädchen/Frauen durch und dann sollen wir darauf Rücksicht nehmen, dass ein Mädchen in der Hauptrolle Jungen nicht interessiert? Dann MÜSSEN wir sie mit mehr Mädchen in Hauptrollen konfrontieren!

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  2. Liliane Schreck

    Hallo, ich bin ein 13-jähriges Mädchen und muss dazu sagen, dass ich persönlich das Buch etwas langweilig finde. Es ist wirklich schön geschrieben, versteht mich nicht falsch, aber es fesselt einen einfach nicht. Um ehrlich zu sein, kann ich das Buch nicht empfehlen.
    Liebe Grüße, Lilly

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  3. Sarya

    Hallo, ich bin ein 12-jähriges Mädchen und ich muss auf jeden Fall sagen, dass ich denn Titel sehr spannend fand, und danach musste ich gar nicht lang überlegen und ich bestellt es mir. Ich hatte ein sehr gutes Gefühl, sobald ich das Buch fertig gelesen habe, gebe ich es an meine Cousine weiter. Ich freue mich, wenn mein Buch angekommen ist.

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