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Buchbesprechung: Lotte Kinskofer “Schwarzer Schnee”

Cover KinskoferLesealter 14+(dtv 2010, 271 Seiten)

„Schwarzer Schnee“ heißt der Jugendroman der Münchner Schriftstellerin Lotte Kinskofer, der in der Reihe „Crime“ bei dtv erschienen ist. Mit dem Titel ist schon angedeutet, dass es in dem Buch auch um Drogen geht. Ein richtiger Thriller ist das Buch nicht – doch es ist ein Roman, der davon handelt, wie ein Jugendlicher, von dem das niemand vermutet, in gefährliche Machenschaften gerät.

Inhalt:

Lara lebt mit ihren Eltern und ihrem Bruder Simon in einem Städtchen. Eines Tages ist Simon einfach verschwunden, was ihm gar nicht ähnlich sieht. Simon meldet sich nicht auf seinem Handy – zu Hause stellt Lara fest, dass es in seinem Zimmer liegt. Auch das passt gar nicht zu Simon, der sonst immer gewissenhaft und verlässlich auftritt, überhaupt ein freundlicher und beliebter Junge ist. Dementsprechend große Sorgen machen sich Lara und ihre Eltern: dass Simon etwas zugestoßen ist oder dass er, auch wenn das nicht vorstellbar scheint, abgehauen ist.

Laras Mutter ist völlig außer Rand und Band. Sie geht nicht mehr zur Arbeit und kann gar nicht mit der Situation umgehen. Als Simon einen Tag lang verschwunden ist, schaltet die Familie die Polizei ein. Vorher haben Lara und ihr Freund Max Simons Zimmer durchsucht und seltsame Entdeckungen gemacht. Da liegen nicht nur 300 Euro herum (woher hat Simon das Geld?), sondern auch nagelneue Elektrogeräte wie ein iPod. Doch der Polizei verheimlichen Lara und Max ihre Funde – zum einen, um Simon zu schützen, zum anderen, um Laras Eltern, die nervlich am Ende sind, nicht noch mehr zu belasten.

Als die Polizei dann in einem verfallenen Haus Blutspuren entdeckt, die wahrscheinlich von Simon stammen, wird die Familie noch nervöser. Ist Simon das Opfer eines Verbrechens? Lara glaubt jedoch, je länger alles dauert, dass Simon in zwielichtige Machenschaften involviert war und sich deswegen aus dem Staub gemacht haben könnte. Ein früherer Freund, Bonzo, der inzwischen auf der Straße lebt und selbst einiges mitgemacht hat, hilft ihr dabei, Simon zu suchen. Bonzo und Lara vermuten, dass Simon in Frankfurt sein könnte, und so macht sich Lara auf den Weg, um dort selbst nach ihm zu suchen …

Bewertung:

„Schwarzer Schnee“ ist von der Grundidee her ein interessantes Buch, denn es erzählt davon, wie eine Familie in Panik gerät, weil der Sohn plötzlich spurlos verschwunden ist. Ziemlich eindrücklich wird berichtet, wie der unerklärliche und unerwartete Vorfall Lara und ihre Eltern durcheinander wirbelt, wie sie befürchten, dass Simon nicht mehr am Leben ist.

Die Geschichte wird aus der Sicht Laras erzählt – auch das ist grundsätzlich geschickt gemacht, denn so erlebt man die Ereignisse aus der ahnungslosen Sicht des Mädchens mit, das sich auf das Verschwinden seines Bruders keinen Reim machen kann. Als Leser tappt man dementsprechend ebenso im Dunklen wie Lara. Genau aus diesem Grund ist „Schwarzer Schnee“ ein ziemlich beunruhigendes Buch, weil man das Gefühl hat, dass Ähnliches in der eigenen Familie passieren könnte.

Der Sprachstil des Jugendromans ist passend zur jugendlichen Erzählerin knapp gehalten. Überwiegend in kurzen und schnörkellosen Sätzen wird das Geschehen erzählt. Das wirkt einerseits authentisch, andererseits auf Dauer jedoch auch manchmal etwas eintönig. So überzeugend diese Erzählperspektive in Bezug auf die Anlage des Romans auf der einen Seite ist, auf der anderen Seite führt sie jedoch dazu, dass es dem Buch ein wenig an Abwechslung und literarischer Kraft fehlt. Die Figuren bleiben etwas blass, sie wirken zu eindimensional und es fehlt ihnen für meinen Geschmack etwas an Tiefe. Das ist zwar logische Folge der durchgängigen Ich-Perspektive, die durchaus ihre Berechtigung hat – aber ein bisschen mehr Anregung darüber hinaus hätte ich mir beim Lesen trotzdem ab und zu gewünscht.

Fazit:

4 von 5 Punkten. Lotte Kinskofers Jugendroman „Schwarzer Schnee“ ist kein schlechtes Buch – das kann man wirklich nicht sagen. Aber es unterliegt gewissen Beschränkungen, die daraus resultieren, dass die Autorin den Rahmen der Erzählperspektive eng gesteckt hat. Zu den Pluspunkten des Romans gehört, dass das Buch einige Überraschungen bereithält, außerdem authentisch wirkt – es beschreibt eindrücklich, wie ein Mädchen, das im Nachbarhaus wohnen könnte, das Verschwinden ihres Bruders erlebt.

Große Jugendliteratur ist das jedoch, finde ich, nicht – dazu bietet das Buch zu wenig Anregungsgehalt, der den Leser in das Innere der Figuren schauen lässt. Etwas übertrieben ausgedrückt: Das Buch bleibt zu sehr einem protokollähnlichen Stil verhaftet. Das funktioniert gerade am Anfang der Geschichte recht gut, wird mit zunehmender Lesedauer jedoch ein wenig eintönig. Um es kurz zusammenzufassen: Lotte Kinskofers Jugendroman ist taugliches und größtenteils kurzweiliges Lesefutter für Jugendliche, die in Büchern Spannung suchen!

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(Ulf Cronenberg, 18.05.2010)

Kommentare (0)

  1. Tina

    Ich fand das Ende des Buchs nicht so toll. Also, mit Ende meine ich den letzten Satz. Da hätte noch etwas dazugehört. Sonst war das Buch echt spannend, auch wenn es teilweise ein bisschen vorhersehbar war. Aber trotzdem kam ich dann
    etwas ins Zweifeln.
    Du hast Bonzo vergessen. Meiner Meinung nach ist Bonzo ein sehr wichtiger
    Charakter im Buch – immerhin hat er Lara geholfen. Und brachte Schwung ins Buch.
    Meiner Meinung nach ist das Buch am Anfang spannend, wird dann etwas langweilig, und etwa ab der Mitte wieder interessant.

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    1. Ulf Cronenberg

      Tina, du hast Recht, ich habe nichts über Bonzo geschrieben – dabei ist das wirklich eine interessante Figur in dem Roman. Ich habe die Inhaltszusammenfassung gerade so ergänzt, dass er nun auch dort auftaucht.

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  2. Tim

    Ich persönlich fand dieses Buch ätzend und langweilig, dazu noch diese unlogisch und extrem ausgeprägte Unwissenheit von Lara – es ist wirklich beängstigend. Dieses Buch ist bis auf eine Wendung, die leicht vorauszuahnen war, ohne Höhepunkt ausgestattet. Ich könnte mich Jahre mit dieser Naivität (gibt es dieses Wort?) dieses Mädchens befassen, da sogar der zwei Jahre jüngere Bruder mehr weiß, als sie in ihren kühnsten Träumen wüsste. Dieses Buch ist keinesfalls weiterzuempfehlen!

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