(Bloomoon-Verlag 2014, 235 Seiten)
Da haben sich zwei Autoren zusammengetan und ein Buch für Kinder geschrieben: Frank Maria Reifenberg und Gina Mayer. Beide sind sicher einigen Jugendbuchlesern bekannt und waren als Einzelautoren in den letzten Jahren vor allem im Thriller-Metier unterwegs, sie haben aber immer auch noch anderes geschrieben (Gina Mayer z. B. Erwachsenenromane).
Mit „Die Schattenbande legt los!“ beginnt eine Reihe mit vier Kindern als Hauptfiguren, die in Berlin um das Jahr 1930 herum (genau wird das, sofern ich da nichts überlesen habe, nicht benannt) in städtische Abenteuer verwickelt werden. Im Band 1 geht es gleich voll zur Sache: Die Schattenbande wird in einen Mordfall verwickelt.
Inhalt:
Klara, Lina, Otto und Paule – so heißen die zwei Mädchen und zwei Jungen, die die Schattenbande bilden. Im Berlin vor dem Dritten Reich schlagen sie sich alleine durchs Leben, nachdem sie aus einem Waisenhaus entflohen sind. Einfach ist es nicht gerade, alleine in der Großstadt zurechtzukommen und immer etwas zu essen zu haben – doch, Gott sei dank, können die Vier sich auf ein paar Unterstützer verlassen.
Als Otto von einem Journalisten, für den die Schattenbande öfters arbeitet, in eine Pension bestellt wird, findet er dort nicht diesen, sondern eine alte Frau vor, die Otto noch ein Wort zuflüstern kann, bevor sie stirbt. Wie sich kurz darauf herausstellt, handelt es sich bei der mit einem Messer Ermordeten um die Großfürstin Drosskova. Kurz darauf trifft die Polizei ein und verhaftet Otto, dessen Messer am Tatort gefunden wurde. Kommissar Trettoff hat den dringenden Verdacht, dass Otto der Täter ist, obwohl dieser beteuert, dass er das Messer schon vor längerer Zeit verloren hat.
Als Ottos Freunde von der Verhaftung Wind bekommen, beschließen sie, Otto aus dem Gefängnis zu befreien. In einer gewagten Aktion gelingt ihnen das auch – ein Polizist kommt ihnen dabei unerwarteterweise zu Hilfe. Da Otto jedoch weiterhin als Mörder der Fürstin von der Polizei gesucht wird, beschließt die Schattenbande, selbst Nachforschungen anzustellen. Ein gefährliches Abenteuer beginnt.
Bewertung:
Mein erster Eindruck von dem Buch war nicht unbedingt positiv: Das Cover kommt ein wenig hausbacken daher, finde ich, und macht nicht wirklich Lust aufs Lesen. Dass ich die „Die Schattenbande legt los!“ gelesen habe, obwohl mir Jugendbücher außerdem in der Regel besser als Kinderbücher gefallen, liegt an den beiden Autoren. Ich wollte sehen, was die beiden als Duo auf die Beine gestellt haben und ob dabei ein gutes Kinderbuch herausgekommen ist. Ein bisschen überrascht war ich auch, dass die Geschichte nicht in der Gegenwart spielt (eigentlich schade), sondern im Berlin der 1920er oder 1930er Jahre. Ein Hauch Erich Kästner weht deswegen durchs Buch. Was Aktuelles wäre mir lieber gewesen …
Von meinen persönlichen Präferenzen abgesehen muss man dem Buch jedoch zugutehalten, dass es für die Altersgruppe von 9 bis 10 Jahren ein packendes Abenteuer bietet. Lina und Klara einerseits, Otto und Paule (der übrigens als Einziger der Vier „schrecklich“ berlinert) andererseits – mit den vier Hauptfiguren bietet das Buch passende Identifikationsfiguren für Jungen wie Mädchen. Jeder der Vier hat auch seine besonderen Vorzüge: Lina hat einen sechsten Sinn, ist außerdem ein wandelndes Lexikon; Klara glänzt als Taschendiebin, wenn die Bande knapp bei Kasse ist; Otto dagegen ist ein begabter Klettermaxe; und Paule könnte den Nachnamen Panzerknacker tragen, weiß der Bande außerdem mit seinen genialen Erfindungen immer wieder zu helfen.
Sympathisch findet man die Mitglieder der Schattenbande zweifelsohne von der ersten Seite an – klar, so sind die Figuren auch angelegt: Als Waisen, die einem schrecklichen Heim entflohen sind, stehlen sie zwar hier und da ein bisschen was, wenn der Hunger zu groß wird, ansonsten aber wollen und vertreten sie das Gute.
„Die Schattenbande legt los!“ ist nicht nur Detektivgeschichte mit Abenteuerelementen; nein, in das Buch sind auch ein paar mystische Elemente eingestreut: Es gibt eine Wahrsagerin, mit der die Schattenbande mehrmals konfrontiert wird, in großer Not öffnet sich nicht nur einmal eine vorher nicht vorhandene Tür … Ja, das ist schon gut gemacht: Das Buch bietet genau das, was Jungen und Mädchen im angezielten Lesealter gerne haben.
Wie das Buch am Ende grundsätzlich ausgeht, kann man ahnen – schließlich handelt es sich um ein Kinderbuch. Dass dabei jedoch auch die ein oder andere Überraschung auf den Leser wartet, sei verraten, mehr aber auch nicht. Ohne solch unerwartete Wendungen wäre das Buch auch allzu durchsichtig gewesen – da machen Frank Reifenberg und Gina Mayer schon alles richtig.
Illustriert wurde das Buch übrigens von Gerda Raidt, und während ich das Cover nicht besonders mag (für meinen Geschmack ist es auch zu dunkel gehalten), haben mir die schwarzweißen Illustrationen im Buchinnern, die kindgerecht und liebevoll gestaltet sind, gut gefallen. Sie sind ein wenig altmodisch, aber da das Buch ja vor gut 80 Jahren spielt, wäre alles andere auch unpassend gewesen.
Fazit:
4 von 5 Punkten. Das erste Abenteuer der Schattenband kann man Kindern ab 9 oder 10 Jahren bedenkenlos in die Hand drücken. Das Buch ist spannend, es ist in seiner Handlung nicht voraussehbar, die Hauptfiguren sind sympathisch, zugleich gibt es natürlich auch Bösewichte, die jedoch alles in allem gezähmt beschrieben werden.
Vielleicht ist zwischen den Zeilen der Bewertung oben aber auch herauszulesen, dass ich von dem Buch nicht restlos begeistert bin. Der Grund dafür liegt darin, dass mir die Anlage des Kinderromans zu durchsichtig ist: ein Buch für Jungen und Mädchen, eine Hommage an Erich Kästner, eine Geschichte, die zwar unerwartete Wendungen kennt, die aber zu sehr genau das bietet, was man von einem solchen Buch erwartet. Wo ist das, was einen an dem Buch wirklich überrascht? „Die Schattenbande legt los!“ ist unterhaltsam, charmant und erfüllt die Erwartungen; man merkt auch, dass Frank Reifenberg und Gina Mayer Spaß daran hatten, das Buch zu schreiben. Aber dem Buch fehlt zugleich auch etwas, das es zum Knüller macht.
Zugegeben, das sind hakelige Mäkeleien eines Erwachsenen, die Jungen und Mädchen im Alter von 10 Jahren nicht so wahrnehmen dürften. Aber wirklich gute Kinderbücher packen eben auch einen kritischen Leser so richtig, und das ist mir bei „Die Schattenbande legt los!“ eben nicht so gegangen. Um es etwas übertrieben auszudrücken: Mir ist das Buch alles in allem einen Tick zu brav.
(Ulf Cronenberg, 23.01.2014)
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P. S.: Der zweite Band mit der Schattenbande ist ebenfalls bereits erschienen und trägt den Titel „Die Schattenbande jagt den Entführer“.
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