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Buchbesprechung: Mary E. Pearson „NIEundEWIG“

Cover Mary E. PearsonLesealter 14+(Fischer Schatzinsel 2012, 382 Seiten)

Ursprünglich war der Folgeband zu Mary E. Pearsons „ZWEIundDIESELBE“ gar nicht geplant, nehme ich an. Jedenfalls kann man das Buch, das 2010 für den Deutschen Jugendliteraturpreis nominiert war, als abgeschlossen ansehen. Das drei Jahre später erschienene „NIEundEWIG“ ist dennoch quasi ein zweiter Band, den man notfalls sicher auch alleine lesen kann, bei dem sich einem manches jedoch erst richtig erschließt, wenn man „ZWEIundDIESELBE“ kennt.

Inhalt:

260 Jahre sind vergangen, und Dr. Gatsbro, ein Wissenschaftler, hat Locke und Kara wieder zum Leben erweckt. Ihre Gedächtnisinhalte waren in dieser Zeit in einem Würfel gespeichert worden, und da auch die DNA zur Verfügung stand, konnte der Wissenschaftler auch ihre Körper rekonstruieren. Kara und Locke werden von Dr. Gatsbro gut versteckt gehalten – warum das so ist, wissen die beiden selbst nicht. Es gibt jedoch Gerüchte, dass das, was Dr. Gatsbro getan hat, nicht ganz legal war.

Als ein Besucher kommt, der sich für die Aufbewahrungsprozesse von Gedächtnisinhalten interessiert, merken Locke und Kara erstmals, warum sie wieder zum Leben erweckt wurden: Sie sollen Werbung für potenzielle Kunden von Dr. Gatsbro machen, der seine Technik verkaufen möchte. Locke ist entsetzt darüber, er und Kara beschließen zu fliehen. Seltsamerweise liegt kurz darauf Dr. Gatsbro anscheinend tot in seinem Zimmer. Kara und Locke verlassen Hals über Kopf mit dem Taxi des Besuchers das Gelände und entkommen gerade noch, bevor Dr. Gatsbros Gefolgsleute sie aufhalten können.

Die Flucht ist alles andere als einfach, schließlich waren Locke und Kara noch nie außerhalb des Anwesens. Die Welt ist ihnen fremd, sie verstehen vieles nicht – außerdem haben sie keine Ausweise. Doch sie finden unerwartete Hilfe: Dot, ihr Taxifahrer, ist zwar ein Bot (also ein künstlich hergestelltes Wesen), der es jedoch als Abenteuer sieht, ihnen zu helfen. Miesha, eine Hausangestellte von Dr. Gatsbro, steht ihnen unerwarteterweise auch zur Seite.

Doch die Häscher von Dr. Gatsbro, der anscheinend doch noch lebt, sind ihnen auf den Fersen. Locke und Kara werden bei einem Kampf mit diesen schließlich getrennt. Locke ahnt, wo Kara hin wollen könnte und bricht selbst zu dem Ort auf: zu Jenna, ihrer früheren Freundin, die dank Biotechnologie noch immer lebt – und zwar in Kalifornien …

Bewertung:

Ich stehe Sequels oft recht kritisch gegenüber und war von daher Mary E. Persons neuem Roman gegenüber anfangs eher skeptisch. Zu häufig sind Folgebände nur ein Abklatsch des ersten Buchs, an dessen Erfolg ein Autor anknüpfen möchte. „NIEundEWIG“ (Übersetzung: Maren Illinger) mag diese Motivation durchaus zugrunde liegen, trotzdem funktioniert das Buch und ist nicht nur ein Kopie.

Im Vergleich zu „ZWEIundDIESELBE“ ist “NIEundEWIG“ sicher das spannendere und actionbetontere Buch. Der Mittelteil des Romans besteht quasi aus einer Art Verfolgungsjagd, die durchaus packend ist. Die Science-fiction-Elemente, die in „ZWEIundDIESELBE“ eine eher untergeordnete Rolle spielen, sind deutlicher konturiert: Das Transnet als Verkehrssystem der Zukunft wird z. B. dargestellt, von Bots, die verschiedene Dienstleistungsberufe ersetzen, ist immer wieder die Rede … „ZWEIundDIESELBE“ hatte einen ganz anderen Schwerpunkt: Das Buch war eher geheimnisvoll und lotete Psychologisches aus, während die Zukunft der Biotechnologie nur Beiwerk war.

War im Vorgängerbuch Jenna die Hauptfigur, so ist es diesmal Locke. So ganz unähnlich sind sich die beiden Hauptfiguren nicht. Beide kennen Zweifel, sie wissen oft nicht, wie sie Dinge bewerten sollen, sie verstehen häufig nicht, was um sie herum geschieht. Wem das in „ZWEIundDIESELBE“ wichtig war, den bedient Mary E. Pearson auch hier, und die Darstellungsweise ist stilistisch recht ähnlich: Viele Fragen gibt Locke als Erzähler an den Leser weiter, und in kurzen Sätzen schildert er seine Nöte. Das kennt man als Leser bereits vom Vorgängerbuch und fühlt sich sofort auch in „NIEundEWIG“ heimisch.

Letztendlich ist „NIEundEWIG“ damit ebenso ein gelungenes Buch – literarisch vielleicht ein bisschen weniger anspruchsvoll als „ZWEIundDIESELBE, dafür aber von der Handlung her etwas packender. Jugendliche Leser dürften der Autorin das jedenfalls danken …

Fazit:

4-einhalb von 5 Punkten. Für Fans von „ZWEIundDIESELBE“ ist Mary E. Pearsons Roman ein Buch, auf das sie gewartet haben dürften und auf das sie sich freuen können. Die Autorin hat genau die richtige Mischung aus Fortsetzung der Geschichte mit ähnlichen Elementen und aus Neuem gefunden. „NIEundEWIG“ bietet eine fesselnde Story, ist aber auch wegen seiner behutsam ausgemalten Zukunftsvision interessant. Zugleich bleibt die Autorin sich treu, indem sie in Locke einen ähnlich gestalteten Protagonisten wie Jenna im Vorgängerband zur Hauptfigur gemacht hat.

Für mich bleibt „ZWEIundDIESELBE“ dennoch das leicht bessere Buch, weil es psychologisch etwas raffinierter gehalten ist und damals etwas gänzlich Neues thematisierte, während „NIEundEWIG“ eben dennoch eine Fortsetzung ist. Aber empfehlenswert ist Mary E. Pearsons neues Buch zweifelsohne.

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(Ulf Cronenberg, 17.09.2012)

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