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Buchbesprechung: Andreas D. Hesse "Arcan-Virus"

Cover HesseLesealter 12+(Sauerländer-Verlag 2004, 192 Seiten – inzwischen auch als Taschenbuch)

Schön, dass sich ein deutscher Autor mal wieder an ein interessantes Zukunftshema wagt. Gute Science-fiction-Jugendbuchromane sind ja nicht leicht zu finden – gerade von deutschen Autoren gab es da in letzter Zeit eher wenig…
Andreas D. Hesse, mit seinen 30 Jahren schon freier Autor, kannte ich bisher nicht, aber das muss ja nichts heißen – es ist immer wieder spannend, von einem unbekannten Jugendbuchautor etwas zu lesen. Manchmal bin ich dann eher enttäuscht, manchmal bin ich froh, wieder einen viel versprechenden Autor kennen gelernt zu haben. Wo sich Andreas D. Hesse einordnen lässt?

Inhalt:

Die Zukunft im 21. Jahrhundert ist düster: Die Welt wird durch einige große Konzerne regiert, die sich die Vorherrschaft gegenseitig streitig zu machen versuchen. Und ein aggressives Virus, das so genannte Arcan-Virus, das innerhalb von einigen Stunden zum Tod führen kann, hat alle Menschen befallen. Ein Gegenmittel ist noch immer nicht gefunden, die Menschen können sich nur am Leben halten, indem sie jede Woche ein Medikament nehmen, das das Virus in Schach hält. Doch nicht jeder kann sich das leisten…
Gregor, ein junger Mann, muss zusehen, wie sein Vater Lord Varnhelt, Chef von Carlyle Industries, einem Attentat zum Opfer fällt – die Limousine seines Vaters, von der Gregor nur einige Meter enfernt steht, wird in die Luft gesprengt. Gregor entgeht dem Attentat nur knapp und nur, weil sein Leibwächter Nikita schnell reagiert hat. Sofort wird Gregor von dem Leibwächter in Sicherheit gebracht, denn es wird vermutet, dass der Anschlag auch dem Sohn des Firmenbesitzers gelten sollte und daher noch immer große Gefahr für Gregor besteht. Dies bestätigt sich, als kurz darauf im Heck eines Hubschraubers, mit dem Gregor fortgebracht werden soll, ebenfalls eine Bombe hochgeht. Doch auch den Hubschrauberabsturz überlebt Gregor.
Auf der Flucht durch slum-ähnliche Wohngebiete trifft Gregor auf Tanka, ein Mädchen, das sich seit mehreren Jahren mühevoll durchs Leben schlägt. Tanka wird selbst gerade verfolgt, da sie einen Rucksack mit Rauschgift gestohlen hat – was sie jedoch nicht wusste, war, dass das Rauschgift von einem der größten Dealer der Stadt stammte, der nun seinerseits Tanka von seinen Leuten jagen lässt. Als Gregor ihr über den Weg läuft, wittert Tanka ihre große Chance, aus dem Leben in Armut auszubrechen – jedoch weniger, indem sie Gregor hilft, als vielmehr dadurch, dass sie ihn seinen Gegnern gegen eine große Summe Geld ausliefern will. Ihre Skrupel, den jungen Mann zu verraten, versucht Tanka wegzuschieben, doch je näher sie Gregor kennen lernt, desto größer werden ihre Bedenken. Als Gregor und Tanka eines Tages eine wichtige Entdeckung (welche? – pst, das bleibt geheim!) machen, die die Welt verändern könnte, gerät Tankas Plan vollständig ins Wanken und sie beginnt mit Gregor zusammenzuarbeiten…

Bewertung:

Ich habe im Jugendalter sehr viele Science-fiction-Romane (z.B. von Isaac Asimov) gelesen – „Arcan-Virus“ erinnert mich an die besonders guten dieser Bücher. Die Geschichte ist spannend erzählt, es gibt ein unerwartetes Ende, es werden Entwicklungen unserer heutigen Zeit fortgesponnen und es wird Gesellschaftskritik geübt bzw. es werden zukünftige Gefahren aufgezeigt. So wird die Welt im Buch quasi von riesigen Industriekonzernen regiert und ein gefährlicher Virus hat alle Menschen infiziert. So fern sind diese gesellschaftlichen Entwicklungen nicht, wenn man die wachsende Macht globaler Konzerne in den letzten Jahrzehnten oder AIDS betrachtet. Auch dass der Abstand zwischen Reichen und Armen wie im Buch sehr groß ist, ist eine Entwicklung, die sich bereits aus Studien der letzten Jahrzehnte ablesen lässt – Andreas D. Hesse hat das im Buch nur auf die Spitze getrieben.
Interessant ist schließlich, dass in Hesses Buch ein Computer, eine so genannten Künstliche Intelligenz (KI), eine Hauptrolle spielt – ein spannendes Gedankenspiel.
Ein wenig irritiert – das sei noch erwähnt – hat mich anfangs die Zeitform des Buches, das (fast) vollständig im Präsens (also der Gegenwartsform) geschrieben ist. Aber nach einigen Seiten hatte ich mich daran gewöhnt.

Fazit:

5 von 5 Punkten. Von Bücher wie „Arcan-Virus“ kann man sich infizieren lassen, denn es greift alte Science-fiction-Traditionen auf, indem Spannung auf unterhaltsame Weise mit Gesellschaftskritik gepaart wird. Hesses Buch kann man wirklich empfehlen – es ragt aus den ingesamt eher etwas lauen und harmlosen Science-fiction-Jugendbüchern der letzten Jahre deutlich heraus. Und man kann damit vielleicht sogar jugendliche Lesemuffel ab 13/14 Jahren – Jungen wie Mädchen – zum Lesen bringen.
Wenn ihr für den Deutschunterricht ab der 7. Klasse eine Klassenlektüre oder ein Buch für ein Referat sucht: Mit „Arcan-Virus“ wäre man nicht schlecht beraten…

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(Ulf Cronenberg, 25.07.2004)

Lektüretipp für Lehrer!

Ein spannender und durchaus virtuoser Science-fiction-Roman, der den Leser in eine Zukunft versetzt, in der Großkonzerne die Welt regieren und in der ein Virus alle Menschen befallen hat. Wegen der Hauptpersonen gibt es Identifikationsfiguren für Jungen und Mädchen – ein Buch zum Nachdenken über die Welt von morgen. Besonders gelungen ist der unerwartete Schluss des Buches. Ab Ende der 6. Jahrgangsstufe – hier hab ich es selbst erprobt.

Kommentare (6)

  1. Ali Kilicaslan

    Ich habe dieses Buch selber gelesen und würde auch 5 von 5 Punkten geben … 😀

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  2. Chris

    Ich finde dieses Buch auch sehr super! Ich habe letztens irgendwo einen Filmtrailer gesehen, der mich total an das Buch erinnert hat, komme aber absolut nicht mehr auf den Namen. Hat jemand hier eine Idee?

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  4. Simone

    Ich fand das Buch echt klasse (aber von ’nem anderen Verlag) – doch das Ende war nicht so toll, da ein Shuttle auch ohne Triebwerke landen kann. Aber ansonsten hat es mir, wie gesagt, sehr gut gefallen.

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  5. Nici

    Ich habe das Buch auch gelesen und werde einen Vortrag darüber halten. Aber ich gebe nur 4 von 5 Punkten, da der Schluss miserabel ist. Man merkt, dass der Autor das Ende auf 2 Seiten quetschen wollte, und dann bleiben noch 1000 Fragen offen.

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  6. Manni

    Der Anfang war sehr langweilig, aber es wurde immer spannender – das Ende war allerdings nicht so toll. Ich gebe 2 von 5 Punkten, weil ich das Buch im Jahr 2023 gelesen habe und sowas bei Jugendlichen nicht mehr so im Trend ist. Aber es ist immer noch ein cooles Buch.

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