(dtv – Reihe Hanser 2015, 215 Seiten)
Das letzte Buch von Jenny Valentine, „Das zweite Leben des Cassiel Roadnight“, ist vor fünf Jahren erschienen – einer langen Zeit. Im Vorwort zu „Durchs Feuer“ steht, dass Jenny Valentine und ihr Vater lange krank gewesen wären und ihr Vater gestorben ist – wahrscheinlich war das der Grund für die lange Schreibpause. Der Tod ihres Vaters ist auch der Hintergrund für die Geschichte von Jenny Valentines neuem Jugendroman, in dem es um die Beziehung zwischen einer Tochter und ihrem sterbenden Vater geht.
Inhalt:
Mit ihrer Mutter Hannah und deren langjährigem Freund Lowell hatte Iris im Alter von vier Jahren Großbritannien verlassen und war in die USA gegangen. Dort sollte Lowell seine große Karriere als Schauspieler starten, geworden ist daraus jedoch nichts. Stattdessen gab es in den USA viele Probleme: Irgendwann hatten Hannah und Lowell große Schulden, außerdem gab es Schwierigkeiten mit Iris.
Mit ihrer Mutter kommt Iris überhaupt nicht zurecht. Hannah dreht sich nur um sich selbst, ist ein Mensch, der nur nach Geld und Äußerlichkeiten schaut, für ihre Tochter hat sie eigentlich nichts übrig. Eine etwas seltsame Bewältigungsstrategie hat Iris, wenn der Druck zu groß wird: Sie legt Feuer, fackelt etwas ab. Als der Sohn eines einflussreichen Manns aus dem Filmbusiness sie fast vergewaltigt, sperrt sie sich im Kleiderschrank ihrer Mutter ein und zündelt. Das Haus brennt dabei fast ab. Hannah hat jedoch wenig Verständnis für Iris, sie sieht nur die vertane Chance für Lowell, der kurz vor einem großen Deal mit dem Filmmann stand.
Weil die Probleme überhand nehmen, Hannah und Lowell bankrott sind, fliehen sie mit Iris zurück nach Großbritannien. Dort liegt Iris‘ Vater, ein erfolgreicher Kunsthändler, den Iris seit dem Auswandern in die USA nicht gesehen hat, im Sterben. Hannah wittert ihre Chance, das Geld ihres Manns (sie wurden nie geschieden) zu erben und reist mit Lowell und Iris zu ihm. Iris will Ernest aus Enttäuschung über seine Abstinenz über die Jahre hinweg erst nicht sehen. Doch dann finden Ernest, der nicht mehr lange leben wird, und sie doch einen Draht zueinander. Iris erfährt nach und nach, dass sich vieles, was sie von ihrer Mutter über Ernest an Negativem erfahren hat, ganz anders verhält und zugetragen hat.
Bewertung:
„Durchs Feuer“ (Übersetzung: Klaus Fritz) ist ein Roman über Familiengeheimnisse, darüber, wie ein dem eigenen Vater entrissenes Kind nach mehr als zehn Jahren das erste Mal wieder mit diesem konfrontiert wird. Ziemlich heftig ist die Familiengeschichte, denn Iris war – ohne dass sie das so richtig wusste – letztendlich nur ein Spielball und Druckmittel ihrer Mutter ihrem Mann gegenüber. Kein Wunder also, dass Iris psychische Probleme hat. Die Pyromanie ist das Mittel, wie sie mit Stress und unerträglichen Situationen umgeht.
Erzählt wird die Geschichte als Ich-Erzählung von Iris, wobei verschiedene Zeitebenen ineinandergreifen. Zum einen blickt Iris auf ihre Zeit in Amerika zurück, wo sie in Thurston einen Seelenverwandten gefunden hatte, den sie jedoch kurz vor der plötzlichen Abreise aus den USA vor den Kopf gestoßen und damit verloren hat. Zum anderen wird der Blick in die Vergangenheit gerichtet, indem Ernest auf dem Krankenlager immer wieder Dinge aus seinem Leben erzählt. Die Zeiten, in denen es um Iris geht, als sie bis zum Alter von vier Jahren bei Ernest gelebt hat, stehen dabei erst am Ende des Buchs.
In „Durchs Feuer“ geht es um Gewalt – nicht um körperliche Gewalt, sondern um subtile seelische Grausamkeiten. Hannah nutzt die Menschen nach Strich und Faden aus, kennt keine Gnade, hat keine Hemmungen, es geht ihr nur um Geld und Ruhm, und Iris ist die Hauptleidtragende. Diese gewalttätige Stimmung auf den Leser zur übertragen, gelingt Jenny Valentine ziemlich gut. Das Buch hat einen bedrückenden, fast bedrohlichen Unterton. Nur die sich im Laufe des Romans aufbauende Vater-Tochter-Beziehung zwischen Iris und Ernest bildet hier einen Kontrapunkt. Iris findet zumindest ihren Vater, der jedoch nicht mehr lange zu leben hat, wieder.
Gelesen habe ich „Durchs Feuer° gerne. Die Geschichte zieht einen schnell in den Bann, man spürt von Anfang an, dass es in dem Roman um Geheimnisse geht, die nach und nach aufgedeckt werden, und das ist allein schon Motivation, weiterzulesen. In der Mitte des Romans hatte ich mir gewünscht, dass die Geschichte ein wenig zielstrebiger vorangeht, aber das war eigentlich nur ein kurzer Moment in dem Buch. Dafür endet „Durchs Feuer“ mit einem Paukenschlag – die Geschichte nimmt eine unerwartete Wendung, wodurch so einiges, was man vorher erfahren hat, sich umgekehrt. Gekonnt gemacht ist das, ein finaler Höhepunkt, den man nicht erwartet.
Fazit:
4 von 5 Punkten. Schön, dass Jenny Valentine wieder Jugendbücher schreibt, denn die britische Autorin hatte schon immer ein Händchen für besondere Geschichten – das hat sie mehrmals bewiesen. „Durchs Feuer“ macht da keine Ausnahme. Wie schon andere Büchern von Jenny Valentine handelt der neue Roman von einer Familie, es geht um Geheimnisse, die innerhalb einer Familien lange im Untergrund schwelen und eine tragische Wirkung entfalten, bis sie schließlich aufgedeckt werden.
Sehr subtil wird in „Durchs Feuer“ die latent gewalttätige Stimmung in Iris‘ Familie dargestellt, in der vor allem Hannah, Iris‘ Mutter, letztendlich eine beziehungsunfähige Frau ist, die nur auf ihren Vorteil schaut und dabei keine Rücksicht auf andere nimmt. Es ist meinem Empfinden nach eine Schwäche des Romans, dass die Figuren etwas überzeichnet sind und damit hier und da leicht unwirklich wirken. Das passt zwar zu den sachten kriminalistischen Elementen des Buchs, führt aber zugleich dazu, dass die Geschichte nicht so richtig in einem nachhallt – dazu ist sie einfach ein bisschen zu überspitzt angelegt. Dennoch: „Durchs Feuer“ ist ein kurzweiliges Buch, das man empfehlen kann. Und ich hoffe, dass Jenny Valentine weitere Bücher veröffentlicht …
(Ulf Cronenberg, 28.03.2016)
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Danke, Ulf Cronenberg, gleich gekauft nach der Rezension, ich hab schon lange auf eine neue Jenny gewartet und bin jetzt gespannt auf den eigenen Leseeindruck. Immer wieder schön auf dieser Seite … Herzlichen Dank!
Liebe Isabel Abedi, gern geschehen, und vielleicht wollen Sie ja, wenn Sie das Buch gelesen haben, hier kurz schreiben, wie es Ihnen gefallen hat. Das würde mich sehr interessieren.