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Kurzrezension: Matt De la Peña „Under Water“

Cover: Matt De la Peña "Under Water"Lesealter 13+(dtv 2016, 345 Seiten)

Das raffiniert gestaltete Cover zeigt schon, um was es in dem Buch gehen wird: Ein Schiff wird untergehen … Der Amerikaner Matt De la Peña ist nicht der erste, der sich an dem Thema versucht. Es gibt zahlreiche literarische und filmische Vorlagen zu dem Szenario, und die bekannteste heißt natürlich „Titanic“. Ob man sich als Autor einen Gefallen tut, ein so beliebtes Thema für ein Buch zu verwenden? Von Matt De la Peña heißt es übrigens, dass er kreatives Schreiben studiert hat.

Shy, Halb-Mexikaner, heuert zum zweiten Mal auf einem Luxus-Kreuzfahrtschiff an, um Geld zu verdienen. Ein nicht unbedingt toller Job ist das, weil die Reichen auf dem Schiff die Angestellten nicht gerade nett behandeln – doch immerhin gibt es unter den anderen Bediensteten einige, mit denen sich Shy gut versteht. Das gilt vor allem für Carmen, in die Shy verliebt ist wie noch nie in jemand anderen. Doch Carmen hat einen Verlobten …

Auf seiner ersten Kreuzfahrt wird Shy eines Tages von einem Mann auf dem Deck angesprochen, der ihm wirres Zeug erzählt: dass er sich versündigt habe etc. Als der Mann plötzlich über die Reling springt, kann Shy ihn gerade noch mit einem Arm festhalten, doch der Mann ist so schwer, dass er ihm irgendwann entgleitet. Über den Selbstmord des Mannes kommt Shy lange nicht hinweg. Auf der zweiten Reise verfolgt ihn die Sache noch immer, außerdem wird er von einem Mann mit Anzug verfolgt und über den Vorfall ausgequetscht.

Doch all das ist harmlos im Vergleich zu dem, was dann passiert. Es bricht nicht nur ein schlimmer Sturm aus, sondern infolge eines Erdbebens an der kalifornischen Küste kommt es zu Tsunami-Wellen, die das Schiff untergehen lassen. Shy kann sich mit einer jungen, ziemlich hochnäsigen Frau, der er bereits auf dem Schiff begegnet ist, sowie einem reichen Ölmagnaten gerade noch auf ein Boot retten.

Die Geschichte von „Under Water“ (Übersetzung: Bettina Münch; Originaltitel: „The Living“) verspricht nicht nur Spannung, das Buch bietet sie auch, obwohl man bis zum Untergang des Kreuzfahrtschiffs fast die Hälfte des Romans zurücklegen muss. Doch richtig störend ist das nicht. Durch den Selbstmord des Geschäftsmanns sowie die unerhörte Liebe zu Carmen bietet der Roman auch sonst genug, um nicht langweilig zu sein. Streiten kann man freilich darüber, ob diese Häufung von tragischen Ereignissen nicht etwas zu viel des Guten ist: unglückliche Liebe, Tornado, Tsunami, Selbstmord – damit ist noch längst nicht alles benannt, was in dem Buch an Tragischem passiert. Und auf den letzten 100 Seiten vollzieht das Buch noch einmal eine große Wende und bekommt eine fast dystopische Note.

Shy ist eine grundsätzlich sympathische Figur, die für ihr kurzes Leben schon einiges mitgemacht hat. So ist seine Großmutter erst kürzlich an der Romero-Krankheit verstorben – einer Seuche, die ein weiteres tragisches Element in das Buch bringt und später im Roman eine größere Rolle spielen wird. Auch sonst ist Shys Familiensituation nicht einfach.

Während Shy als Figur noch recht stimmig ist, gibt es in dem Buch jedoch einige etwas überfrachtete Figuren: Carmen als unerreichbares Liebesobjekt, Shys Verfolger im Anzug und so manch anderer sind schon sehr holzschnittartig und klischeehaft gezeichnet – hier kann das Buch eben doch seine Herkunft aus dem reißerischen Thriller-Metier nicht verhehlen. Der Spannung mag das zuträglich sein, aber die literarischen Qualität leidet etwas darunter, dass die Figuren zu durchsichtig konzipiert sind und nicht wirklich voller Leben sind.

Fazit:

3 von 5 Punkten. Gelesen haben muss man „Under Water“ nicht – auch wenn es gute Unterhaltung bietet und den Leser mit einer Reihe von unerwarteten Wendungen bei der Stange hält. Es ist eher eine kleine Gewöhnungsübung ans Thriller-Metier für Jugendliche. Schwer tue ich mich allerdings damit, genau zu sagen, für welche Altersgruppe dieses Buch geeignet ist. Für erfahrene, etwas ältere Thriller-Leser ist „Under Water“ etwas harmlos. Jugendliche könnte ein wenig stören, dass Shy als Hauptfigur ein junger Mann ist. Bleibt, dass man Matt De la Peñas Roman wohl am ehesten im Alter zwischen 13 und 15, eher als Jungen denn als Mädchen lesen kann. Alles in allem ein kurzweiliger Jugendthriller – aber ohne große Nachhaltigkeit.

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(Ulf Cronenberg, 11.08.2016)

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