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Buchbesprechung: Robert Cormier "Das Verhör"

Cover CormierLesealter 15+(C. Bertelsmann Jugendbuchverlag 2003, 156 Seiten; seit 2004 auch als Taschenbuch bei btb Omnibus)

Dass Cormier, einer meiner Lieblingsschriftsteller, im Jahr 2000 mit 75 Jahren gestorben ist, habe ich ja schon in der Besprechung seines Buches „Ich bin das, was übrig bleibt“ erwähnt. Nun wurde das Buch veröffentlicht, das er kurz vor seinem Tod fertig gestellt hatte, das aber noch in seiner Schreibtischschublade lag – denn seine Frau erwähnt im Vorwort, dass er Bücher noch eine Weile ruhen ließ, um ihnen noch einmal einen Feinschliff zukommen zu lassen. Das klingt ein wenig nach einem nicht ganz abgerundeten Werk – mal sehen…

Inhalt:

In „Das Verhör“ gibt es zwei Hauptpersonen: den Sonderermittler Trent von der Polizei und Jason Durrant, einen 12-jährigen Jungen. Trent wird nach Monuments geholt, weil die 7-jährige Alicia in einem Wald mit einem Stein ermordet wurde. Die Polizei hat bisher keine Hinweise auf den Täter, der einzig mögliche Verdächtige ist Jason Durrant, der kurz vor ihrem Tod noch bei Alicia war und mit ihr gepuzzelt hat. Da man in dem Städtchen langsam nervös wird, muss endlich der Täter gefunden werden – und hierzu holt man den Verhörspezialisten Trent nach Monuments, damit dieser Jason überführt.
Als Leser weiß man eigentlich von Anfang an, dass Jason die Tat nicht begangen hat. Dennoch befindet er sich im Kreuzverhör, bei dem alle psychologischen Tricks angewandt werden, damit Jason die Tat gesteht. Trent scheint von Anfang an nicht so ganz von der Schuld Jasons überzeugt zu sein, jedoch setzt er sich selbst unter Druck, Jason zu einem Geständnis zu bewegen. Denn der Senator persönlich hat angekündigt, dass ihm bei erfolgreicher Überführung von Jason alle Türen offen stünden. Das bizarre Verhör, bei dem ein unschuldiger von einem Spezialisten zum Geständnis gebracht werden soll, nimmt seinen Lauf… – mehr wird hier nicht verraten.

Bewertung:

Auf dem Klappentext von „Das Verhör“ steht (wie schon bei Cormiers „Ich bin das, was übrig bleibt“), dass das Buch ein Psychothriller sei. Während das beim letztgenannten Buch übertrieben schien, wirbt der Verlag diesmal zu Recht mit dieser Beschreibung. Cormiers letztes Buch ist höchst spannend, ich habe es in zwei Etappen durchgelesen (wobei die nur 150 Seiten einem das leicht machen). „Das Verhör“ macht eindrücklich klar, warum Cormier ein Meister des Jugendbuchs ist: So packend werden selten Personen psychologisch abgebildet wie bei ihm – ganz genau werden die Motive und Beweggründe der Personen geschildert und bis in die kleinsten Winkelzüge beschrieben. Man hat den Eindruck, der Autor kennt seine Figuren besser als sie sich selbst.
Auch sonst stimmt alles in dem Buch: Es ist kurzweilig, hat ein unerwartetes Ende (das zudem offen ist), und selbst die Randfiguren aus Trents und Jasons Lebenswelt sind so gewählt, dass sie verdeutlichen, warum die beiden Hauptfiguren so sind, wie sie sind.

Fazit:

Da kann man nur 5 von 5 Punkten geben. So ein Buch zu schreiben, ist höchste Kunst. Ein beachtenswertes Vermächtnis von Cormier, das er mit mehr als 70 Jahren geschrieben hat. Als Leser sollte man mindestens 14 Jahre alt sein, darf das Buch aber auch noch mit 70 lesen – sofern man gerne Spannendes liest.
(Aber Vorsicht: Die Spannung im Buch darf nicht mit Action verwechselt werden- denn was das Buch bietet, ist subtile psychologische Spannung!)

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(Ulf Cronenberg, 21.08.2003)

Lektüretipp für Lehrer!

Mit diesem Buch beweist Robert Cormier besonders deutlich, dass er ein Meister des Psychologischen ist. Ein unbescholtener Junge wird von einem Verhörspezialisten in die Mangel genommen, weil er angeblich ein Mädchen ermordet hat – der Leser darf auf gut 100 Seiten in die Abgründe der Personen schauen – selten habe ich ein psychologisch so dichtes und spannendes Buch gelesen. Für Schüler ab der 10. Klasse, die an Zwischenmenschlichem interessiert sind.


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Kommentare (0)

  1. Pingback: Jugendbuchtipps.de» Blogarchiv » Buchbesprechung: Robert Cormier “Heroes”

  2. Anzor

    Mir gefällt dieses Buch sehr. Es ist sehr spannend. Habe es mir sogar 3x mal durchgelesen.
    Ich empfehle euch das Buch zu lesen und garantiere, dass es euch gefallen wird.

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