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Buchbesprechung: Cynthia Lord “Ein Apfel ist ein komischer Pfirsich”

Cover LordLesealter 11+(Sauerländer-Verlag 2009, 165 Seiten)

Einen interessanten Titel, unter dem man sich jedoch nicht allzu viel vorstellen kann, hat Cynthia Lords Buch – allerdings gefällt mir das Buchcover nicht so ganz. Ich finde es mit dem Lila und den Zeichnungen sowie dem Quietsche-Entchen ein wenig kitschig.

Für ihren Debütroman hat Cynthia Lord die begehrte amerikanische Newbery Honor Medal bekommen, eine der wichtigsten Ehrenauszeichnungen im Kinder- und Jugendbuchbereich. Und das macht natürlich neugierig …

Inhalt:

Die 12-jährige Catherine hat es nicht leicht: Ihr jüngerer Bruder David ist autistisch und beansprucht sehr viel Aufmerksamkeit für sich, so dass sich Catherine in ihrer Familie oft zu kurz gekommen fühlt. David verhält sich außerdem immer wieder sehr unkonventionell, denn menschliche Verhaltensweisen, die für andere selbstverständlich sind, kann er sich nicht selbst erschließen, sondern man muss sie ihm als Regeln beibringen. Wenn David z. B. unbekümmert vor Freunden seine Hosen auszieht, so ist das seiner Schwester ziemlich peinlich. Die Regel dazu, die man David eintrichtern muss, heißt dann: „Die Hose immer anbehalten! Nur dann ausziehen, wenn Mom, Dad oder der Arzt dir sagen, dass du sie ausziehen sollst.“ Ganz schön kompliziert angesichts der Ausnahmen, die man dabei immer auch bedenken muss …

Catherines beste Freundin Melissa ist während der Sommerferien bei ihrem Vater in Californien, so dass sich Catherine zu langweilen fürchtet. Doch ins Nachbarhaus zieht eine neue Familie ein, und Catherine erfährt, dass diese ein Mädchen im gleichen Alter hat. Alles läuft nach Plan: Mit Kristi, dem Nachbarsmädchen, freundet sie sich schon bald an, doch Catherine ist es etwas peinlich, dass ihr Bruder autistisch ist, und so versucht sie Kristi von David fernzuhalten.

David muss regelmäßig eine ergotherapeutsche Behandlung in der Klinik in Anspruch nehmen – meist kommt Catherine mit. Dort lernt sie Jason besser kennen, einen Jungen, der im Rollstuhl sitzt und nicht sprechen kann. Jason verständigt sich mit anderen durch so genannte Kommunikationskärtchen. Catherine freut sich jedes Mal, Jason zu sehen, zugleich ist ihr Jason als Freund auch etwas peinlich, und so verschweigt sie Kristi gegenüber, dass Jason behindert ist. Doch das kann nicht auf Dauer gut gehen …

Bewertung:

So ganz nachvollziehbar sind mir die hohen Weihen für dieses Buch – das gleich vorweg – nicht. Cynthia Lord hat ein Kinderbuch geschrieben (Übersetzung: Cornelia Krutz-Arnold), das solide geschrieben ist, eine besondere Idee hat, aber ansonsten für meinen Geschmack etwas zu sehr nach dem aktuell favorisierten Strickmuster für Kinderbücher verfasst ist. Wie dieses Strickmuster aussieht? Ganz einfach: Man nehme ein politisch korrektes Thema (in diesem Fall: Behinderung) und lasse das Buch so enden, dass man dieses geläutert und ein wenig rührselig aus der Hand legt. Hinzu muss eine Idee kommen, die das Buch zu etwa Besonderem macht: In „Ein Apfel ist ein komischer Pfirsich“ sind das die Regeln, mit denen David von seiner Familie auf das gesellschaftliche Leben vorbereitet wird und die sich durch das Buch ziehen. Zum Schluss braucht man noch eine Portion Witz sowie Ernst, beides in ausgewogenem Verhältnis – fertig! Genau so kommt Cynthia Lords Buch leider auch daher …

Ich weiß, dass das eine etwas polemische und zynische Sichtweise ist. Aber ich habe in den letzten Jahren einfach zu viele Kinderbücher gelesen, die genau so funktioniert haben – und einige davon waren interessanter, waren spannender und innovativer als „Ein Apfel ist ein komischer Pfirsich“. Letztendlich ist die Geschichte um Catherine, David und Jason etwas fad – vieles davon ist mir zu konventionell: dass Catherine sich für die Behinderung von David und Jason schämt, dass David von einem Nachbarsjungen gehänselt wird, dass Catherine sich mit Kristi nicht immer nur wohl fühlt, weil diese ein eher äußerlich orientiertes Mädchen ist, etc.

Hat man das nicht alles irgendwo schon einmal gelesen? Ja, irgendwie schon … Und auch sprachlich gibt es durchaus Bücher, die witziger und bildreicher, weniger betulich geschrieben sind.

Fazit:

2 von 5 Punkten. Ich fand das Buch – entschuldigt, wenn ich das so deutlich schreibe – eher langweilig und musste mich zum Weiterlesen zwingen. Wer nicht wie ich schon viele solcher Kinderbücher gelesen hat, dem mag „Ein Apfel ist ein komischer Pfirsich“ vielleicht etwas Besonderes scheinen, der mag das Buch auch mit einer gewissen Begeisterung lesen. Aber mir ist die Botschaft des Buches zu plakativ, auf mich wirkt der Kinderroman zu konstruiert, als dass er mich begeistern konnte.

Selbst auf der sprachlicher Ebene ist Cynthia Lords Kinderbuch nicht unbedingt innovativ, und inhaltlich bietet das Buch – außer den überdeutlich präsentierten Hintergrundinformationen über Autismus und Behinderung – nichts wirklich Aufsehenerregendes.

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(Ulf Cronenberg, 29.01.2009)

Kommentare (0)

  1. Hildegard Karliczek

    Vielen Dank für den „zynischen“ Kommentar! Bei der Lektüre des Buches hatte ich ein etwas unbehagliches Gefühl, und Ihre Rezension hat mir geholfen, dieses Gefühl genauer zu fassen.

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    1. Ulf Cronenberg

      Danke für die Rückmeldung – die Lektorin des Buches war davon nicht so angetan … 🙂

      Antworten

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