(Mare-Verlag 2012, 361 Seiten)
Was für ein stilvolles Buchcover! Das hab ich mir gleich gedacht, als ich das Buch gesehen habe. Frances Greenslades Roman wurde mir von einer befreundeten Buchhändlerin empfohlen, die weiß, dass ich gerne nach Grenzgängern zwischen Jugend- und Erwachsenenliteratur suche. Und genau das ist „Der Duft des Regens“: ein Buch, erschienen in einem Erwachsenenverlag, das jedoch eine jugendliche Erzählerin hat und deswegen auch ein Buch für Jugendliche sein könnte.
Maggie und die etwas ältere Jenny sind Schwestern und leben mit ihren Eltern in den Wäldern Kanadas. Während Jenny ein eher unbekümmertes Mädchen ist, macht sich Maggie ständig um alles Sorgen. Doch anstatt damit Probleme abzuwehren, scheint es so, als kämen sie geballt auf sie zu.
Der Vater der Mädchen, der als Holzfäller arbeitet, stirbt bei einem Unfall im Wald. Maggies und Jennys Mutter versucht, mit den Mädchen alleine durchzukommen – doch das ist nicht einfach. Irgendwann, als das Geld ausgeht, beschließt sie, ihre Töchter zu einem kinderlosen Ehepaar zu geben, um in weiter entfernten Dörfern arbeiten zu können.
Mehrere Monate sehen Maggie und Jenny ihre Mutter nicht und erhalten von ihr nur kurze und unverbindliche Briefe. Die Mutter schickt außerdem immer wieder Geld an das Ehepaar, das die beiden aufgenommen hat. Doch irgendwann bleiben sowohl die Briefe als auch die Geldzahlungen aus. Maggie macht sich große Sorgen und versteht nicht, was passiert ist. Will ihre Mutter nichts mehr mit ihnen zu tun haben? Oder lebt sie am Ende gar nicht mehr?
„Der Duft des Regens“ (Übersetzung: Claudia Feldmann) ist ein recht stilles Buch. Es erzählt die Geschichte von Maggie und ihrer Schwester Jenny, denen, nachdem der Vater gestorben ist, auch die Mutter abhanden kommt. Das ist vielleicht etwas seltsam formuliert, beschreibt aber ganz gut, wie Maggie, die in dem Roman die Erzählerin ist, das erlebt. Zunächst lässt ihre Mutter sie beide zurück, um arbeiten gehen zu können, doch dann meldet sie sich einfach irgendwann nicht mehr, ohne das ihren Töchtern zu begründen.
Für ein junges Mädchen ist das natürlich eine schlimme Erfahrung, und Frances Greenslade gelingt es, sehr glaubwürdig zu beschreiben, wie Maggie das alles zu verarbeiten versucht. Die sorgenvolle Maggie kommt letztendlich viel schlechter damit zurecht als ihre ältere Schwester Jenny, die lernt, trotzdem – zumindest anfangs – das Lebenzu genießen. Später gerät Jenny jedoch etwas auf die schiefe Bahn.
Maggie nimmt sich alles viel mehr zu Herzen, kann das Verschwinden ihrer Mutter nicht ertragen und macht sich dann folgerichtig auch irgendwann, als sie es nicht mehr aushält, auf den Weg, um ihre Mutter zu suchen. Letztendlich war dieses letzte Drittel des Romans dann auch der Teil, der mir deutlich besser als die Seiten davor gefallen hat. Das vorher recht bedächtige Buch wird spannender, weil die Handlung fahrt aufnimmt. Was aber wichtiger ist und das Buch interessanter macht: Maggie erfährt auf ihrer Reise nach und nach, dass ihre Mutter vor ihren Kindern einige Geheimnisse verborgen hat. Und sie liefern dann auch die Erklärung für das Verschwinden der Mutter.
Fazit:
3 von 5 Punkten. In abgeschmackten Kategorien gedacht, würde ich sagen, dass „Der Duft des Regens“ eher ein Frauen- und Mädchenbuch ist. Ich war nach den lobenden Worten von anderer Seite lange etwas enttäuscht von dem Buch. Klar, Frances Greenslade schafft es hervorragend, die Stimmung von Kanadas Wäldern einzufangen, auch versetzt sie sich sehr gut in das Denken und Erleben eines 14-jährigen Mädchens. Für das Buch spricht auch, dass Frances Greenslade sehr einfühlsam und interessante Figuren geschaffen hat (man denke nur an Vern und seinen Onkel Leslie). Aber bis zur Mitte des Romans habe ich mehrmals den Wunsch verspürt, die Handlung etwas vorantreiben zu wollen.
Das ist meiner Meinung nach auch die Schwäche des Buches, die es nur für wenige Jugendliche zu einer empfehlenswerten Lektüre machen dürfte: dass es zu sehr Epos und zu wenig eine stringente Erzählung ist. Man muss eine schon etwas erfahrenere Leserin sein, um Gefallen an Frances Greenslades Buch zu finden. Jungen in dem Alter werden mit diesem Buch – da bin ich mir sicher – eher nichts anfangen können.
(Ulf Cronenberg, 22.08.2011)
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Hat das Buch 3 oder 4 Punkte? Ich glaube, Sie haben ein Sternchen zu viel angeklickt. ^^
Ja, du hast Recht, da ist ein Punkt zu viel … Habe ich heute Früh gemerkt (ich lese die Artikel zur „Qualitätskontrolle“ ein paar Tage später immer noch mal), genauso wie einen Kommafehler, beides aber noch nicht ausgebessert. Aber jetzt …
Von mir gibt es fünf von fünf Punkten! „Der Duft des Regens“ ist eines meiner Lieblingsbücher 2012. Kein Jugendbuch – das stimmt, als solches ist es ja auch nicht erschienen – aber eine ungeheuer bewegende und großartig erzählte Geschichte über zwei Mädchen auf der Suche nach ihrer Mutter. (Ganz am Rande: Es ist ein Mädchen- und Frauenbuch – das finde ich auch. Aber warum verwendest du diesen Begriff so abwertend?)
Gina, ich würde nicht sagen, dass ich den Begriff „Frauen- und Mädchenbuch“ negativ verwende. Ich meinte eigentlich nur, dass Kategorien wie „Jungenbuch“, „Mädchenbuch“ etc. mir oft eher etwas suspekt vorkommen …