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Buchbesprechung: Narinder Dhami „Böser Bruder, toter Bruder“

Cover Narinder DhamiLesealter 13+(Ravensburger-Verlag 2011, 235 Seiten)

Thriller sind bei Jugendlichen derzeit ziemlich beliebt – kein Wunder, versprechen sie doch Spannung und Nervenkitzel, die beide selbst Lesemuffel am Lesen halten. Narinder Dhami wurde durch ihr Buch „Kick it like Beckham“, das ich jedoch nicht gelesen habe, bekannt. Der vor etwa 10 Jahren erschienene Roman wurde sogar verfilmt. „Böser Bruder, toter Bruder“, das neueste Buch der englischen Schriftstellerin, ist ein waschechter Jugendthriller – Cover und Titel lassen das ja schon vermuten.

Inhalt:

Mias Leben ist fast so etwas wie ein Scherbenhaufen. Ihre Mutter ist seit einiger Zeit manisch-depressiv und hängt entweder antriebslos im Bett herum oder nervt ihre Kinder in den manischen Phasen mit tausenden von Ideen, die jedoch nie umgesetzt werden. Nach dem Tod ihres Opas hat Mias Mutter leider ihre Medikamente, die ihre psychische Erkrankung bisher in Schach gehalten hatten, abgesetzt. Seitdem ist es mit ihr kaum noch auszuhalten.

Mia und ihr Zwillingsbruder Jamie haben schon alles versucht, um ihre Mutter zum Arzt zu bringen, damit diese ihre Medikamente wieder nimmt – doch erfolglos. Jamie droht seit längerem damit, dass er nicht mehr zusehen wolle, wie die eigene Mutter das Leben der Familie kaputt macht. Vage kündigt er Mia gegenüber etwas an, um seine Mutter wachrütteln zu wollen, ohne jedoch Genaueres verlauten zu lassen.

Dann kommt es eines Tages in Mias Schule zu einem Amoklauf. Ein Schüler scheint, wie langsam durchsickert, eine 9. Klasse in seine Gewalt gebracht zu haben, während die restlichen Schüler aus dem Schulgebäude flüchten konnten. Mia ist sich fast 100 %-ig sicher, dass Jamie der Täter ist, und beschließt, im Gebäude zu bleiben und ihn zu suchen. Doch hierzu muss sie zunächst in das Nebengebäude gelangen – ein ziemlich gefährliches Vorhaben, weil die Schule inzwischen von bewaffneten Polizisten umstellt ist. Und schließlich könnte es ja auch sein, dass Jamie gar nicht der Täter ist …

Bewertung:

„Böser Bruder, toter Bruder“ (Übersetzung: Kerstin Winter) ist beileibe nicht das einzige Jugendbuch, das in den letzten Jahren das Thema Amoklauf aufgegriffen hat. Jennifer Browns „Hassliste“ z. B. hat sich ebenfalls mit dem Thema beschäftigt.

Was mich an den meisten Büchern zu diesem Thema stört, ist ihre etwas stereotype Behandlung der Hintergründe eines Amoklaufs. Fast immer stehen familiäre Schicksale dahinter, die meiner Meinung nach allein jedoch eher selten als Motiv für eine solche Tat ausreichen. Narinder Dhamis Jugendroman spielt hier – wie man zumindest anfangs glaubt – keine Ausnahme. Die psychisch kranke Mutter wird als Hauptmotiv für den Amoklauf angeführt.

Doch dann wird man im letzten Drittel des Buches von einer Wendung des Geschehens überrascht, durch die meine diesbezüglichen Bedenken gegenstandslos werden. Ich will nicht zu viel verraten, aber kurz vor Ende passiert etwas, was wohl kein Leser vorausgesehen hat. Genau so soll es bei einem Thriller ja auch sein …

„Böser Bruder, toter Bruder“ ist nicht nur deswegen ein gelungenes Buch, sondern Narinder Dhami gelingt es außerdem, in Bezug auf Aufbau und Sprache einen packenden Roman zu schreiben. Bis zum letzten Drittel wechseln sich Kapitel ab, in denen einerseits der Amoklauf, andererseits Rückerinnerungen Mias zur Familiensituation beschrieben werden. Der ein oder andere Leser muss vielleicht erst einmal die ersten 50 Seiten, denen es im Vergleich zum späteren Text noch an Spannung fehlt, hinwegkommen. Doch das Durchhalten lohnt sich.

Fazit:

4-einhalb von 5 Punkten. An Narinder Dhamis Jugendthriller „Böser Bruder, toter Bruder“ hat mir vor allem gefallen, dass die Handlung nicht voraussehbar ist. Im Gegenteil: Am Ende kommt alles ganz anders, als man es erwartet. Richtig schlimme Dinge passieren in dem Buch nicht, sondern es sind eher psychologische Momente, die für Nervenkitzel sorgen. Gekonnt verschränkt Narinder Dhami die zwei Erzählebenen, und auch sprachlich weiß das Buch im Großen und Ganzen zu überzeugen – auch wenn die Autorin Kevin Brooks, dem Meister des Genres, nicht ganz das Wasser reichen kann. Ein klein wenig zu stereotyp sind meiner Meinung nach die Gefühle der Angst ab und zu beschrieben.

Narinder Dhamis „Böser Bruder, toter Bruder“ ist dennoch alles in allem ein gutes Buch; ungeduldigen Lesern sei angesichts des eher bedächtigen Einstiegs gesagt, dass sich das Durchhalten in jedem Falle lohnt. Ein Buch für Leser, die es gerne spannend, aber trotzdem anspruchsvoll mögen!

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(Ulf Cronenberg, 05.04.2011)

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Kommentare (2)

  1. Birgit V.

    Ganz ehrlich, mir ist das Buch ins Auge gestochen, weil es da um die Geschichte von einem Mädchen geht, dessen Zwillingsbruder einen Amoklauf plant, und da ich selbst einen Zwillingsbruder habe, dachte ich, ich lese es doch mal … 🙂
    Ich fand das Buch „Hassliste“ etwas besser als „Böser Bruder, toter Bruder“; für mich war das Buch etwas verwirrend, weil man nicht genau wusste, was jetzt passiert und am Ende … wow, voll die Wendung (besser gesagt die Lösung des Rätsels).
    Aber an sich ist es schon gut geschrieben, und die Gefühle und Gedanken kommen gut rüber.

    Antworten
  2. Clara S.

    Ich habe mir dieses Buch aus der Bücherei ausgeliehen, denn ich persönlich finde das Thema Amoklauf sehr spannend und interessant , aber auch angsteinflößend und beunruhigend.
    Als ich das Buch dann gelesen habe, konnte ich mich sehr gut in Mia reinversetzen, und ich konnte gar nicht mehr aufhören, das Buch weiterzulesen. Bis zum letzten Kapitel dachte ich, die Lösung zu wissen, doch dann las ich das letzte Kapitel, und alles wendete sich sehr stark. Insgesamt ein super Buch, das nur weiterzuempfehlen ist … :). Spannend und mitreißend bis zur letzten Seite!!!

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