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Buchbesprechung: Patrick Cave "Das Saint-Netzwerk"

Cover SaveLesealter 15+(cbj-Verlag 2005, 507 Seiten)

Das zweite Science-fiction-Buch in zwei Wochen… Und auf die Hauptperson Mara in Julie Bertagnas Roman „New Mundo“, das ich davor gelesen habe, folgt nun Mira als Hauptperson in Patrick Caves „Das Saint-Netzwerk“. Doch nicht nur in diesem Punkt haben die Bücher gemeinsame Wurzeln – auch in Patrick Caves Werk spielen die Klimaveränderungen eine wichtige Rolle und verändern das Leben auf der Welt – der britische Autor erläutert das kurz in seinem Nachwort. Aber sehr viel mehr Gemeinsamkeiten gibt es dann zwischen den Büchern doch nicht. Wer beide Buchbesprechungen miteinandern vergleicht, wird das schnell bemerken…

Inhalt:

Schottland ist etwa drei Jahrhunderte später als heute ein recht unwirtliches Land geworden, das fast das ganze Jahr von Schnee und Eis bedeckt ist. Mira lebt dort in einem kleinen Dorf, das nur 24 Einwohner zählt, bei ihren Pflegeeltern, die genauso wenig über ihre Herkunft wissen wie Mira selbst. Das Dorf lebt hauptsächlich davon, dass die Arbeiter einige Energie-Generatoren betreuen und warten – ansonsten ist das Dorf fast vollständig von der Umwelt abgeschnitten.
Doch die Ruhe wird eines Tages gestört, als Mira auf einem ihrer Spaziergänge bemerkt, dass eine Frau auf sie zugerannt kommt. Im gleichen Augenblick sieht sie Männer in grauen Anzügen, die diese Frau verfolgen. Mira wird Zeugin, wie diese Frau von den Männern hinterrücks ermordet wird – sie weiß gar nicht, was geschieht. Gil, ein junger Mann, der sich im Dorf ein wenig um Mira kümmert, hat die Szene ebenso beobachtet und bringt Mira schließlich in Sicherheit. Seltsamerweise hat er vorher noch kurz mit den grauen Männern ein paar Worte gewechselt.
Mira lässt die Szene mit dem Mord der Frau nicht in Ruhe. Sie geht noch einmal an den Ort des Mordes und entdeckt dort einen kleinen zusammengeknüllten Zettel, auf dem ingesamt acht Namen in zwei Spalten stehen – darunter auch ihr eigener. Jedem Namen in der ersten Spalte ist ein zweiter Name zugeordnet – bei Mira steht dort Gils Name. Über den Namen der zweiten Reihe ist außerdem das Wort „Wächter“ zu lesen. Mira versteht nicht, was es mit dem Zettel auf sich hat. Ist Gil ihr Wächter? Und was hat das zu bedeuten? Am liebsten würde sie Gil darauf ansprechen, doch irgendein seltsamer Verdacht hält sie davon ab.
Als sich in dem Dorf jedoch weitere seltsame Dinge zutragen – unter anderem verschwindet ein Mann, der die grauen Männer beobachtet hat -, konfrontiert Mira Gil schließlich doch mit ihren Fragen. Doch Gil weicht aus und Mira beschließt zu handeln… Dass sie kurz darauf das verborgene Dorf verlassen muss, weil sie einen Menschen getötet hat, und auf der Flucht ist, hätte sie selbst nie erwartet…

Bewertung:

„Das Saint-Netzwerk“ ist kein typisches Jugendbuch… So, wie sich die Geschichte entwickelt, entspricht das Buch eher einem Science-fiction-Thriller, wie man ihn von SF-Filmen aus dem Kino oder Fernsehen kennt, als einem normalen Jugendroman. Die eher harmlos beginnende Story wird zunehmend verwickelter und komplexer. Wird am Anfang z.B. zunächst alles aus der Sicht von Mira erzählt, so werden später weitere Perspektiven von anderen Personen hinzugefügt. Auch Mira, die Hauptperson, erweist sich als etwas ganz anderes als das brave behütete Mädchen, das sie am Anfang noch zu sein scheint. Bei vielen anderen Personen in dem Buch ist Ähnliches zu beobachten.
Insgesamt ist Patrick Cave mit seinem ersten ins Deutsche übersetzte Buch ein sehr spannender Science-fiction-Roman gelungen, der immer wieder für Überraschungen gut ist. Das große Geheimnis von Miras Herkunft, um das es unter anderem geht, wird lange auch dem Leser gegenüber nur geheimnisvoll angedeutet, die wirklichen Umstände erfährt man erst nach etwa 400 Seiten.
Eigentlich gibt es nur eine Kleinigkeit, die ich an „Das Saint-Netzwerk“ zu bemängeln habe: Es gelingt dem Autor nicht so richtig, das Aussehen der Welt in dreihundert Jahren zu veranschaulichen. An vielen Stellen bekam ich einfach kein Bild vor Augen, wie bestimmte Straßenzüge oder Gebäude aussehen könnten – so z.B. am Ende des Buches, wo eine eigenwillige Brückenkonstruktion beschrieben wird, die Frankreich und Britannien miteinander verbindet. Und das ging mir an vielen Stellen in dem Buch so.

Fazit:

4-einhalb von 5 Punkten. „Das Saint-Netzwerk“ ist ein spannender Science-fiction-Thriller für Leser ab 15 Jahren. Es geht darin weniger um eine Zukunftsvision – die ist am Rande schon auch enthalten -, als um das Schicksal eines Mädchens, das sich gänzlich unerwartet im Zentrum eines Netzes von politischen Intrigen befindet und sich hier durchs Leben schlagen muss. Der Autor ist dabei nicht zimperlich – es gibt so einige Morde, die passieren.
Mit Mira ist dem Autor eine interessante und vielschichte Hauptfigur gelungen, deren Weg man gespannt verfolgt. Ein wenig war ich übrigens beim Lesen von „Das Saint-Netzwerk“ immer wieder an Peter Hoegs „Fräulein Smillas Gespür für Schnee“ erinnert – nicht nur der Hauptperson Mira, sondern auch der gesamten Handlung wegen. Das ist kein Plagiatsvorwurf – nein, ganz und gar nicht -, sondern eher ein Lob für Patrick Caves Buch.

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(Ulf Cronenberg, 07.11.2005)

Kommentare (0)

  1. Nata

    OH, MEIN GOTT, BIN ICH DENN DER EINZIGE FREAK, DER DIESES VERDAMMT GUTE BUCH VERSCHLUNGEN HAT!
    Bitte, Leute, lest das Buch und schreibt etwas. Mein Kommentar soll nicht der einzige sein. Es ist so verdammt schön geschrieben. Ich sag euch, lest es und genießt es. Die Geschichte von Mira und ihren Klonen und den Saint-Jungen ist so wunderbar. Ist er am Ende ertrunken? Werden Clarissa und Adeline überleben? Wie hat Gil den Generator überlebt? Und und und … Es gibt so viele Faktoren und Einzelheiten. Ich selber schreibe auch gerade mein erstes Buch, und dieses Buch war und ist für mich eine echte Inspiration. Bitte, bitte lest es!

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