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Kurzrezension: Sofie Laguna “Ich bin Bird”

Cover LagunaLesealter 11+(Carlsen-Verlag 2010, 173 Seiten)

Bei dem Cover und Titel von Sofie Lagunas Buch „Ich bin Bird“ musste ich sofort an einen Film aus den 80-er Jahren denken: „Birdy”. In dem Film zieht sich ein amerikanischer Vietnam-Soldat, der Birdy genannt wird, nach seiner Rückkehr in die Heimat in eine Traumwelt zurück. Auch Birdy ist – wie die Hauptperson in Sofie Lagunas Kinderroman – von Vögeln begeistert … Ist diese Ähnlichkeit Zufall? Kennt die aus Australien stammende Autorin den Film, ja, hat sie von ihm vielleicht sogar die Grundidee für ihr Kinderbuch übernommen? Egal, hier geht es ja darum, ob „Ich bin Bird“ ein gutes Kinderbuch ist …

Bird und Sugar Boy – das sind ihre Spitznamen – sind beste Freunde und unternehmen fast alles miteinander. Sie gehen angeln, spielen Playstation, fahren auf ihren Fahrrädern mit Zügen um die Wette oder treffen sich in ihrem Geheimversteck. Außer Sugar Boy hat Bird keine Freunde – jedoch interessiert er sich für Vögel und liest darüber viel in einem dicken Wälzer.

Birds Mutter ist schon kurz nach seiner Geburt abgehauen und nach England zu ihrem Ehemann Nr. 1 zurückgekehrt – wie sein Vater das immer beschreibt. Seitdem ist Birds Vater, der eine Autowerkstatt führt, alleinerziehend. Die beiden kommen so gerade über die Runden, Bird ist allerdings oft auf sich allein gestellt, weil sein Vater viel arbeiten muss.

Bei Bird brechen vergangene Erfahrungen auf, als er erfährt, dass Sugar Boy auf die andere Seite Australiens ziehen wird, weil dessen Vater dort einen neuen Job gefunden hat. In der Schule ist der Junge außer Rand und Band, so dass sich die Lehrer beschweren, außerdem zieht er sich immer mehr in seinen Vogeltraumwelt zurück. Sugar Boy unterbreitet er den Vorschlag, dass sie zusammen abhauen könnten, doch dieser ist nicht dabei. Deswegen bricht Bird alleine auf …

Über „Ich bin Bird“ kann man viele positive Rezensionen lesen. Deswegen war ich etwas irritiert, als ich beim Lesen von Sofie Lagunas Buch festgestellt habe, dass es mich nicht richtig fesselt. Die Frage ist, warum das so ist. Letztendlich – das ist mein Hauptkritikpunkt – wirkt das Buch schon sehr arg konstruiert und damit auch ein wenig voraussehbar. Das mag Lesern ab 11 Jahren nicht so gehen, aber wenn man ähnliche Problembücher schon gelesen hat, kommen einem doch einige Teile des Buches als Versatzstücke bekannt vor.

Um es etwas überspitzt zusammenzufassen: Da gibt es ein Problem (einen etwas autistisch wirkenden Jungen, der Schwierigkeiten hat, über die aber nicht gesprochen wird), dann die Traumwelt, die das alles für den Jungen erträglich macht (in diesem Fall das Thema Vögel) und schließlich noch den schwierigen familiären Hintergrund sowie eine Situation, in der sich alles zuspitzt. Und wie muss die Geschichte dann ausgehen? Genau: Dass am Ende das Problem irgendwie gelöst wird und Bird sich mit der Situation doch noch arrangiert. Und so kommt es auch …

Spektakulär ist das nun wirklich nicht, wenn auch streckenweise gut zu lesen. Die Innensicht eines Jungen, der mit etwas nicht zurechtkommt, es aber nicht ausdrücken kann, wird jedenfalls stimmig und plausibel dargestellt. Bird flüchtet in die Welt der Vögel anstatt mit anderen über seine Gefühle und Probleme zu reden – doch genau das übertreibt Sofie Laguna für meinen Geschmack auch ein bisschen, denn die ständigen Vögelvergleiche werden in der zweiten Hälfte des Buches etwas dick aufgetragen.

Fazit:

2-einhalb von 5 Punkten. Für erfahrene Kinderbuch-Leser bietet „Ich bin Bird“ nichts wirklich Neues – im Gegenteil, die leicht beklemmende Innenwelt eines Jungen wird hier nur unter anderen Vorzeichen dargestellt – Ähnliches kennt man aus anderen Kinderbüchern. Sicher, Bird ist eine sympathische Figur und seine Not wird nachvollziehbar und einfühlsam beschreiben. Auch sind die Vogel-Vergleiche und -Metaphern anschaulich und unterstreichen die Gefühle Birds – jedoch werden sie gegen Endes des Buches etwas überstrapaziert.

Es mag stillere Kinder (ab 11 Jahren) geben, die „Ich bin Bird“ lesen und verschlingen werden – aber ich schätze, die meisten Leser dieses Alters wird man mit dem Buch, in dem auf der Handlungsebene eher wenig passiert, nicht wirklich locken können. Und so war es leider auch bei mir.

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(Ulf Cronenberg, 11.05.2010)

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