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Buchbesprechung: Jay Asher & Carolyn Mackler „Wir beide, irgendwann“

Cover Jay Asher & Carolyn MacklerLesealter 13+(cbt-Verlag 2012, 394 Seiten)

Es scheint in Mode zu sein, dass sich zwei Autoren zusammentun und gemeinsam ein Buch schreiben. Nicht zufälligerweise werden diese Jugendromane dann meist zweiperspektivisch erzählt: Autor 1 (im vorliegenden Fall Jay Asher) übernimmt z. B. den Part eines Jungen, Autorin 2 (Carolyn Mackler) widmet sich der weiblichen Hauptfigur. Trickreich und wohl auch bewährt ist das Rezept, stellt es doch sicher, dass zwei Erzähler unterschiedliche Stimmen bekommen. Ob das Buch dann auch gut ist, hat damit jedoch noch nichts zu tun.

Inhalt:

1996 ist Emma 16 Jahre alt und bekommt von ihrem Vater, der inzwischen neu geheiratet und mit seiner neuen Frau ein weiteres Kind bekommen hat, einen Computer geschenkt. Der Computer ist schnell eingerichtet, und als Emma das erste Mal länger im Internet herumschaut, stößt sie auf eine seltsame Seite: „Facebook“ steht darüber; außerdem findet sie dort ihren eigenen Namen, und das Bild auf der Seite kommt ihr auch vertraut vor. Die Frau sieht wie sie selbst, bloß 15 Jahre älter aus.

Emma kann sich keinen Reim auf die Webseite machen und wendet sich deswegen an Josh, einen Freund und Nachbarn, auch wenn ihre Freundschaft vor einem halben Jahr einen großen Knick bekommen hat. Josh wollte mehr von Emma, sie aber nicht von ihm. Auch Josh ist darüber erstaunt, was er sieht, denkt jedoch, dass sich da jemand einen Scherz erlaubt hat.

Immer wieder schauen die beiden in den nächsten Tagen die Facebook-Seite an, und auch wenn sie beide sich das nicht erklären können: Irgendwann glauben sie daran, dass die Facebook-Seite wirklich aus der Zukunft stammt. Emma ist schockiert, was da über ihr zukünftiges Leben steht: Ihr Mann scheint sie auszunützen, sie selbst scheint unglücklich zu sein. Emma will diese Zukunft nicht haben und setzt alle Hebel in Bewegung, ihren zukünftigen Mann ausfindig zu machen, um ihm später aus dem Weg gehen zu können.

Als Emma ihn aufspürt und herausfindet, dass sie ihn in einer bestimmten Universität kennen lernen wird, beschließt sie, diese Uni – ihren bisherigen Favoriten – von ihrer Auswahlliste zu streichen. Und seltsamerweise verändert sich auch die Facebook-Seite daraufhin: Emma ist dort mit einem anderen Mann verheiratet – allerdings nach wie vor nicht glücklich.

Bewertung:

Jay Asher dürften viele Jugendliche von seinem Roman „Tote Mädchen lügen nicht“ kennen – einem Buch, das vor gut drei Jahren viel Aufmerksamkeit bekommen hat. Bei Kritkern kam das Buch nicht so gut an wie bei Jugendlichen, Erstere haben sich vor allem an dem recht amerikanischen Touch des Buches gestört. Ich fand den Jugendroman jedoch sehr raffiniert aufgebaut und packend inszeniert. Lange war es um Jay Asher still, und jetzt hat er sich mit Carolyn Mackler zusammengetan (von der ich noch kein Buch gelesen habe) und sich wieder einem brisanten Thema genähert: Facebook. So scheint es zumindest auf den ersten Blick …

„Wir beide, irgendwann“ (Übersetzung: Knut Krüger) scheint mit der Facebook-Idee sehr gezielt auf junge Leser von heute hingeschrieben worden zu sein. Explizit haben sich bisher eher wenige Jugendbücher mit dem Thema beschäftigt. Eine etwas seltsame Konstruktion ist das, bei der man sich anfangs darüber wundert, dass zwei Jugendliche einfach eine Webseite aus der Zukunft aufrufen können. Doch Literatur darf solche Gedankenspiele anstellen. So ganz sicher, ob es in diesem Fall gelungen ist, bin ich mir allerdings nicht.

Lange habe ich gedacht, dass „Wir beide, irgendwann“ ein kritisches Buch über Facebook ist – und das Buch enthält in Ansätzen solche Elemente. Aber letztendlich dreht sich der Jugendroman – das merkt man, je weiter man liest – um eine andere Frage: Wie nehme ich als Jugendlicher mein Leben in die Hand? Emma lässt sich lange davon beeinflussen, was sie über ihre Zukunft erfährt (Josh im Übrigen auch, wenn auch nicht so extrem) und versucht korrigierend einzugreifen. Das gelingt ihr zumindest teilweise, aber zugleich versagt sie in dem Punkt, ihr Leben so zu ändern, dass sie in 15 Jahren glücklich wird.

Das Ende des Buches liegt dann nach gut zwei Dritteln auf der Hand und ahnt man voraus, und damit werden vor allem die romantischen Sehnsüchte von Leserinnen (vielleicht auch Lesern) bedient. Das ist letztendlich auch das, was mich an dem Buch gestört hat: Es ist weniger eine scharfsinnige Analyse des Facebook-Phänomens (das wäre ja mal ein Buchthema gewesen!) als eben ein unterm Strich doch eher oberflächlicher Liebesroman. Damit mag man Leser gewinnen, aber langfristig ins Gedächtnis der Leute schreibt man sich so nicht.

All das ist schade, denn ab und zu spitzt ein wenig von Jay Ashers Stil, der „Tote Mädchen lügen nicht“ so packend machte, hervor. Es sind kurze Momente, wo Jay Asher (mal vorausgesetzt, dass er die Abschnitte, in denen Josh erzählt, geschrieben hat) mit einem Kurzsatzstil einen Hauch Dramatik und Tiefe zu erzeugen vermag – doch leider sind solche Momente die Ausnahme. Über weite Teile ist das Buch solide, aber keineswegs aufsehenerregend geschrieben.

Fazit:

3 von 5 Punkten. Jay Asher und Carolyn Mackler haben zusammen ein Buch geschrieben, das ich zwar schnell und irgendwie auch gerne gelesen habe, das aber bei eindringlicher Betrachtung einem kritischen Blick auf mehreren Ebenen nicht standhält. Aus der Idee mit Facebook hätte man mehr machen können, ja müssen – letzten Endes bleibt das Nachdenken über Facebook in dem Buch sehr oberflächlich. Der Clou mit der Facebook-Idee ist weniger Anlass für eine hintergründige Analyse als Ausgangspunkt für ein Gedankenspiel, das jedoch am Ende nur eine Liebesgeschichte transportiert. Das ist mir, ehrlich gesagt, gerade bei einem Autor wie Jay Asher, der schon ein bedrängenderes und packenderes Buch geschrieben hat, zu wenig; das ist letztendlich etwas enttäuschend.

Wahrscheinlich wird „Wir beide, irgendwann“ dennoch viele Leser finden – die ellenlange Liste der positiven Bloggerreaktionen auf der cbt-Webseite zum Buch (obwohl der Roman ja erst 10 Tage lieferbar ist – da hat cbt aber ganz schön vorgearbeitet) scheint das zu bestätigen. Allerdings findet man hier vor allem lobende Adjektive wie „gefühlvoll“, „ergreifend“, „wunderschön“ … – tja, und das zeigt dann leider auch, wohin die Reise mit diesem Buch geht: nicht in eine gesellschaftskritische, sondern in die romantische Richtung. Die Botschaft und Grundaussage des Buchs ist banal und sehr amerikanisch: „Nimm dein Leben in die Hand – dann kannst du glücklich werden.“ Tja, wenn es immer so einfach wäre … Damit hat das Buch am Ende, finde ich, verschenkt, was es nach der anfänglich interessanten Facebook-Idee hätte sein können.

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(Ulf Cronenberg, 09.09.2012)

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Kommentare (0)

  1. Barbara Beiner-Meßing

    Hallo Ulf.
    Stimme deiner Einschätzung zu. Ich bin auf der Suche nach Lektüren unterschiedlichen Niveaus zum Thema „Medien“ über „Wir beide, irgendwann“ gestolpert. Aber in der Tat geht es mehr um „Zukunft“ oder auch um „Lebensgestaltung“ als um „Facebook“. Schade, ich hatte mir mehr erhofft. Sonst ist‘s ganz kurzweilig.

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  2. Johanna

    Ich fand das Buch total gut. Ja, es stimmt, es ist nicht ein Roman, der Facebook kritisch gegenübersteht.
    Auch ich habe das anfangs vermutet, aber ich konnte mich dann recht gut darauf einlessen, dass es „nur“ ein Liebesroman ist.
    Ich muss dir zustimmen: Es ist ein einfacher, romantischer Liebesroman. Ich finde es aber komisch, dass ein solches Buch gleich schlechter bewertet werden muss. Ich habe das Buch verschlungen und fand es total gut und auch nicht langweilig.

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  3. Beatrix Petrikowski

    Natürlich ist es nicht immer so einfach, dass man ein Leben nur in die Hand nehmen muss, um glücklich zu werden. Nur, wer die Hände in den Schoß legt und darauf hofft, dass sich etwas ändert, bei dem klopft das Glück bestimmt nicht an. Also ist an der Aussage im Kern schon was dran!

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