(dtv 2010, 199 Seiten)
In den letzten Wochen habe ich einige zweite Bücher von Autorinnen (u. a. Sally Nicholls und Ann Dee Ellis) gelesen, die ein tolles erstes Jugendbuch veröffentlicht haben, deren zweites Buch jedoch nicht an das Erstlingswerk herankam. Auch von der Engländerin Jenny Valentine, die mit „Wer war Violet Park?“ einen witzigen und spritzigen Debutroman abgeliefert hat, ist nun ein zweiter Jugendroman erschienen: „Kaputte Suppe“. Das ist zumindest ein ungewöhnlicher Titel – so richtig etwas vorstellen kann man sich darunter jedoch nicht … Gespannt war ich jedoch, wie sich Jenny Valentine mit ihrem zweiten Werk geschlagen hat.
Inhalt:
Vor zwei Jahren wurde das Leben von Rowan und ihrer Familie auf den Kopf gestellt, weil ihr älterer Bruder Jack gestorben ist, und auf einmal war nichts ist mehr wie zuvor. Während ihre sechsjährige Schwester Stroma alles noch vergleichsweise gut wegsteckt, geht bei Rowans Eltern alles drunter und drüber. Ihr Vater hat die Familie verlassen und kümmert sich nur noch oberflächlich um Rowan und Stroma, und Rowans Mutter macht überhaupt nichts mehr, außer im Bett zu liegen und vor sich hin zu starren. Alles bleibt somit an Rowan hängen, die sich keine Schwäche erlauben kann. Dabei vermisst sie Jack, der ein so sonniges Gemüt hatte, ebenso.
Als Rowan eines Tages in einem Geschäft steht, spricht sie ein Junge an, weil sie angeblich etwas verloren hat. Er gibt ihr ein Foto-Negativ, doch Rowan ist sich sicher, dass sie das Negativ nie besessen hat, also auch nicht fallen gelassen haben kann. Dennoch nimmt sie es an sich … Es dauert einige Zeit, aber das Negativ ist mit dafür verantwortlich, dass sich in Rowans Leben etwas ändert.
Zunächst lernt Rowan Bee, die in die gleiche Schule wie sie geht, kennen, und die beiden freunden sich an. Bee ist es auch, die ihr rät, das Negativ zu vergrößern, zumal sie zuhause ein Fotolabor hat. Als das Foto sich in der Entwicklerschale abzeichnet, ist Rowan erst einmal ziemlich geschockt: Denn auf dem Bild ist ihr toter Bruder Jack zu sehen, und noch immer kann das Mädchen sich keinen Reim darauf machen, woher das Negativ kommt.
Wegen des Fotos beschäftigt sich Rowan auch wieder mehr mit Jack und dessen Tod. Bee und der Junge, der ihr das Negativ gegeben hat und den Rowan nett und interessant findet, helfen ihr dabei. Und dabei kommt einiges Unerwartete zu Tage …
Bewertung:
Der Titel von „Kaputte Suppe“ (Übersetzung: Klaus Fritz) klingt deutlich witziger, als das Buch ist. Jenny Valentines zweiter Jugendroman ist letztendlich ein Buch, das thematisiert, wie eine Familie einen Schicksalsschlag zu verkraften versucht, und das davon erzählt, wie schwer das ist. Dass es bei der Aufarbeitung von Jacks Tod dann doch noch vorwärts geht, ist Bee, aber auch Harper (wie der Junge heißt, den Rowan kennen lernt) zu verdanken.
„Kaputte Suppe“ ist gut, aber nicht aufsehenerregend geschrieben und versprüht insgesamt nicht ganz den Charme und Witz von „Wer ist Violet Park?“. Schade eigentlich. Ein schlechtes Buch ist der zweite Jugendroman von Jenny Valentine trotzdem nicht. Die Familiensituation von Rowan z. B. wird sehr eindrücklich, manchmal vielleicht ein klein wenig überzeichnet beschrieben. Jede der Figuren reagiert auf seine Weise auf den Tod von Jack: Der Vater flüchtet in ein anderes Leben, die Mutter in die Depression, Rowan versucht durchzuhalten und Stroma bemüht sich, ihre kindliche Unbekümmertheit zu behalten. Gemeinsam ist ihnen jedoch, dass sie den Schicksalsschlag nicht aufzuarbeiten versuchen – schon gar nicht gemeinsam.
Dass die Aufarbeitung dann dennoch in Gang kommt, liegt an zwei Figuren, die für das Buch meiner Meinung nach sehr wichtig sind: Bee und Harper. Beide sind gute Seelen, die sich (Bee dabei nicht ganz uneigennützig – mehr sei nicht verraten) um Rowan und Stroma kümmern und noch an das Gute im Menschen und in der Welt glauben. Es sind eindeutig die besten Stellen des Buches, wenn Bee und Harper in Erscheinung treten.
Einiges Unerwartete passiert dabei im Verlauf der Handlung noch – aber das ist auch gut so, sonst wäre „Kaputte Suppe“ eher langatmig gewesen. Kurz vor Ende des Buches hat es Jenny Valentine dann allerdings an einer Stelle übertrieben – wie da etwas auflöst wird, ist ziemlich strickmusterartig und durchsichtig angelegt und wäre letztendlich auch nicht nötig gewesen. Der Geschichte hat das jedenfalls nicht gut getan, weil damit ein typisches Jugendbuchklischee abgedeckt wurde.
Fazit:
4 von 5 Punkten. Auch Jenny Valentine ist es nicht ganz gelungen, die Stärke ihres Erstlingswerk zu erreichen – aber die Engländerin ist zumindest nicht deutlich unter dem selbst vorgelegten Niveau geblieben. „Wer ist Violet Park?“ hatte eine skurrilere Idee als „Kaputte Suppe“ und war insgesamt das erfrischendere Buch. Dennoch ist „Kaputte Suppe“ ein Jugendroman, den man – trotz einiger kleiner Schwächen – durchaus empfehlen kann, weil er erzählt, wie eine Familie mit dem Tod des ältesten Sohnes zurechtzukommen versucht.
Die kleinen Hänger in dem Buch, das sich ab und zu ein wenig dahinschleppt, werden durch eine wesentliche Stärke aufgefangen: Rowans Freunde Bee und Harper sind interessante Figuren. Vor allem Harper ist ein Junge, der faszinierend ist und als so etwas wie ein kleines Vorbild gelten kann. Er versprüht eine große Herzlichkeit und eine Lebensfreude, die Rowans Familie durch Jacks Tod verloren gegangen ist. Doch nicht nur das: Er rettet auch die Geschichte.
(Ulf Cronenberg, 26.04.2010)
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Klingt interessant, trotz allen Mängeln und Mäkeln. Wie heißt denn der Originaltitel von „Kaputte Suppe“? „Broken soup“?
Liebe Grüße
Gina
Ja, „Broken Soup“ ist richtig … Viele Grüße, Ulf
Das Buch ist total klasse und definitiv nicht nur was für 13- bis 15-Jährige. Es ist niedlich, spannend, traurig und regt definitiv zum Weiterspinnen an! Wirklich schön, ich habe mich glatt in das Buch verliebt.
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Das Buch ist todlangweilig. Ich muss es mit meiner Klasse gerade lesen – zum Einschlafen.