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Buchbesprechung: Suzanne Collins „Die Tribute von Panem. Gefährliche Liebe“

Cover CollinsLesealter 13+(Oetinger-Verlag 2010, 431 Seiten)

Der zweite Band von „Tribute von Panem“, der den Titel „Gefährliche Liebe“ trägt, ist ja schon vor einigen Wochen erschienen. Leider hat mein Sohn das Buch für einige Zeit „entführt“, und erst jetzt habe ich es wieder bekommen. Na ja, Jugendbücher sollen ja Jugendliche zum Lesen locken – von daher ist es ja gut, wenn „Tribute von Panem“ das vermag …

Band 1 „Tödliche Spiele“, der auch mir gut gefallen hat, wurde übrigens von der Jugendjury für den Deutschen Jugendliteraturpreis 2010 nominiert. Sicher viele Leser haben sehnsüchtig auf die Fortsetzung gewartet.

Inhalt:

Es ist noch nicht so lange her, dass Peeta und Katniss die letzten Hungerspiele, bei denen sonst nur einer siegen konnte, zu zweit gewonnen haben. Durch ihre tragische Liebe haben sie die Spielleitung dazu gebracht, beide zu Siegern zu erklären – alles andere hätte das Publikum enttäuscht. Doch mit diesem Doppelsieg haben Katniss und Peeta sich nicht nur Freunde, sondern auch Feinde gemacht.

Nach den Hungerspielen sind die beiden erst durch die 12 Distrikte von Panem, wo sie überall mit Begeisterung empfangen wurden, gereist. Doch zugleich haben sie auch gemerkt, dass einiges an der Begeisterung inszeniert war und dass die Menschen in den meisten Distrikten in Armut und Unterdrückung leben. Wieder zu Hause sind Peeta und Katniss mit ihren Familien in neue Unterkünfte umgezogen und waren durch den Gewinn der Hungerspiele auch alle Geldsorgen los.

Doch friedliche Zeiten sind dennoch nicht in Sicht. Die Menschen in Peetas und Katniss‘ Heimatdistrikt leben weiterhin in Armut und haben Hunger – da hilft es auch nicht, dass die beiden großzügig mit ihrem Gewinn umgehen. Die Situation spitzt sich zu, als in Distrikt 12, in dem Peeta und Katniss leben, ein neuer oberster Friedenswächter ins Amt kommt, der andere Saiten aufzieht. Als er Gale, den Jungen, in den Katniss verliebt ist, festnimmt und öffentlich auspeitschen lässt, mischt Katniss sich ein, um Gale zu retten. Das gelingt ihr zwar – aber sie bringt sich selbst und ihre Angehörigen dadurch in Gefahr.

Das Ganze schaukelt sich weiter hoch, weil das Kapitol, der Regierungssitz von Panem, und die Machthaber dort Katniss und Peeta als Gefahr einschätzen. Die Regierung befürchtet, dass die beiden die Massen aufwiegeln könnten und ein Umsturz bevorsteht. Wohl um das zu verhindern, beschließt das Kapitol etwas noch nie Dagewesenes: Zum 75-jährigen Jubiläum der Hungerspiele soll ein Großteil aller noch lebenden bisherigen Sieger erneut in die Arena steigen und um das eigene Leben kämpfen …

Bewertung:

Es dauert nicht allzu lange, da hat einen auch der zweite Teil der Geschichte um Katniss und Peeta gefangen genommen. Man kennt die Figuren, man weiß um das Szenario – kurz: Alles kommt einem vertraut vor. Wem Band 1 der „Tribute von Panem“ gefallen hat, der kommt nicht umhin, auch Band 2 zu lesen. Und um es vorwegzunehmen: Man wird als Leser nicht enttäuscht.

„Gefährliche Liebe“ (Übersetzung: Sylke Hachmeister und Peter Klöss) bietet genau das, was man erwartet: Es dauert ein bisschen, bis das Buch Fahrt aufnimmt, doch dann wird es zunehmend spannend, und man kann mit dem Lesen nicht mehr aufhören. Ich hatte mich vorher gefragt, wie der zweite Band von Suzanne Collins‘ Trilogie ohne die Hungerspiele ähnlich viel Spannung bieten soll – aber durch das Wiederaufleben der Hungerspiele ist diese Klippe geschickt umschifft. Im Vergleich zu Band 1 hatte ich bei „Gefährliche Liebe“ weniger das Gefühl, hier auch einen Zukunftsroman vor mir zu haben – eher ein Fantasy-Buch. Doch Lesegenuss verbreitet das Buch trotzdem.

Letztendlich bietet der Jugendroman – das gilt auch für Band 2 – vieles, was junge Leser anspricht. Mit Peeta und Katniss, aber am Rande auch mit Gale hat die Trilogie interessante Identifikationsfiguren, mit denen man mitfiebert. Während Katniss gerade durch das Hin- und Hergerissensein zwischen Gale und Peeta eine vielschichtige Figur ist, kommt Peeta anfangs eher harmlos daher, entfaltet jedoch im weiteren Verlauf des Buches immer stärker seinen Charakter.

Ansonsten gönnt „Gefährliche Liebe“ dem Leser das, was man von einem guten Fantasy-Buch erwartet: neben Spannung eine gut erzählte Story, die in Band 2 einigermaßen abgerundet ist, nicht ohne jedoch den Leser auch neugierig auf Band 3 zurückzulassen. Doch darauf müssen wir wohl noch etwas warten. Auf Englisch erscheint Band 3 Ende August dieses Jahres, und bisher ist nicht bekannt, wann der letzte Band auf Deutsch erscheinen wird. Ich rechne mit Frühjahr 2011.

Fazit:

5 von 5 Punkten. Meiner Meinung nach sticht „Tribute von Panem“ – das gilt auch für Band 2 – aus dem überwüchsigen Fantasy-Markt hervor. Das hat unterschiedliche Gründe: Zum einen findet Suzanne Collins in ihren Büchern die richtige Mischung aus Spannung und gewalthaltigen Szenen, was man nicht von allen Fantasy-Büchern behaupten kann. Band 2 ist – so kam es mir in der Erinnerung vor – leicht weniger gewalthaltig als „Tödliche Spiele“, und die Gewalt ist auch nie Selbstzweck, sondern beschreibt die gesellschaftliche Situation in Panem. Jedenfalls kann man das Buch, würde ich sagen, bedenkenlos 13-Jährigen in die Hand legen.

Zum anderen hat Suzanne Collins‘ Trilogie auch gewisse Bezüge zur Gegenwart, indem ein staatliches Unterdrückungssystem sowie ein geschickter Medienhype zur Steuerung der Massen thematisiert werden. Das ist keine übermäßig deutliche Gesellschaftskritik, die hier einfließt – aber es ist zumindest ein Hauch davon, wie er sonst oft eher eskapistisch (die Worterklärung steht unten) veranlagten Fantasy-Büchern meist fehlt.

Wie dem auch sei: Ich habe auch Band 2 der Panem-Trilogie nicht nur gerne gelesen, sondern regelrecht verschlungen. Und das ist bei Fantasy-Büchern für mich nicht unbedingt selbstverständlich …

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(Ulf Cronenberg, 12.07.2010)

Eskapistisch heißt übrigens so viel wie „vor der Wirklichkeit und den realen Anforderungen des Lebens in eine imaginäŠre, erfundene Scheinwelt flüŸchtend“.

Kommentare (0)

  1. Ulrich Hoferichter

    Lieber Ulf,

    ich war vielleicht einer der ersten Leser, der eine Reaktion auf deine Website gegeben hat. Das ist nunmehr schon einige Jahre her. Ich finde sie immer noch hervorragend!!! Mich beeindrucken die gelungenen Kommentare – sowohl inhaltlich als auch sprachlich-stilitisch.
    Ich bin selber auch Kollege am Gymnasium Syke in Niedersachsen (seit nunmehr 31 Jahren) und leite dieses Jahr meinen 18. Leistungskurs im Fach Deutsch sowie ein Seminarfach mit dem Thema „Kinder- und Jugendbuchliteratur“. Gerne würde ich mit meinen Schülerinnen und Schülern auf der Homepage unserer Schule eine ähnliche Seite veröffentlichen wie deine Literaturtipps. Mal sehen, was sich im kommenden Schuljahr machen lässt.

    Mit freundlichen Grüßen
    Ulrich Hoferichter

    PS: Ich würde mich über eine Reaktion sehr freuen – auch Anregungen und Hilfen sind sehr willkommen.
    PPS: Deine Seite ist selbstverstädlich Pflichtlektüre für meine Kursteilnehmer(innnen).

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    1. Ulf Cronenberg

      Hallo Ulrich,
      ich erinnere mich, dass du vor langer Zeit schon mal mit mir Kontakt aufgenommen hattest. Was du über das Seminarfach schreibst, finde ich interessant. Eine gute Idee.
      Was die Umsetzung einer ähnlichen Webseite mit den Schülern angeht: Man braucht jemanden, der sich mit Webseiten auskennt. WordPress bietet jedenfalls gute Möglichkeiten, da schnell und einigermaßen komfortabel ein Blog aufzubauen.
      Ein Schüler von mir hat übrigens etwas Ähnliches im letzten Jahr aufgezogen: Buchbesprechungen von Schülern für Schüler. Leider finde ich die Internetseite nicht über Google. Das wäre z. B. eine Orientierung für ein ähnliches Vorhaben. Ich frage den Schüler noch mal und reiche die Internetadresse ggf. nach.
      Viele Grüße, Ulf

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      1. Ulf Cronenberg

        Das ist übrigens die Webseite des Schülers: http://literaturtipps.bplaced.net/.

        Antworten
  2. Deborah

    Eine sehr gute Rezension über „Die Tribute von Panem – Teil 2“. Ich höre das Buch zurzeit ein zweites Mal und kann alles bestätigen, was Sie sagen.
    Es stimmt, dass die Handlung nicht ganz so schnell verläuft wie im ersten Band, aber ich finde die vielen Informationen über Panem, die anderen Destrikte, die Geschichte etc. brauchen auch Raum im Buch. Im zweiten Teil baut die Autorin ihre Welt weiter aus. Ein wenig haben mich die zweiten Spiele gestört, aber sie werden wohl ihren Sinn haben. Ich freue mich sehr auf den 24. August. Allen, die nicht auf die deutsche Übersetzung warten wollen, sondern sofort wissen müssen, wie alles endet, kann ich das englische Original ans Herz legen. Das Englisch ist nicht schwer und ähnlich wie damals bei Harry Potter oder bei den Bis(s)-Büchern ist es ein toller Anlass, mit einem heißersehnten Buch wie dem dritten Band von „Mockingjay“ sein Englisch aufzubessern.

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  3. Lisa (15)

    Ich finde den 2. Band etwas überflüssig, man hätte so ein schönes Ende nach dem ersten Band machen können: Vielleicht noch 100 Seiten mehr, in denen Katniss das Problem mit Peeta und Gale löst hätten gereicht.
    Allerdings liebe ich die Beschreibungen der anderen Distrikte und hätte mich da über noch mehr Informationen gefreut.

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    1. Ulf Cronenberg

      Wer übrigens ein bisschen was über Band 3 und die Autorin erfahren will (der inzwischen unter dem Titel „Mockingjay“ auf Englisch erschienen ist), dem sei der folgende Artikel in der ZEIT empfohlen:
      http://www.zeit.de/kultur/literatur/2010-09/suzanne-collins?page=all

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  4. Pingback: Jugendbuchtipps.de» Blogarchiv » Buchbesprechung: Suzanne Collins „Die Tribute von Panem. Flammender Zorn“

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