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Buchbesprechung: Linzi Glass „Die Farben der Freundschaft“

Cover Linzi GlassLesealter 14+(Hanser-Verlag 2012, 221 Seiten)

Linzi Glass ist in Südafrika aufgewachsen, bevor sie als Jugendliche in die USA auswanderte. „Die Farben der Freundschaft“ ist der zweite Jugendroman der Autorin, und wie schon in ihrem Debüt „Im Jahr des Honigkuckucks“ spielt das Buch in Südafrika zur Zeit der Apartheid, der Rassentrennung zwischen Weißen und Schwarzen. Beide Bücher erzählen damit Geschichten aus einer Zeit, die Linzi Glass noch aus eigener Jugendzeit kennt – und das macht ihre Bücher auch so authentisch.

Inhalt:

Rubys Familie gehört zu den wenigen weißen Familien, die gegen die Rassentrennung sind, und ihre Eltern unterstützen, so weit es geht, die Farbigen im Widerstand gegen das Unrechtsregime. Ihr Vater tut dies als Rechtsanwalt, ihre Mutter, die eine Kunstgalerie unterhält, indem sie farbige Künstler aus den Townships fördert. Mit Julian hat die Familie inzwischen in ihrem Haus einen farbigen Künstler aufgenommen, doch niemand darf davon wissen. Rubys Mutter plant eine große Ausstellung mit den gefühlsintensiven Bildern von Julian, gefährlich wird es jedoch, als die Geheimpolizei davon Wind bekommt.

Ruby darf in ihrer Schule, auf die nur englischsprachige Schülerinnen und Schüler gehen, nichts von all dem erzählen, nicht einmal zu Hause besuchen dürfen sie ihre besten Freunde. Die Situation in der Schule spitzt sich für das Mädchen zu, als es nach einem Rugby-Spiel der Jungen-Schulmannschaft gegen eine andere Schule eine neue Freundin findet: Loretta ist Burin und gehört damit zur Afrikaans sprechenden und die Apartheid besonders vehement unterstützenden Bevölkerungsschicht. Loretta scheint jedoch keine Vorurteile zu haben: weder der Englisch sprechenden noch der farbigen Bevölkerung gegenüber.

Dramatischer und bedrängender wird alles, als Ruby sich in Lorettas Bruder Johann verliebt und diesen auf den Schulball einlädt. Schon nach kurzer Zeit wird Johann als ungern gesehener Gast in eine Schlägerei verwickelt, und die Folge ist, dass sich immer mehr Mitschüler von der bis dahin beliebten Ruby abwenden.

Bewertung:

Das Terrain aus „Die Farben der Freundschaft“ (Übersetzung: Ulli und Herbert Günther) kommt einem bekannt vor, wenn man Linzi Glass‘ Erstlingswerk gelesen hat. Die gesellschaftliche Situation ist die gleiche, wieder spielt das Buch in einer Familie, die jedoch diesmal anders konturiert ist. War die Familie in „Im Jahr des Honigkuckucks“ zerrüttet und spielte sich das Drama im Laufe des Buches dort ab, so kann man Rubys Familie als intakt ansehen, und die Probleme werden von außen in die Familie hineingetragen.

Ruby ist eine sympathische und auf ihre Art beeindruckende Hauptfigur, in die man sich als Leser gut hineinversetzen kann. Das Mädchen versucht, sich gegen Vorurteile und gegen die Unterdrückung Farbiger zu wenden, aber letztendlich kann Ruby – ihre Ohnmacht spürt sie allenthalben – überhaupt nichts dagegen unternehmen. Sie ist mehr oder weniger ein Spielball der Umstände, und die Situation spitzt sich im Laufe des Buches so zu, so dass das Mädchen sich am Ende völlig hilflos und verloren fühlt. Lediglich die Liebe zu Johann und das innige Verhältnis zu Julian und ihren Eltern geben dem Mädchen Halt.

Auch in ihrem zweiten Jugendroman zeigt sich Linzi Glass als Autorin, die gekonnt die Gefühle ihrer Figuren zu beschreiben weiß – das gilt vor allem für Ruby, die in ihren Gefühlen immer wieder zwischen Johann und Julian hin- und hergerissen ist. Behutsam setzt die Autorin dabei sprachliche Bilder ein – nie aufdringlich und immer passend.

Was die literarische Konstruktion angeht, war „Im Jahr des Honigkuckucks“ jedoch das eindeutig raffiniertere Buch. Hier gab es südafrikanische Geschichten, die in das Buch eingearbeitet waren, und mit dem Honigkuckuck zog sich ein klug platziertes Motiv durch das Buch. Mit dem Farben-Motiv versucht Linzi Glass das auch in ihrem neuen Werk – doch das ist weniger eindrücklich und tief in das Buch eingebettet. Gleiches gilt für die Figuren. Nachtwächter Buza im Debüt war manchem Leser zu klischeehaft angelegt, aber meiner Meinung nach gab er dem Buch eine Tiefe und Stimmung, an die „Die Farben der Freundschaft“ nicht herankommt.

Das ist vielleicht etwas zu viel des Vergleichens, vor allem, weil es so klingt, als wäre „Die Farben der Freundschaft“ kein gutes Buch. Doch das kann man so wirklich nicht sagen. Auch Linzi Glass‘ neues Buch zeichnet gekonnt das Sittenbild einer schlimmen Zeit in der südafrikanischen Geschichte und bringt Lesern nahe, wie sehr viele Menschen an den gesellschaftlichen Zuständen dieser Zeit gelitten haben.

Fazit:

4 von 5 Punkten. Fassen wir zusammen: Linzi Glass ist auch mit ihrem zweiten Jugendroman ein gutes Buch gelungen, auch wenn es im Vergleich zu ihrem Debüt leicht abfällt. Linz Glass‘ Stärken, die einfühlsame Zeichnung der Figuren und das Nachzeichnen eines Unrechtregimes, das das Leben sehr vieler Menschen stark beeinträchtigt hat, werden auch in ihrem neuen Buch ausgespielt. Dass es sprachlich ab und zu ganz leicht etwas hakt, kann man dem Buch verzeihen – vielleicht hätte das Buch noch ein ein wenig gründlicheres Lektorat verdient gehabt.

Dennoch: „Die Farben der Freundschaft“ ist ein lesenswertes Buch, ein Buch, das gekonnt seine subtile Spannung nach und nach zu steigern weiß, ein Buch, das Lesern heute deutlich macht, was es hieß, zur Zeit der Apartheid in Südafrika zu leben – und das war wahrlich kein Zuckerschlecken …

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(Ulf Cronenberg, 22.03.2012)

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Kommentare (0)

  1. Cel

    Das Buch war megasuper! Aber auch ziemlich traurig … :'(

    Antworten

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