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Kurzrezension: Anna Kuschnarowa „Junkgirl“

Cover Anna KuschnarowaLesealter 12+(Gulliver-Verlag 2011, 223 Seiten)

Jugendbücher über das Thema Drogen gibt es einige, auch wenn es meines Eindrucks nach im Moment nicht ein so großes Thema wie zu früheren Zeiten ist. „Junkgirl“ ist jedenfalls wieder einmal ein deutsches Buch darüber und beschreibt den Abstieg eines Mädchens in die Drogensucht mit all den schlimmen Folgen, die das hat. Schön zu lesen sind solche Bücher natürlich nicht, das größere Problem mit Büchern über Drogen, das ich habe, ist aber ein anderes: Wirklich gefährdete Jugendliche bewahren solche Bücher wohl sowieso nicht vor einer „Drogenkarriere“ … So ist das wohl leider. Nun aber zu „Junkgirl“:

Alissa stammt aus einer ziemlich erfolgreichen und christlich orientierten Familie, die jeden Sonntag brav in die Freikirche geht. Ihre großen Geschwister verhalten sich stets vorbildlich, nur Alissa als Jüngste passt nicht ganz in dieses Bild: Sie verhält sich eher widerborstig und kann mit dem Getue in der Familie nur begrenzt etwas anfangen.

In der Schule lernt Alissa Tara, eine neue Schülerin, kennen. Tara ist ganz anders als Alissa: Sie lässt sich nichts gefallen, und mit ihren abgefahrenen Klamotten fällt sie überall auf. Warum Tara sich überhaupt mit ihr abgibt, versteht Alissa überhaupt nicht. Doch schon bald unternehmen die beiden oft etwas miteinander – und Alissa gerät in einen gefährlichen Strudel.

Es beginnt damit, dass Alissa nicht mehr zu den verabredeten Zeiten nach Hause kommt, dass sie ihren Eltern gegenüber zunehmend unverschämt auftritt und ihren Kleidungsstil (zunächst heimlich) ändert … Dass Tara Drogen verfallen ist, bemerkt Alissa erst recht spät. Tara möchte ihre Freundin davor bewahren, doch Alissa lässt sich nicht davon abhalten …

Das klingt nach einer typischen Drogengeschichte, die hier erzählt wird, und letztendlich ist „Junkgirl“ genau das. Es wird beschrieben, wo Alissa herkommt, inwiefern ihre Familienverhältnisse sie für Drogen anfällig machen und wie das Mädchen mit Drogen in Kontakt kommt. Die zweite Hälfte des Romans handelt dann vom Abstieg Alissas. Es geht ihr nur noch darum, Drogen zu bekommen, und eine Grenze nach der anderen fällt, um an Geld zu kommen. Etwas richtig Neues ist Anna Kuschnarowas Buch da nicht – das hat man so ähnlich mit anderen Parametern schon in anderen Büchern gelesen.

„Junkgirl“ wird von Alissa rückblickend erzählt – das Mädchen ist inzwischen in einem Internat und will das Abitur machen. Insofern gibt es in der Geschichte von Anfang an einen Hoffnungsschimmer, der jedoch nicht so ganz endgültig ist. Denn Alissa beschreibt, dass sie sich nach dem Ende ihrer Drogensucht einsam und anders als andere fühlt, dass die Sucht in Form ihres Alter Egos Alice noch immer in ihr steckt.

Das Buch ist durchzogen von fettgedruckten Zwischenanmerkungen, in denen Alice als drogenhungriges Monster Zwiesprache mit Alissa hält. Und da wird – das gehört zu den Stärken des Romans – deutlich, dass man zwar clean sein kann, aber weiterhin süchtig bleibt.

Fazit:

4 von 5 Punkten. Dass Anna Kuschnarowa wortgewandt schreiben kann, ist nicht zu übersehen, auch wenn ich über die ein oder andere Formulierung gestolpert bin. Aber das war eher die Ausnahme und betrifft am ehesten die Darstellung der Drogenerfahrungen, bei denen ich manchmal das Gefühl hatte, dass sie zu positiv geschildert werden. Ansonsten erzählt „Junkgirl“ insgesamt eine typische Drogenschichte, die allerdings sehr authentisch rüberkommt und im Vergleich zum schon etwas antiquierten „Wir Kinder vom Bahnhof Zoo“ (der Klassiker von Christiane F.) in der heutigen Zeit spielt.

Anna Kuschnarowa trifft alles in allem den richtigen Ton, wenn es darum geht, dass Alissa nach und nach abrutscht und unvorstellbare Dinge tut, um an Geld für Heroin zu kommen. Hier wird nichts verschwiegen, aber auch nicht zu explizit und detailliert beschrieben. Weniger gelungen fand ich jedoch die fettgedruckten Stellen des Jugendromans: Für meinen Geschmack sind die Kommentare des drogenhungrigen Vamps Alice, der noch immer in Alissa steckt, zu plakativ und klischeehaft geschrieben, auch wenn sie verdeutlichen, dass man selbst in der Abstinenz noch lange mit der Sucht zu kämpfen hat.

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(Ulf Cronenberg, 19.09.2011)

P. S.: Ein bisschen Ärger muss ich auch noch loswerden. Wie kann man auf der Rückseite des Buches mit dem folgenden Klappentext für Anna Kuschnarowas Buch werben? Ich zitiere ihn mal vollständig, wobei mir vor allem beim letzten Absatz der Hut hochgeht.

„Die Zeit mit Tara war die großartigste Zeit meines Lebens. Und die beschissenste.“
Alissa: blond, Alien, unscheinbar.
Tara: pitchblack Angel, laut, mittdendrin.
Liebe: sehnsuchtsvoll, zärtlich, unendlich.
Drogen: verführerisch, berauschend, gefährlich.

Drogen in dieser Kombination als „verführerisch, berauschend, gefährlich“ zu bezeichnen, empfinde ich als verharmlosend und perfide!

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