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Buchbesprechung: Chris Priestley „Onkel Montagues Schauergeschichten“

Cover Chris PriestleyLesealter 11+(Bloomsbury-Verlag 2010, 223 Seiten)

Schauergeschichten – damit wird man in den letzten Jahren nicht so oft konfrontiert. Gut verkaufen sich derzeit Fantasyromane und Thriller. Von daher ist Chris Priestleys Kinderbuch „Onkel Montagues Schauergeschichten“ eine willkommene Abwechslung – auch wenn ich eher skeptisch an das Buch herangegangen bin. Der Grund hierfür lag darin, dass mich die Aufmachung sehr an die Bücher von Philip Ardagh (z. B. „Schlimmes Ende“) erinnert haben – und das waren Kinderbücher, mit denen ich nicht allzu viel anfangen konnte (allerdings kenne ich auch einige große Fans der Ardagh-Bücher, die deren Humor lieben).

Inhalt:

Edgar, der während der Schulzeit in ein Internat geht, verbringt seine Ferien mal wieder zu Hause. Doch seine Eltern nehmen sich für ihn kaum Zeit und haben auch nicht so recht Interesse an ihm. Deswegen macht Edgar sich wie oft in den Ferien auf, um Onkel Montague, der einsam in einem Haus wohnt, zu besuchen. Auf dem Weg dorthin stellt er erneut fest, dass er mit den Kindern im Dorf nicht nur nichts anfangen kann, sondern dass er von ihnen regelmäßig getriezt wird.

Bei seinem Onkel fühlt Edgar sich dann sicher und wohl. Der Junge ist fasziniert von den vielen Dingen, die bei Onkel Montague herumstehen. Doch noch viel besser sind die Geschichten, die Onkel Montague zu erzählen weiß. Sie haben meist etwas mit den Dingen, die sein Haus bestücken (z. B. einem leerem Bildrahmen oder einem Fernrohr), zu tun – und schön schauerlich sind die Geschichten außerdem.

Da geht es um eine alte Frau, von der alle sagen, dass sie eine Hexe sei, und die Simon, ein Junge, bestehlen will. Doch das hätte er besser nicht tun sollen … Oder ein Mädchen namens Christina macht die Erfahrung, dass sie sich besser nicht drei Wünsche von dem lebendigen Mädchen auf einem Bild hätte erfüllen lassen sollen … Jedenfalls geht der Tag für Edgar schnell vorbei, denn Onkel Montague reiht eine Geschichte an die andere.

Bewertung:

Letztendlich ist Chris Priestleys Buch (Übersetzung: Beatrice Howeg, Illustration: David Robert) so etwas wie ein Band mit Kurzgeschichten, die allerdings in eine Rahmenhandlung eingebettet sind. Man merkt den Geschichten an, dass sie einer britischen Tradition entstammen – es sind Geschichten, wie sie so in Deutschland wohl eher nicht erzählt würden –, aber das ist auch das Faszinierende daran.

Sehr gut gelingt es Chris Priestley, geheimnisvolle und mysteriöse Geschehnisse zu schildern, ohne diese zu entzaubern. Dazu trägt bei, dass die Geschichten alle einen halboffenen Schluss haben, durch den das schaudernde Moment verstärkt wird. Das ist wirklich gut gemacht – nur frage ich mich, ob die Geschichten nicht eher für erwachsene Leser als für Kindern geeignet sind. Ist das überhaupt ein Kinderbuch?

Mich zumindest haben „Onkel Montagues Schauergeschichten“ nach ein wenig Eingewöhnungszeit recht gut unterhalten, ja, sogar in Bann geschlagen. Die Geschichten sind grandios erzählt – das sitzt jedes Wort. Wäre da nicht die Abschlussgeschichte gewesen, hätte ich das Buch ziemlich begeistert aus der Hand gelegt. Indem Chris Priestley am Ende des Buches aber auch der Rahmenhandlung noch eine gruselige Note gibt, hat er meiner Meinung nach das Konzept des Buchs jedoch selbst etwas ausgehebelt. Das Ende ist für meinen Geschmack jedenfalls übertrieben, das Buch schlägt hier einen Haken zu viel. Kurz gesagt: Es wäre nicht nötig gewesen, am Ende noch eines draufzusetzen …

Fazit:

4 von 5 Punkten. Der Nachweis, ob an „Onkel Montagues Schauergeschichten“ auch Kinder Gefallen finden, müsste noch erbracht werden … Ich weiß nicht so ganz, was mich diesbezüglich zögern lässt – wahrscheinlich die Tatsache, dass mir ein solches Werk mit 10 oder 11 Jahren wohl eher nicht gefallen hätte, dass ich damals die subtilen Momente des Buches nicht so ganz verstanden hätte. Für Erwachsene mit Sinn für Skurriles und leicht Gruseliges ist Chris Priestleys Geschichtensammlung jedoch ein lohnendes Buch.

Den Schluss der Geschichtensammlung finde ich nicht sonderlich gelungen – aber das mag eine sehr persönliche Empfindung sein, die andere nicht nachvollziehen können. Doch ansonsten ist Chris Priestley mit „Onkel Montagues Schauergeschichten“ ein Kleinod altmodischer Grusel- und Schauergeschichten gelungen, das sich gekonnt und wohlwollend von neumodischen Trends absetzt.

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(Ulf Cronenberg, 26.12.2010)

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