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Buchbesprechung: Holly-Jane Rahlens „Das Rätsel von Ainsley Castle“

Cover: Holly-Jane Rahlens „Das Rätsel von Ainsley Castle“Lesealter 11+(Rowohlt-Verlag 2020, 315 Seiten)

Von Holly-Jane Rahlens, die zwar in Deutschland lebt, aber nach wie vor in ihrer Muttersprache auf Englisch schreibt, habe ich immer wieder Kinder- und Jugendbücher gelesen. Sie waren – kurz zusammengefasst – immer erfrischend, egal, ob es um ernstere Themen wie die Wiedervereinigung oder eher heiter-komische Zukunftsgeschichten und Pubertätswehen geht. „Das Rätsel von Ainsley Castle“ trägt einen etwas sperrigen Titel, er lässt einen – das Cover unterstreicht das – an eine geheimnisvolle, mystische Geschichte denken. Ja, und das trifft es auch …

Inhalt:

Lizzys Mutter ist bereits gestorben, als sie noch ganz klein war, und das Mädchen hat keine Erinnerungen mehr an sie. Leider gibt es, wie ihr Vater sagt, auch keine Fotos mehr von ihrer Mutter – der Laptop, auf dem alle Fotos waren, sei bei einem Einbruch gestohlen worden. Weil der Vater eine neue Frau gefunden hat, sind die beiden vor kurzem auf eine schottische Insel gezogen, wo Lizzys Stiefmutter in spe ein Hotel führt. Doch mit der Freundin des Vaters kommt Lizzy gar nicht zurecht – ja, sie hat mehr oder weniger Angst vor ihr, sie ist ihr unheimlich.

Seit einiger Zeit hat Lizzy Schwindelanfälle, kann sich manchmal nicht an Dinge erinnern und hat oft das Gefühl, dass unerklärliche Dinge passieren – auf all das kann sich niemand einen Reim machen. Noch seltsamer wird es, als Lizzy auf einmal von jemand Unbekanntem E-Mails bekommt, in denen genau geschrieben wird, was sie gerade gemacht hat. Ja, sogar ihre Gedanken und Gefühle werden exakt wiedergegeben.

Für Lizzy ist das höchst irritierend. Sie hat ihre zukünftige Schwiegermutter in Verdacht, dass sie diese Mails schreiben könnte, auch wenn Lizzy nicht versteht, wie das überhaupt möglich ist. Die Idee kommt auch daher, weil die neue Freundin ihres Vaters an einem Roman schreibt. Als Lizzy einen Jungen kennenlernt, der im Hotel arbeitet und sich gut mit Computern auskennt, zeigt sie ihm diese Mails. Mack will ihr helfen herauszufinden, was da passiert. Doch es geschehen noch weitere seltsame Dinge …

Bewertung:

In „Das Rätsel von Ainsley Castle“ (Übersetzung: Bettina Münch) schleicht sich von Anfang an viel Geheimnisvolles. Lizzy träumt schlecht von wiederkehrenden Inhalten, ihr ist oft schwindlig, sie spürt unheimliche Dinge, und ihr ist die zukünftige Schwiegermutter mit ihren rot lackierten Fingernägeln unheimlich. Es sind viele solcher Dinge, Figuren und Motive, die in dem Buch vorkommen und die etwas Mystisches umweht. Selbst Lizzys Vater ist eher ein Geist, als dass er richtig präsent in der Geschichte auftritt – Lizzy ist also mit ihrer „Stiefmutter“ viel alleine, und die beiden vertragen sich gar nicht. Das erinnert – sicher kein Zufall – an Märchen mit böser Stiefmutter …

Die mystische und leicht bedrohliche Stimmung wird sehr gekonnt rübergebracht, das Buch ist von einem ständigen leichten Schaudern durchzogen. Mit den E-Mails, die Lizzys Erlebnisse in den letzten Minuten beschreiben, wird es dann besonders mysteriös; und weil Lizzy herausfinden will, was da los ist, kommen Detektivelemente in das Buch. Lizzy spioniert ihrer Stiefmutter hinterher, und Mack, den sie kennenlernt und in den sie sich verliebt, hilft ihr dabei.

Doch damit ist es letztendlich nicht genug, denn irgendwann kommt eine neue Figur ins Buch: Betty. Sie sieht (bis auf einen Leberfleck und die leicht kürzeren Haare) aus wie Lizzy, so dass selbst Mack Betty bei der erste Begegnung für Lizzy hält. Beide Mädchen wissen gar nicht was los ist, feinden sich auch erst mal an. Und als sie sich irgendwann doch noch austauschen über ihr bisheriges Leben, entdecken sie viele Gemeinsamkeiten (sie haben zum Beispiel den gleichen Vater, die gleiche Stiefmutter), aber auch Unterschiede: Betty findet die Stiefmutter zum Beispiel nett, hat auch noch persönliche Erinnerungen an die eigene Mutter, die in ihrem Leben später gestorben ist.

Trotz Eifersucht wegen Mack, trotz der anfänglichen Streitereien raufen sich Betty und Lizzy irgendwann zusammen, und gemeinsam mit Mack wollen sie das Rätsel ihrer ähnlichen Existenz lösen … Tja, und spätestens an dieser Stelle wird es schwer, mehr über das Buch zu schreiben, ohne zu viel zu verraten. Es hat jedenfalls etwas mit einer Autorin zu tun, die in einem zum Hotel gehörenden Turm ihr Stipendium verbringt. Und damit entwickelt sich die Geschichte zu einem Abenteuer mit Katz- und Maus-Spiel.

Ganz nebenbei wird man übrigens als junger Leser in Begriffe wie „auktoriale“ und „personale“ Erzählweise eingeführt, man wird zum Nachdenken gebracht, wie ein Schriftsteller eigentlich Figuren ersinnt, wie Figuren sich während des Schreibens oft mit Eigendynamik weiterentwickeln, wie sie immer wieder verändert werden. „Das Rätsel von Ainsley Castle“ ist auf einer tieferen Ebene auch eine Reflexion übers Bücherschreiben. Das ist interessant arrangiert, aber bei einigen Winkelzügen war ich mir oft nicht so sicher, ob ich ihnen ganz folgen konnte und sie richtig verstanden habe.

Der Rowohlt-Verlag empfiehlt das Buch ab 11 Jahren, ein bisschen frage ich mich allerdings schon, ob man als so junger Leser oder so junge Leserin diese Komplexität in der Geschichte erfasst. Aber vielleicht kann man den Roman auch nur auf der Mystik- und Abenteuer-Ebene lesen, und je erfahrener der Leser / die Leserin ist, desto mehr steht dann die Reflexion im Vordergrund.

Fazit:

4 von 5 Punkten. Ich konnte beim Nachdenken über „Das Rätsel von Ainsley Castle“ dem Buch viel abgewinnen, und ich bin mir sicher, dass in dem Buch viel Arbeit steckt. Trotzdem: So ganz mein Buch ist der Kinder-/Jugendroman nicht gewesen. Es liest sich zweifelsohne gut, aber ich bin eben noch nie ein begeisterter Leser von Romanen mit mystischen Elementen gewesen – ich weiß aber, dass das vielen Leserinnen und Lesern ganz anders geht.

Ich schätze es so ein, dass Holly-Jane Rahlens neues Buch eher ein Roman für Mädchen ist – die weibliche Hauptfigur (Mack steht da weniger im Zentrum, weil Lizzy die Ich-Erzählerin ist) dürfte Jungen (und Männer) weniger andocken lassen. Vielleicht ist mir das Buch auch deswegen immer ein bisschen fremd geblieben. Wer jedoch Bücher mit Geheimnissen, mit mystischen Elementen mag, dem kann man „Das Rätsel von Ainsley Castle“ empfehlen.

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(Ulf Cronenberg, 19.04.2020)


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