(Suhrkamp-Verlag 2009, 271 Seiten)
„Ich, John“ ist in der neuen Reihe „suhrkamp nova“ erschienen, in der der Suhrkamp-Verlag seit kurzem Erstausgaben in Klappenbroschur-Aufmachung herausgibt. Ein typisches Jugendbuch ist „Ich, John“, das erste Buch des irischen Musikjournalisten Peter Murphy, nicht … Aber wegen der jugendlichen Hauptfigur kann man den Roman durchaus jugendlichen Lesern ab 15 oder 16 Jahren empfehlen.
John lebt mit seiner Mutter allein in einem Haus in einem Dorf in Irland, und dort langweilt er sich häufig. Seine Mutter ist eine eigenartige Frau: Sie raucht viel zu viele Zigaretten, ist nicht gerade gesund, zitiert ständig aus der Bibel und hat einen ziemlich seltsamen Humor – auch ihrem Sohn gegenüber. Johns Leben verändert sich erst etwas, als Jamey, ein um ein Jahr älterer Junge, in sein Leben tritt und die beiden immer wieder etwas unternehmen.
Jamey ist ein seltsamer Junge, der bemüht cool sein will, der aber auch verborgene Talente in sich schlummern hat. Dazu zählt, dass er Geschichten schreibt, die er John immer wieder zu lesen gibt. Doch die Freundschaft zwischen John und Jamey kann schon bald nicht mehr so fortgeführt werden, denn die beiden schänden im Suff die örtliche Kirche. Während John davonkommt, wird Jamey vor Gericht gestellt und zu einem Jahr Jugendgefängnis verurteilt. Von Jamey bekommt John jedoch weiterhin wenigstens Briefe, die dieser allerdings nie beantwortet.
Mit „Ich, John“ hat Peter Murphy ein Buch geschrieben, das eher von der Stimmung, die es zeichnet, als von der Handlung lebt. Die Jahre des Erwachsenwerdens sind dicht und stimmig eingefangen, und die Freundschaft zwischen Jamey und John lebt davon, dass vieles nicht gesagt wird, die beiden Jungen sich aber trotzdem verstehen. Jamey z. B. kommuniziert mit John irgendwann eigentlich nur noch über die Kurzgeschichten, die er schreibt und die er John schickt. Wundervolle Geschichten sind das übrigens – sie zählen zu dem Besten, was das Buch zu bieten hat.
Nicht hundertprozentig alles hat mich an dem Buch begeistert. Ich fand es am Anfang z. B. eher etwas träge, während es mit zunehmender Lesedauer deutlich besser und stimmungsvoller wurde. Johns Mutter erlebt man als Leser am Anfang als eine seltsame Person, auf die man sich keinen Reim machen kann – je weiter man in dem Buch kommt, umso sympathischer wird die Frau jedoch. Am Ende wird die Beziehung zwischen John und seiner Mutter zu einem der Hauptthemen des Buches, und auch diese wird sehr feinfühlig dargestellt.
Fazit:
4-einhalb von 5 Punkten. Je mehr ich über „Ich, John“ nachdenke, desto eindrucksvoller, muss ich sagen, fand ich Peter Murphys Roman. Er erschließt sich dem Leser vielleicht nicht sofort, man legt das Buch am Ende jedoch mit dem Gefühl aus der Hand, dass da ein Autor sehr intensiv und passend Gefühle und Lebensumstände eines Jungen, der erwachsen wird, eingefangen hat. Die kleineren Hänger, die der Roman an der ein oder anderen Stelle hat (z. B. die Szene, wo John von einer ehemaligen Lehrerin an der Schule verführt wird – welch Klischee!), sind somit schnell vergessen … „Ich, John“ verdient keine uneingeschränkte, aber doch eine deutliche Leseempfehlung. Ein Buch für Jungen, weniger für Mädchen, würde ich sagen.
(Ulf Cronenberg, 06.11.2009)
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