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Kurzrezension: Suzanne Crowley "Meine geordnete Welt oder Der Tag, an dem alles auf den Kopf gestellt wurde"

Cover CrowleyLesealter 12+(cbj-Verlag 2008, 268 Seiten)

„Meine geordnete Welt“ (den langen Untertitel spare ich mir an dieser Stelle) ist Suzanne Crowleys Erstlingswerk. Die Autorin lebt in Texas – und dort spielt auch ihr Buch -, und so wie auf dem Buchcover stellt man sich Texas ja auch vor: karge, vertrocknete Landschaften, hier und da ein Kaktus, lange Straßen von hier nach dort und einige bunte Straßenschilder zwischendrin.

Das Buch handelt von einem Tag, an dem alles (was immer das ist) auf den Kopf gestellt wurde. Das klingt doch schon mal spannend… Was das wohl sein könnte?

Merilee wohnt mit ihrer Familie in Jumbo, einem Kaff in Texas, in dem jeder jeden kennt. Das 13-jährige Mädchen verhält sich oft etwas ungewöhnlich und eckt damit bei Gleichaltrigen, die sie immer wieder hänseln, an: So verfolgt Marilee jeden Tag einen geordneten Tagesablauf (sie nennt das „SGD“ – Sehr Geregeltes Dasein) – sie sammelt z.B. jeden Tag zur gleichen Uhrzeit mit ihrem Fahrrad den Müll an bestimmten Stellen in Jumbo auf.

Dann tritt eines Tages Biswick, ein ebenfalls etwas sonderlicher Junge, in ihr Leben – und auch wenn Merilee zunächst von dem Jungen, der den Kontakt zu ihr sucht, nichts wissen will, so freunden sich die beiden schließlich doch noch an. Dabei bringt Biswick Marilees geregeltes Leben immer wieder etwas durcheinander – u.a. auch deswegen, weil Biswicks Vater, der politischer Dichter ist, so seine Probleme hat und sich nicht richtig um seinen Sohn kümmert.

„Meine geordnete Welt“ ist kein Buch, in das man schnell hineinfindet – nein, man braucht etwas Zeit, um mit der Geschichte warm zu werden. Das liegt u.a. daran, dass einem nach 30 bis 40 Seiten ein wenig der Kopf schwirrt vor lauter Namen, die von Merilee als Erzählerin erwähnt werden. Man hat das Gefühl, man kennt am Ende jede einzelne Person, die in Jumbo lebt. Für meinen Geschmack hat Suzanne Crowley es hier mit ihrer Erzähllust etwas zu weit getrieben. Bis man an die Stellen kommt, die dieses Buch ausmachen, benötigt man also etwas Durchhaltevermögen.

Erst ab knapp der Mitte zeigt das Buch, dass es seine Geschichte einfühlsam und sensibel erzählt: die Geschichte eines Mädchens, das leicht autistisch ist, sich schwer tut, ungewohnte Wege zu gehen und mit anderen Kontakt aufzunehmen. Und ebenso die Geschichte eines Jungen (Biswick), der auch nicht ganz normal ist und überall mit seinem seltsamen Verhalten auffällt.

Das Kapital des Buches – das ist ganz klar – sind dessen ungewöhnliche Figuren. Nicht nur Merilee und Biswick sind hier zu nennen, sondern auch (um nur zwei Beispiele zu nennen) Merilees Großmutter Birdy, die zu allen immer nur ruppig ist, oder Merilees Onkel Dal, der seit Jahren an einer monströsen Steinplastik herumhämmert. Alle Personen haben ihre Geheimnisse in der Vergangenheit, die niemand kennt und von denen manche im Laufe des Buches aufgedeckt werden. Dahinter verbergen sich – mehr wird aber nicht verraten – meist traurige Geschichten.

Dennoch: Auch wenn das Buch in der zweiten Hälfte deutlich besser geworden ist, so richtig überzeugt hat mich Suzanne Crowleys Buch trotzdem nicht. Ich verstehe zum Beispiel nicht, welcher Tag – wie es im Untertitel heißt – alles auf den Kopf stellt. Ist es der Tag, als Biswick in Merilees Leben tritt? Wahrscheinlich… Der Untertitel an sich ist zwar kreativ und gefällt mir ausgesprochen gut – aber er verspricht etwas mehr, als er am Ende hält.

Fazit:

3-einhalb von 5 Punkten. Suzanne Crowley erzählt alles in allem einfühlsam die Geschichte eines leicht autistischen Mädchens – aber mir ist der Roman (vor allem zu Beginn) etwas zu geschwätzig. Das mag die Stimmung in einem texanischen Dorf (wo jeder über jeden Bescheid weiß) gut beschreiben – aber der Geschichte schadet das leider. Ein bisschen mehr Konzentration auf das Wesentliche hätte diesem Buch gut getan, denn gute Ansätze (die Beschreibung der Figuren, die Schreibweise) sind durchaus erkennbar. Schade, dass aus diesem Buch nicht mehr gemacht wurde.

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(Ulf Cronenberg, 14.07.2008)

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