Jugendbuchtipps.de

Buchbesprechung: Frank Cottrell Boyce “Galaktisch”

Cover BoyceLesealter 10+(Carlsen-Verlag 2009, 301 Seiten)

„Galaktisch“ ist das dritte Kinderbuch des Engländers Frank Cottrell Boyce, der ziemlich skurrile Geschichte schreibt. „Millionen“ hat mir, obwohl es im Jahr 2004 den Luchs des Jahres von Radio Bremen und DIE ZEIT verliehen bekommen hat, nicht so gut gefallen, während „Meisterwerk“ ein lustiges und geniales Buch ist, das ich schon einigen Kindern und Jugendlichen, die davon nicht enttäuscht wurden, empfohlen habe. Und eine ungewöhnliche Geschichte – das darf schon vorweggenommen werden – ist auch Frank Cottrell Boyce‘ neues Buch.

Inhalt:

Liam ist für seine zwölf Jahre viel zu groß, und seit er auch einzelne Barthaare hat, wird er von vielen so behandelt, als wäre er erwachsen. Für ihn ist das nur zum Teil angenehm – allerdings nützt er es auch immer wieder gezielt aus, um für Kinder Verbotenes machen zu dürfen.

Zu Beginn des Buches befindet sich Liam mit einer Rakete im Weltraum und erzählt die Geschichte, wie es dazu gekommen ist, in sein Handy. Mit an Bord sind vier weitere Kinder, die jedoch gerade in ihren Schlafsäcken liegen und pennen – und das, obwohl die Fünf nicht wissen, ob sie mit ihrer Rakete jemals wieder zurück auf die Erde kommen werden.

Wie Liam ins Weltall gekommen ist, hat eine lange und komplizierte Vorgeschichte, und sie beginnt damit, dass der Junge bei einem Handy-Gewinnspiel eine Reise in einen neu zu eröffnenden Freizeitpark in China, wie es ihn noch nie gegeben haben soll, gewonnen hat. Doch anstatt seinen Vater einzuweihen – dieser hatte ihm die Teilnahme an dem Gewinnspiel verboten –, nimmt er die gleichaltrige Florida, eine Schulfreundin, mit und spielt ihren Vater. Einer der Vorteile, wenn man so groß gewachsen ist und für erwachsen gehalten wird …

In China angekommen (Floridas und Liams Eltern meinen, ihre Kinder befänden sich auf einem Schulausflug) werden sie in die großen Pläne der reichen Mrs Drax eingeweiht, die den Freizeitpark bauen lässt: Florida und drei weitere Kinder, die bei dem Wettbewerb gewonnen haben, sollen mit einer Rakete in den Weltraum geschickt werden. Zu dumm, dass Liam als angeblich Erwachsener nicht mitkommen darf. Doch am Ende gelingt es ihm doch noch, in den Weltraum mitreisen zu dürfen …

Bewertung:

Die Inhaltsangabe macht bereits klar, dass auch Frank Cottrell Boyce‘ drittes Buch kein normales Kinderbuch ist, sondern wieder eine ziemlich ungewöhnliche, ja, man möchte sagen, verrückte Geschichte erzählt, wie man sie nicht täglich liest. Dass ein 12-Jähriger wegen seiner großen Statur und wegen ein paar Barthaaren als Erwachsener durchgeht, ist ja nur einer der außergewöhnlichen Einfälle in der Geschichte. Denn so geht es im Großen und Ganzen auch weiter: dass vier Kinder sich mit einer Rakete im Orbit befinden und nicht wissen, ob sie wieder auf die Erde zurückkommen werden u. v. m.

„Galaktisch“ wird das gesamte Buch hindurch mit einem großen Augenzwinkern erzählt, und es ist wohltuend, dass hier immer wieder die Erwachsenen auf die Schippe genommen werden. Wenn z. B. die Väter der anderen drei Kinder beschrieben werden – alles Väter, die ihre Kinder für geniale Genies halten –, muss man einfach immer wieder beim Lesen schmunzeln.

Das ganze Buch versprüht jedenfalls Heiterkeit und eine Unbeschwertheit, die „Galaktisch“ zu einer witzigen Lektüre werden lassen. Die Erwachsenen sind eigentlich alle selbst noch Kinder, während ironischerweise der 12-jährige Liam für einen Erwachsenen gehalten wird. Eine verkehrte Welt. Und auch wenn es vielleicht anders klingt: Letztendlich werden alle Figuren in dem Buch sympathisch und liebevoll beschrieben, obwohl oder weil sie Schwächen haben.

Manchmal – das ist vielleicht der einzig kleine Kritikpunkt an dem Buch – übertreibt es Frank Cottrell Boyce ein bisschen zu sehr mit den Klischees: Florida will „Prinzessin“ von ihrem vermeintlichem Vater genannt werden und geht gerne shoppen, Kinder machen alles für Eiscreme, und die Väter nerven manchen Leser ein klein wenig, wenn sie ständig ihre Jungen zu Höchstleistungen antreiben. Das ist eine Gratwanderung, die gerade noch gut geht – letztendlich, weil Liam nicht so wirklich in eines dieser Klischeemuster hineinpasst und bei Florida am Ende alles doch ganz anders ist als gedacht. Aber vielleicht hätte es manchmal ein bisschen weniger davon auch getan.

Fazit:

4-einhalb von 5 Punkten. Auch wenn „Galaktisch“ meiner Meinung nach nicht an „Meisterwerk“ herankommt, das einfach noch witziger und zugleich tiefsinniger ist – ein tolles Kinderbuch für Leser ab 10 Jahren ist Frank Cottrell Boyce‘ neuestes Werk trotzdem. Liams Weltraumabenteuer ist ein sympathisches Kinderbuch, das von seiner Grundidee her etwas Außergewöhnliches ist, außerdem liebevoll die Kinder-Erwachsenen-Welt umkehrt.

Damit dürfte „Galaktisch“ sogar erwachsenen Lesern gefallen – ich kann mir die Geschichte auch sehr gut als Vorlesebuch vorstellen. Und Frank Cottrell Boyce ist jedenfalls seinem Ruf, humorvolle und unvorhersehbare Kinderbücher zu schreiben, einmal mehr gerecht geworden …

blau.giflila.gifrot.gifgelb.gifgruen_halb.gif

(Ulf Cronenberg, 19.05.2009)

Kommentare (0)

  1. Friede Leescher

    Ich habe schon viele Bücher in meinem Leben gelesen, doch dieses ist für mich mit Abstand das Beste von allen. Denn seit ich es im Jahr 2009 gelesen habe, verschlinge ich dieses Buch bereits zum 4. Mal, obwohl ich Bücher seltenst (!) öfter lese.
    Da ich „Meisterwerk“ und „Millionen“ auch gelesen habe, glaube ich, dass für Kinder und Jugendliche „Galaktisch“ noch besser ist, da es näher an ihrer Art von Realität ist und einfach unglaublich witzig ist, was Kindern oft wichtig ist.
    Meine Mutter war von „Meisterwerk“ allerdings auch viel begeisterter. Für Kinder, die das Thema Kunst nicht so spannend finden, öffnet dieses Buch allerdings keine neue Welt, während der Weltraum jeden Menschen betrifft.
    Insgesamt finde ich, dass das Buch „Galaktisch“ für Kinder und Jugendliche geeigneter ist, als „Meisterwerk“, welches für Erwachsene dennoch sehr interessant und lustig ist.
    Ich finde jeder Mensch sollte „Galaktisch“ schon einmal gelesen haben. Nur zu empfehlen!

    Antworten

Schreibe einen Kommentar zu Friede Leescher Antworten abbrechen

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert