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Buchbesprechung: R. T. Acron „Ocean City – Stunde der Wahrheit“

Cover: R. T. Acron „Ocean City – Stunde der Wahrheit“Lesealter 11+(dtv 2019, 254 Seiten)

Vor einem Jahr hat das Autorenduo Frank Maria Reifenberg und Christian Tielmann unter dem Pseudonym R. T. Acron Band 1 der Trilogie „Ocean City“ veröffentlicht, ein halbes Jahr später kam Band 2 heraus, und nun im Frühjahr 2019 liegt der Abschlussband vor. Wer in die beiden ersten Bände eingetaucht ist, wird sich freuen zu erfahren, wie die Geschichte ausgeht. Klar, es wird für Jackson und Crockie, die Hauptfiguren, ein Happy End geben – davon ist auszugehen, aber das „Wie?” liegt natürlich nicht auf der Hand. Wer das erfahren will, muss eben lesen …

Inhalt:

Jackson und Crockie konnten sich nach ihrem Aufenthalt auf dem Festland erfolgreich unter falscher Identität wieder nach Ocean City schmuggeln – sie sind selbst überrascht, dass sie unbeschadet durch die Kontrollen kommen. Doch kurz darauf wartet eine Überraschung auf sie: Heather Blue, die sie als Schulsekretärin von früher kennen, nimmt sie in Empfang und schärft ihnen ein, ihr zu folgen. Sie seien in großer Gefahr.

Heather Blue bringt sie zu Clark Kellington, dem Nachfahren des Ocean-City-Gründers, der im Hintergrund viele Fäden gezogen hat und Jackson und Crockie bereits inkognito in vielerlei Verkleidung begegnet ist. Als Jackson nun erfährt, was Clark Kellington hier für ein Spiel mit ihnen gespielt hat und spielt, will er nichts mehr mit ihm zu tun haben: Kellington hatte Jackson und Crockie testen wollen, ob sie für seine Nachfolge in Frage kommen … Die beiden jungen Männer fühlen sich hintergangen und ziehen sich zurück.

Doch Lydia Tremont, die Generalsekretärin von Ocean City, treibt ihr Spiel weiter – sie will selbst Clark Kellington beerben und geht dabei skrupellos vor. Nicht nur Clark Kellington hat sie im Visier, sondern viele andere wichtige Leute in Ocean City – darunter auch Jackson und Crockie. Die beiden wollen zwar nicht mit Kellington zusammenarbeiten, aber sie bemerken bald, dass sie Lydia Tremont stoppen helfen müssen …

Bewertung:

Es ist gar nicht so einfach, nach einem guten halben Jahr wieder in die fortlaufende Geschichte einzusteigen. Gut, natürlich wusste ich noch, dass Jackson und Crockie auf dem Festland waren und wieder nach Ocean City zurückkehren wollten, aber bei der Vielzahl von Figuren habe ich manchmal ein wenig gebraucht, mich zu erinnern, wer genau das nun war und welche Rolle die Figur bisher gespielt hat. Am besten (und das ist ja jetzt möglich) liest man die drei Bände also direkt nacheinander.

Was Frank Maria Reifenberg und Christian Tielmann mit Band 3 „Stunde der Wahrheit“ bieten, ist die gewohnte und erwartete Kost: Es ist spannend, wobei diesmal die in den ersten beiden Bänden leicht überbordenden Action-Szenen etwas zurückgefahren wurden. Das ist gut so. Stattdessen erfährt man mehr über die Intrigen in Ocean City, bekommt Erklärungen für die Vorgänge, denen man in den beiden ersten Bänden mit einigen Fragezeichen gegenüberstand. Da macht „Ocean City – Stunde der Wahrheit“ eigentlich alles richtig.

Was ich am dritten Band, aber letztendlich an der ganzen Trilogie bewundere, ist, wie sich die ganze Geschichte am Ende zusammenfügt. Der Plot ist sehr komplex, unterm Strich gut durchdacht, kleinere Ungereimtheiten und offene Fragen bleiben allerdings auch hier und da zurück.

Es gab allerdings zwei Dinge, die mich leicht gestört haben: Zum einen finde ich die ständigen Szenenwechsel manchmal zu viel des Guten – in vielen Kapiteln wechseln drei- oder viermal der Ort und die betroffenen Figuren. Ich verstehe schon die Idee dahinter: Das soll eine rasante Spannung erzeugen und die Gleichzeitigkeit des Geschehens an verschiedenen Orten widerspiegeln. Aber mir sind es zu viel der Handlungsschnitte – ich wäre doch gerne öfter mal länger bei einer Figur geblieben und nicht immer so oft zwischen den verschiedenen Handlungssträngen hin und her gesprungen.

Zum anderen geht das Buch schon sehr schnell zu Ende. Der entscheidende Showdown (ich schweige, was hier geschieht) trägt sich im vorletzten Kapitel zu, und was hier passiert, wird mir eindeutig zu kurz erzählt – das hätte man ausdehnen können. Das Schlusskapitel besteht dann auch vor allem aus Andeutungen: Jackson und Crockie wollen etwas verändern, aber sehr viel mehr erfährt man nicht. Der Vorteil des schmerzlosen Endes ist natürlich, dass das Buch nicht ausufert – aber was dann mit Lydia Tremont, mit einigen anderen Figuren passiert, hätte mich dann doch noch ausführlicher interessiert. Überhaupt rücken einige Figuren aus den Vorgängerbänden – zum Beispiel Lou oder Scout, aber auch Matt Fuller, um drei zu nennen – in der Geschichte ein bisschen zu sehr in den Hintergrund. Irgendwie lässt das Buch hier einige Figuren liegen …

Man kann meine beiden kleinen Kritikpunkte natürlich relativieren, denn die Ocean-City-Trilogie ist eindeutig auf Spannung angelegt, sie will nicht eine real mögliche Zukunft schildern, sondern eben niveauvoll Jugendliche Leser ab 11 oder 12 Jahre unterhalten. Und genau das bietet das Buch. Was mir gefallen hätte – wenn die Zukunftsvision ein bisschen genauer dargestellt würde –, ist nicht unbedingt das, was sich vielleicht jugendliche Leser wünschen.

Fazit:

4 von 5 Punkten. Die Ocean-City-Trilogie hat einen passenden Abschluss gefunden, der liefert, was man erwartet und sich wünscht. Wer mit den ersten beiden Bänden glücklich war, der wird es auch mit dem Abschlussband, vor allem, weil man darin endlich die Intrigen und Wirrungen des bisherigen Geschehens entknoten kann. Allerdings gibt es bei genauerer Draufsicht schon ein paar Dinge – das wurde oben beschrieben –, wo ich mir noch etwas mehr Sorgfalt gewünscht hätte.

Trotz meiner Kritikpunkte: „Ocean City“ bietet etwas, von dem es jenseits von Fantasy-Büchern derzeit zu wenig gibt: gut geschriebene Bücher, die durch ihre Spannung Jungen im Alter von 11 oder 12 Jahren zum Lesen verführen. Spannung und Action sind für eher weniger leseaffine Jungen das, womit man sie am ehesten zu Büchern locken kann – und genau hier hat die Trilogie ihre Berechtigung. Wenn man nebenbei auch ein bisschen über die Zukunft zum Nachdenken gebracht wird (ich fand die Idee mit der schwimmenden Stadt und der Zeit als Währung interessant), so ist zusätzlich etwas gewonnen.

So bleibt alles in allem: Wer Lesemuffel, vor allem Jungen, zum Lesen bringen will, der kann es mit der Trilogie von R. T. Acron alias Frank Maria Reifenberg und Christian Tielmann versuchen – die auf Action angelegte Handlung dürfte Gefallen finden. Und die Aufmachung mit den lesealtergerechten Covern und dem bunten Buchschnitt ebenfalls.

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(Ulf Cronenberg, 20.05.2019)


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