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Kurzrezension: Christine Fehér "Vincent, 17, Vater"

Cover FehérLesealter 14+(Sauerländer-Verlag 2008, 176 Seiten)

Das Thema, in jugendlichen Jahren Vater zu werden, ist eines, das nicht allzu oft in der Jugendliteratur vorkommt – zumindest kenne ich kein Buch darüber. Christine Fehér, die viele Jahre in einer kinder- und jugendpsychiatrischen Klinik unterrichtet hat und derzeit an einer Grundschule arbeitet, hat sich dieses Themas angenommen und mit „Vincent, 17, Vater“ ein Buch darüber geschrieben. Kein einfaches, aber ein spannendes und wichtiges Thema.

Vincent geht in die 11. Klasse eines Gymnasiums und hat mit seiner Freundin Carolin eine schwere Zeit hinter sich, denn Carolin war schwanger von ihm, hat sich aber entschieden, das Kind abzutreiben. Seitdem läuft die Beziehung zwischen den beiden nicht mehr allzu gut – Carolin ist Vincent gegenüber sehr distanziert, worunter Vincent leidet. Als Vincent in dieser Zeit Nina, mit der er früher schon einmal eine Beziehung hatte, über den Weg läuft, verliebt er sich wieder in diese. Und dann beginnt der Alptraum von Neuem: Nina ist schwanger von Vincent und im Gegensatz zu Carolin beschließt sie, das Kind zu behalten.

Vincent ist geschockt, fühlt sich überhaupt nicht reif dafür: weder für die Vaterrolle, die auf ihn wartet, noch dafür, eine feste Beziehung mit Nina – noch dazu mit einem Kind – zu führen. Und seine Eltern – das kommt noch dazu – lassen Vincent eher hängen, als dass sie ihn in dieser schwierigen Situation unterstützen.

Das alles klingt nach einer recht realitätsnahen Geschichte – und anfangs konnte ich dem Buch auch noch einiges abgewinnen: Dieses Hin und Her für Vincent – zwischen Carolin und Nina einerseits, zwischen dem Akzeptieren und Verleugnen der Vaterrolle andererseits – wird zunächst gut beschrieben. Doch dann bleibt das Buch irgendwie stecken und wird zu pädagogisch.

An einigen Stellen hatte ich das Gefühl, dass Christine Fehér viel zu viele Informationen über Schwangerschaft und junge Elternschaft vermitteln möchte. Genau wird geschildert, wie Geburtsvorbereitungskurse aussehen, wie der Kinderarzt Nina untersucht und wie Vincent und Nina kompetent und verständnisvoll von ihm beraten werden – und schließlich folgt dann eine genaue Beschreibung der Geburt. Immer wieder hatte ich den Eindruck, das ist kein Roman mehr, sondern fast schon ein Sachbuch, das eine ganz klare pädagogische Absicht verfolgt. Es wirkt einfach zu gekünstelt, wie diese Sachinformationen in das Buch eingebaut wurden.

Ja, und dann bekommt Nina ihr Kind – und auch hier bleibt der Jugendroman einfach vordergründig. Es wird zwar geschildert, was in Vincent alles passiert, als er das Baby das erste Mal in den Händen hält, wie die Beziehung mit Nina so einige Klippen zu umschiffen hat. Aber das bleibt alles so brav und geht nicht wirklich in die Tiefe. Die Gefühle von Vincent werden viel zu oberflächlich gestreift.

Dieser Eindruck entsteht auch durch den Schreibstil des Buches – er ist mir zu sachlich und zu wenig literarisch. Es fehlen zum Beispiel sprachliche Bilder, die die Gefühle der Personen für den Leser nachvollziehbar, die das Lesen zu einem Erlebnis machen.

Fazit:

2 von 5 Punkten. Christine Fehér hat in ihrem Jugendbuch ein wichtiges Thema aufgegriffen, aber ihr fehlt der Mut, sich wirklich in die Geschichte und in die Gefühle der Personen hineinzubegeben. Das Buch bleibt einfach auf halber Strecke stecken, packt den Leser über weite Strecken nicht wirklich, ist viel zu pädagogisch angelegt, um ein guter Jugendroman zu sein.

Schade, man hätte aus diesem Thema einfach deutlich mehr machen können und müssen.

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(Ulf Cronenberg, 10.07.2008)

Kommentare (0)

  1. Hanjo Iwanowitsch

    Kennst Du Nick Hornbys »Slam«? Da hättest Du ein zweites (und zwar gutes) Beispiel der Behandlung dieses Themas.

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  3. Franzi

    Bin gerade dabei, das Buch zu lesen. Habe gedacht, es wäre echt klasse, aber na ja … Allein schon die Tatsache, dass am Anfang gleich alle von Ninas Schwangerschaft wussten, ohne dass sie was erwähnt hat, find ich nicht so toll. Alles kommt ganz prompt und plötzlich. In der einen Zeile fahren sie noch mit dem Fahrrad irgendwohin, in der anderen haben sie schon ein Kondom in der Hand. Na ja … Gibt sicherlich bessere Bücher, aber ich werde es mal zu Ende lesen, vielleicht wird’s noch ein wenig besser … 🙂

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  4. lisa

    Ich finde das Buch total toll, denn ich hab’s schon gelesen – es ist urgut, am Anfang war es sehr langweilig, aber dann wurde es immer besser!!! Also von mir bekommt das Buch die volle Punktzahl.

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  6. Milena

    Also, wir haben das Buch als Lektüre bekommen und darum habe ich es gelesen … Anfangs fand ich es auch total öde, aber da ich ungern Bücher nicht ausgelesen liegen lasse, habe ich es mal zu Ende gelesen. Und ganz ehrlich – es war nichts!
    Ich lese viel, und alleine irgendwie die Schreibart hat mich nicht so sehr angesprochen, und die Thematik ist zwar toll, aber ich finde da wurde nicht wirklich was draus gemacht. Ich meine, man hätte das auch aus mehreren Perspektiven schreiben können. Und ich finde, man kann sich nicht wirklich so reinfühlen durch die Art, wie die Autorin schreibt – sondern wenn überhaupt muss man sich selbst noch einmal mit der Thematik auseinandersetzen, um etwas davon zu haben.

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  7. Christian Meyn-Schwarze

    Hallo,
    ich habe deine Besprechung zu „Vincent, 17, Vater“ gelesen.
    Jetzt gibt es einen hervorragenden Roman über einen 17-jährigen Vater, den ich Dir empfehle: „Boys don´t cry“ von Malorie Blackman.
    Viele Grüße von Christian

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  8. vanessa

    Also, wir haben das Buch in der Schule zum Lesen bekommen, und ich finde es nicht so spannend und auch nicht so interessant. Man kann sich auch gar nicht so in Vincent reinfühlen. Aber die Idee finde ich gut, denn sonst denkt man immer nur in die Richtung des Mädchens …

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