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Buchbesprechung: Lola Renn „Drei Songs später“

renn_songsLesealter 14+(Bloomoon-Verlag 2013, 159 Seiten)

Immer, wenn ich den Namen der Autorin lese, muss ich unweigerlich an Tom Tykwers Film „Lola rennt“ aus dem Jahr 1998 denken. Mit dem Streifen wurde der deutsche Regisseur erstmals richtig bekannt. Was Lola Renns Buch „Drei Songs später“ angeht, gibt es jedoch keine Bezüge zu dem Kinofilm. Lola Renn arbeitet ansonsten als Illustratorin, „Drei Songs später“ ist ihr Debüt als Jugendbuchautorin und Erzählerin.

Inhalt:

Zeta ist ein 15-jähriges Mädchen, das ein wenig im Leben schwimmt. Schuld daran ist vor allem ihre Familiensituation. Ihr Vater arbeitet als Chemiker und ist ziemlich autoritär, weiß alles besser, kümmert sich jedoch wenig um seine Tochter. Außerdem trinkt er zu viel und ist aufbrausend. Zeta leidet darunter, dass ihre Mutter, eine Künstlerin, sich von ihrem Mann immer wieder abkanzeln lässt und sich nie wehrt. Das Sagen hat eindeutig Zetas Vater, und die Mutter stimmt ihm letztendlich immer zu.

In der Schule läuft es für Zeta gerade auch nicht gut – es sind vor allem die naturwissenschaftlichen Fächer, in denen sie schlechte Noten schreibt. Am liebsten möchte sie das Gymnasium wechseln, und es gibt auch eine Schule, in der Tanz als Leistungskurs angeboten wird. Zetas Vater hält das jedoch für Unsinn, weil Zeta so keine gescheite Schulausbildung bekommen würde, und so darf das Mädchen nicht die Schule wechseln, obwohl Tanzen und Ballett Zetas große Leidenschaften sind.

Seit einiger Zeit plagt Zeta heftiges Nasenbluten. Immer wieder tritt es heftig auf, und sie verliert manchmal so viel Blut dabei, dass ihr ganz schwindlig wird. Auch die Verödung der Nasenblutgefäße bringt keine Besserung. Zetas Vater möchte, dass seine Tochter an der Nasenscheidewand operiert wird – doch Zeta wehrt sich dagegen, weil eine Ärztin ihr gegenüber gemeint hat, dass das nicht sinnvoll sei. Nasenbluten trete oft auch aus psychosomatischen Gründen auf. Und so kommt es zu Hause zum großen Konflikt …

Bewertung:

„Drei Songs später“ beschreibt – so könnte man das zusammenfassen – letztlich ein Familiendrama. Zeta leidet unter ihrem dominanten Vater, der unberechenbar ist, außerdem die Gefühle und Wünsche seiner Tochter negiert. Dass der Buchtitel den Leser eher in eine andere Richtung lenkt, ist etwas seltsam – der Klappentext ist da etwas zielführender.

Lola Renns Erstlingsroman wird brav linear und aus der Sicht von Zeta erzählt, und wie das gemacht ist, wirkt recht authentisch. Man nimmt Zeta das, was da zusammengetragen wird, ab – dazu gehört eine gewisse Naivität der Erzählerin, wie sie zu einer 15-Jährigen passt.

Was die Grundhandlung angeht, so ist „Drei Songs später“ wohl eindeutig ein Buch, das eher Mädchen als Leser anspricht. Die Hobbys von Zeta, Ballett und Tanzen, aber auch das Erleben von Zeta sind so angelegt, dass sich viele Mädchen darin wiederfinden dürften. Am ehesten ist es das ebenfalls beschriebene Familiendrama, das das Buch auch für andere Leser interessant machen dürfte – aber dafür muss man schon ein großes psychologisches Interesse mitbringen.

Gern gelesen habe ich Lola Renns Buch alles in allem trotzdem. Die 160 Seiten liegen schnell hinter einem, man bekommt einen guten Einblick in die Lebenswelt eines Mädchens aus der heutigen Zeit. Allerdings hätte ich mir manchmal auch ein literarisch etwas ambitionierteres Buch gewünscht. Rückblenden, sprachliche Finessen hätten vielleicht die Glaubwürdigkeit von Zeta als jugendlicher Erzählerin ein wenig verringert, aber sie hätten das Buch zugleich etwas eindrücklicher machen können.

Dass es auch anders geht, zeigt ein anderes Jugendbuch, in dem es auch um ein Familiendrama geht und an das ich mich immer wieder beim Lesen von „Drei Songs später“ erinnert gefühlt habe: Beate Teresa Hanikas „Rotkäppchen muss weinen“. Mal abgesehen davon, dass Beate Teresa Hanika eine noch drängendere Geschichte, in der es um Missbrauch geht, erzählt, ist das Buch eben auch raffinierter aufgebaut: mit verschiedenen Zeitebenen, mit literarischen Motiven. Und auch das Beengende der Familiensituation wird bedrängender dargestellt.

Fazit:

4 von 5 Punkten. „Drei Songs später“ ist ein sympathisches und interessantes Buch, dem aber ein wenig Finessen fehlen. Das mag viele Leser(innen) nicht weiter stören, aber bei mir führte es dennoch dazu, dass ich mir beim Lesen dachte: Man hätte noch etwas mehr aus der Geschichte machen können … Dennoch: Zeta ist eine glaubwürdige Figur, deren Not gut beschrieben wird.

Ein wenig stolpern mag man über den Schluss der Geschichte: Die Auflösung des Familiendramas geht ein wenig schnell, und außerdem ist sie mir ein wenig zu gefällig. Ja, wenn Familiendramen wirklich am Ende immer so gut ausgehen würden … Das tun sie leider nicht. Man könnte das Ende natürlich als Mutmach-Schluss deuten: Man kann sich aus schwierigen Verhältnissen befreien. Aber die Schwäche daran ist: Es gibt nicht immer die guten Geister (in dem Fall ein Lehrer sowie die Mutter von Zetas bester Freundin), die einen so unterstützen.

Das ist am Ende nun vielleicht etwas viel Kritisches, das hier angemerkt wurde. Aber wer „Drei Songs später“ liest (und ich würde das Buch ja trotzdem empfehlen), sollte sich mit dem, was in dieser Besprechung steht und kritisch angemerkt wird, auch auseinandersetzen.

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(Ulf Cronenberg, 15.05.2013)

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Kommentare (0)

  1. Lali

    Ich finde, dass das Buch 5 von 5 Punkten erhalten sollte, denn als sie beim Arzt war, hab ich Gänsehaut gekriegt und konnte mitfühlen – aber nicht nur an dieser Stelle! Das Buch war eins der besten Bücher, die ich gelesen habe!

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