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Buchbesprechung: Edyth Bulbring „33 ist meine Glückszahl (oder auch nicht)“

Cover Edyth Bulbring "33 ist meine Glückszahl"Lesealter 14+(Hanser-Verlag 2015, 157 Seiten)

Jugendromane aus Südafrika gibt es immer wieder mal – man denke nur an die beiden gelungenen Bücher von Linzi Glass, von der jedoch seit fast vier Jahren kein neues Buch erschienen ist. Über den Jugendroman der Südafrikanerin Edyth Bulbring – mir war vor dem Lesen gar nicht bewusst, dass die Autorin aus Südafrika kommt – bin ich eher so nebenbei gestolpert: Ich wollte mal reinlesen und bin hängen geblieben – auch aus psychologischem Interesse.

Inhalt:

Mit 14 Jahren hat Beatrice im Leben schon einiges mitgemacht. Ihre Mutter führt eine Werbeagentur und ist wohlhabend, allerdings ist sie Alkoholikerin. Einmal mehr muss sie in eine Entzugsklinik, so dass der gemeinsame Urlaub nicht stattfinden kann. Stattdessen verbringt Beatrice die Ferien mit ihrer Großmutter, die sie kaum kennt, in einem neu gekauften Ferienhaus. Gut zurecht kommt Beatrice mit ihrer Großmutter, deren hartherziger Mann vor einiger Zeit gestorben ist, nicht.

Um sich abzulenken und um die Aufmerksamkeit von sich zu lenken, beschließt Beatrice, dass sie für ihre Großmutter einen neuen Mann suchen will. Mit ihrer zwanghaft planvollen Art geht sie das Projekt an. Dabei trifft sie auf Toffie, einen Jungen in der Nachbarschaft, der bald wie eine Klette an ihr hängt, obwohl Beatrice von ihm genervt ist und ihn auch so behandelt. Beatrice‘ Projekt stockt jedoch schon bald – alle Männer im Rentenalter haben ihre Macken … Doch mit Unterstützung von Toffie versucht sie, dran zu bleiben.

Bewertung:

Die so zusammengefasste äußere Handlung von „33 ist meine Glückszahl (oder auch nicht)“ (Übersetzung: Andrea O’Brien) zeigt nur am Rand, worum es in dem Buch geht. Edyth Bulbrings Roman erzählt aus der Ich-Perspektive die Geschichte eines Mädchens, das so tut, als hätte es alles im Griff, dabei aber selbst am Abgrund steht. Erst nach und nach bekommt man dabei mit, was mit Beatrice eigentlich los ist. Beatrice ist zwanghaft (muss z. B. alles zählen), hat Ticks, tut sich schwer, mit anderen in Kontakt zu kommen, und hat – wie sich erst recht spät im Buch herausstellt – vor allem ein großes Essproblem. Sie ist magersüchtig.

Ziemlich anstrengend fand ich das Buch zu Beginn, denn Beatrice als Erzählerin tritt überdreht und hysterisch auf, und das überträgt sich auf den Leser – konsequent ist das allerdings bei einer Ich-Erzählung durchaus. Dass man nicht gleich weiß, warum sich Beatrice so seltsam verhält, ist folgerichtig, denn zu Beatrice gehört ja, dass sie ihre Probleme ausblendet und negiert.

Dem Impuls, das Buch nach 30 Seiten zur Seite zu legen, habe ich nicht nachgegeben; und letztendlich war das auch ganz gut so. Denn was mich an dem Buch zunehmend interessiert hat, war das Psychogramm, das hier von Beatrice gezeichnet wird: die Innensicht eines Mädchens, das intrigant und hybrisch auftritt und damit seine Probleme zu kaschieren versucht. Das alles ist sehr spitz gezeichnet, aber vielleicht gerade deswegen auch authentisch. Beatrice macht für alles immer die anderen verantwortlich und sieht ihre Probleme nie bei sich, sie ist hochzynisch und hält alle Menschen von sich fern.

Dass hinter allem eine schwierige Familiensituation steht, vor allem eine Mutter, die nur um sich selbst kreist und Beatrice keine Zuwendung und Wärme gibt, liegt auf der Hand. Allerdings überzeichnet der Roman hier auch einiges, und diese Klischees waren das, was mich an dem Roman am meisten gestört hat.

Fazit:

4 von 5 Punkten. Ein Wohlfühlbuch ist „33 ist meine Glückszahl (oder auch nicht)“ nicht – schon gar nicht für mich als männlichen Leser. Beatrice blieb mir über das ganze Buch hinweg fremd, und dennoch finde ich den Roman psychologisch interessant, denn man schaut darin in die Seele eines Mädchens, das am Abgrund hangelt. Die konsequente Innensicht, die ohne erzählerische Kommentare auskommt, ist etwas Besonderes, man muss als Leser mitdenken und sich zusammenreimen, was mit Beatrice los ist. Nebenbei bekommt man auch mit, dass die südafrikanische Gesellschaft nach Jahrzehnten der Apartheid, die offiziell vor gut 20 Jahren abgeschafft wurde, nach wie vor ein Pulverfass ist.

So schwer der Einstieg war, so anstrengend ich das Buch immer wieder fand, es hat dennoch etwas – das ist, so hoffe ich, klar geworden. Dass zu diesem Buch auch Jungen greifen könnten, kann ich mir allerdings nicht vorstellen. Edyth Bulbrings Jugendroman ist eindeutig ein Buch für Mädchen – oder eben für Erwachsene.

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(Ulf Cronenberg, 06.01.2016)

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