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Buchbesprechung: Rachel Ward “Numbers. Den Tod im Blick”

Cover WardLesealter 14+(Carlsen: Chicken House 2010, 363 Seiten)

Von der Rockband Nickelback gibt es ein Video zu dem Song „Savin‘ me“, in dem ein junger Mann über den Köpfen anderer Menschen eine ablaufende Zeitanzeige sieht, die angibt, wie lange die Menschen noch zu leben haben. Was das mit dem Jugendroman „Numbers“ von Rachel Ward zu tun hat? Lest einfach weiter …

„Numbers“ ist übrigens einer der ersten Titel aus der Reihe „Chicken House“, in der der Carlsen-Verlag besondere Bücher für Jugendliche herausbringt. Rachel Wards Buch ist einer der Schwerpunkttitel der neuen Reihe.

Inhalt:

Jem hat sich schon als kleines Kind gewundert, dass sie immer Zahlen sieht, wenn sie Menschen in die Augen blickt. Erst später wurde ihr klar, dass eine Zahlenfolge wie „15122010“ angibt, an welchem Tag die Person sterben wird. So richtig umzugehen, weiß sie damit nicht.

Jem hat eine schlimme Kindheit hinter sich. Ihre Mutter ist schon vor längerer Zeit an einer Überdosis Heroin gestorben. Seitdem wird Jem von einer Pflegefamilie in die andere gesteckt – und sie ist alles andere als eine pflegeleichte Person. Sie hält es gar nicht aus, wenn ihr jemand zu nahe kommt, reagiert außerdem auf Dinge, die ihr nicht passen, hochexplosiv.

Auch wenn es anfangs nicht einfach ist, so freundet Jem sich mit Spinne an, der in ihre Klasse geht und selbst ein schwieriger Mensch ist. Zu Beginn wollte sie mit Spinne nichts zu tun haben, unter anderem auch, weil Jem sieht, dass Spinne in den nächsten Wochen sterben wird. Es scheint ihr zu gewagt, sich auf jemanden einzulassen, der nicht mehr lange zu leben hat.

Als die beiden eines Tages auf einem Volksfest mit einem Riesenrad fahren wollen, bemerkt Jem, dass in den Gesichtern der umstehenden Leuten der aktuelle Tag als Todesdatum steht. Dem völlig verdutzten Spinne, der nichts von Jems Gabe weiß, macht sie klar, dass sie schleunigst wegmüssen – und kurz darauf gibt es eine große Explosion. Wie sie später in den Medien erfahren, ist auf das Riesenrad ein Bombenanschlag verübt worden. Durch die Medien bekommen Jem und Spinne auch mit, dass nach zwei Jugendlichen gesucht wird, die kurz vorher fluchtartig das Volksfest verlassen haben.

Spinne und Jem bekommen Angst und fliehen mit einem Auto, das Spinne geknackt hat, aus der Stadt. Doch sie werden schon bald verfolgt …

Bewertung:

Eine ungewöhnliche Idee hat Rachel Ward da schon, auch wenn sie nicht ganz neu ist, wie das oben erwähnte Nickelback-Video zeigt – doch aus einem Jugendroman kenne ich sie noch nicht. Rachel Ward strickt um diese Idee eine spannende Geschichte, die durchaus als Thriller durchgehen kann, denn im Großteil der Geschichte geht es um die Flucht von Jem und Spinne, auch wenn das nicht alles ist, was passiert. Die Idee mit dem Todesdatum, das Jem in den Gesichtern der Menschen sieht, führt auch dazu, dass philosophische Fragen aufgeworfen werden: Fragen nach dem Schicksal, nach der Vorbestimmtheit des Lebens etc.

Letztendlich sind diese beiden Elemente, Thriller und Philosophisches, gut miteinander verstrickt, weil der Roman fast durchgängig Tempo hat und die nachdenklichen Momente somit nicht dazu führen, dass man gelangweilt werden könnte. „Numbers“ bietet außerdem das interessante Psychogramm eines Mädchens, das eine schwierige Kindheit hinter sich hat. Auf mich wirkt es sehr plausibel, wie aus der Sicht von Jem immer wieder erzählt wird, was in dem Mädchen vorgeht. Jem wehrt sich gegen Bevormundung, gegen Berührungen und Nähe – und all das wird einfühlsam und einleuchtend beschrieben.

Ein klein wenig Abstriche muss man beim Spannungsbogen der Geschichte machen. Die Flucht von Jem und Spinne wird meiner Meinung nach zu sehr ausgedehnt – beim Lesen stellten sich bei mir kleine Ermüdungserscheinungen kurz nach der Mitte des Buches ein. Rachel Ward schreibt gut und spannend – aber an den Meister der Spannung in Jugendromanen, Kevin Brooks, kommt sie dann eben doch nicht ganz heran. („Numbers“ wurde übrigens ebenso wie die Bücher von Kevin Brooks von Uwe-Michael Gutzschhahn übersetzt.) Auf den letzten 50 Seiten hat Rachel Ward dem Buch dann doch noch eine andere Wendung gegeben, die das Buch jedoch wieder interessant und packend werden lässt.

Fazit:

4-einhalb von 5 Punkten. „Numbers“ hat eine faszinierende Grundidee, aus der Rachel Ward eine rasante Geschichte gestrickt hat. Bis auf kleinere Längen am Anfang der zweiten Hälfte hat das Buch keine Schwächen – nein, es bietet gute und niveauvolle Unterhaltung für Jugendliche ab 14 Jahren. Rachel Ward hat ein Buch abgeliefert – da bin ich mir sicher –, das Jugendliche zum Lesen verführen dürfte und viele Leser finden wird.

Und ganz am Rande: Schaut euch das Nickelback-Video (You-Tube-Link) an. Es bietet „gepflegte Rockmusik“ … 🙂

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(Ulf Cronenberg, 26.03.2010)

Kommentare (0)

  1. Deborah

    Ich habe „Numbers“ auch gelesen und muss auch sagen, dass die Mitte etwas langatmig war, aber der Schluss hat das Buch für mich gerettet. Ich hätte es außerdem besser gefunden, wenn das Buch nicht in dem armen Milleu gespielt hätte. Ich habe der Autorin nicht ganz abgenommen, dass sie wirklich Ahnung davon hat.
    Schade, dass der Name „Spinne“ übersetzt wurde. „Spider“, was denke ich die meisten verstehen, wäre besser gewesen. Aber an sich war das Buch spannende Unterhaltung, und man kann ja auch die langweiligen Passagen schneller lesen. Es gibt auf Englisch bald Teil 2 „Numbers 02. The Chaos“. Dieses Buch hat dieselbe Grundthematik, spielt aber im Jahr 2027 und ist ein Zukunftsthriller.

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  2. Lea

    Weiß jemand genau, ob und wann der zweite Teil des Buchs erscheint?
    Ich habe Band 1 auch gelesen und finde es super. Das Ende ist wirklich sehr traurig, aber sonst sehr spannend.

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    1. Ulf Cronenberg

      Ich gehe davon aus, dass Chicken House auch Teil 2 bringen wird – bisher ist der Titel aber noch nicht angekündigt.

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  3. jan-hendrik

    Richtig geiles Buch!

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  4. Sarah

    Auch ich habe das Buch „Numbers“ gelesen und war Anfangs skeptisch … Ich konnte nichts mit der Geschichte anfangen. Im Laufe des Lesens hat mich die Story immer mehr fasziniert, und ich konnte nicht mehr aufhören zu lesen.
    DAS ENDE IST DER KNALLER!!!
    Das ist das erste Buch, bei dem ich geweint habe … Im Gegensatz zu diesem Buch hat „Twilight“ mich kalt gelassen.
    Ich habe Hunderte von Bücher gelesen, und das ist mit mein Lieblingsbuch.
    AN ALLE:
    Nehmt euch das Ding und lest es – es lohnt sich wirklich … Viel, viel Spaß!
    Liebe Grüße! ♥

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  5. Olga

    Wann kommt eigendlich die Übersetzung auf Deutsch von dem 2. Teil raus?

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    1. Ulf Cronenberg

      Das steht meines Wissens derzeit noch nicht fest. Ich schätze mal, dass es im Frühjahr 2011 so weit ist …

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  8. Jessie

    Ich habe das Buch auch gelesen und es hat mich in wahrsten Sinne des Wortes gefesselt. Ich finde es einfach faszinierend, wie mitfühlend es geschrieben ist und … es ist ein Traum von Buch!

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  9. Lisa Marei

    Tolles Buch!

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  10. Christoph Enzinger

    Ich schließe mich der Rezension vollinhaltlich an. Ein tolles Buch, sogar der letzte Satz bietet ein Aha-Erlebnis. Gut, dass es zumindest nominiert war zum Deutschen Jugendliteraturpreis. Es hatte nur große Konkurrenz …
    Zur Ergänzung: Ein literarisches Vorbild könnte „Die Befristeten“ von Elias Canetti sein. Dieses Theaterstück habe ich schon von einer Jugendtheatergruppe aufgeführt gesehen, soviel zum Jugend-Bezug …
    Ab 14? Zu früh. Erst ab 15, 16 Jahren.

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  11. Mütze

    Der Rezension schließe ich mich ebenfalls an, nur mit dem Ende wurde ich nicht glücklich, genauer mit dem Vorlauf des Endes. Die Ortswahl und das Ausharren setzte bei mir dem Spannungsbogen ein Ende, hier hätte ich mir noch etwas Stärkeres gewünscht als genau diesen Ort (war das verklausuliert genug? ;)).

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  12. LELE

    Wir schließen uns den Rezensionen an: Es ist ein spitzen Krimi, einfach zum Abtauchen, ein Muss für alle Teenies – ob Mädchen oder Junge –, außerdem sind auch die anderen beiden Teile richtig gut und sehr spannend.

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