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Buchbesprechung: Marie-Florence Ehret “Tochter der Krokodile”

Cover EhretLesealter 13+(Peter-Hammer-Verlag 2009, 152 Seiten)

Das Buchcover mit der afrikanische Zeichnung lässt vermuten, dass es sich bei Marie-Florence Ehrets Buch „Tochter der Krokodile“ um einen Jugendroman handelt, der in Afrika spielt – und so ist es auch. Genauer gesagt geht es um eine Geschichte aus Burkina Faso.

Über die Autorin – das Buch ist aus dem Französischen übersetzt – erfährt man in dem Buch nichts, doch auf der Webseite des Peter-Hammer-Verlags steht, dass die Autorin in Paris geboren wurde, dort in einem Viertel aufgewachsen ist, in dem viele afrikanische Menschen leben, und außerdem viele Reisen nach Afrika unternommen hat. Meine ursprüngliche Vermutung, dass Marie-Florence Ehret selbst afrikanischer Herkunft ist und somit einen autobiografisch inspirierten Roman geschrieben hat, stimmt also nicht.

Inhalt:

Fanta ist ein junges Mädchen, das bei seiner Großmutter in einem Dorf in Burkina Faso lebt. Fünf Jahre lang hat Fanta ihre Mutter Delphine nicht mehr gesehen, denn diese ist nach Frankreich ausgewandert und verdient dort Geld, mit dem sie ihre Familie in Afrika unterstützt. Schon lange kündigt Delphine an, in ihre Heimat zu reisen, um ihre Tochter zu besuchen. Doch bisher hat Delphine keine offiziellen Papiere in Frankreich bekommen, so dass sie nicht ausreisen kann.

Das Leben im Dorf ist beschaulich. Die Dorfbewohner bestreiten ihren Lebensunterhalt hauptsächlich mit Gemüse- und Baumwollanbau und schaffen es so gerade, über die Runden zu kommen. Doch mit der Beschaulichkeit ist es vorbei, als die Dorfbewohner erfahren, dass eine „mächtige Frau“ das Dorf besuchen wird: die Beschneiderin. Auf die jungen Mädchen wird Druck ausgeübt, sich beschneiden zu lassen, um „gereinigt“ zu werden (wie es die alten Traditionen vorschreiben) – doch Fantas Großmutter, die selbst beschnitten wurde, wehrt sich heftig dagegen und will ihre Enkelin Fanta davor bewahren.

Im Dorf kommt es zu großen Diskussionen, denn einige Bewohner behaupten, dass es Unglück bringe, wenn die Mädchen nicht gereinigt würden. Dem steht die Haltung einiger Familien entgegen, die die gefährliche und schmerzhafte Beschneidung ablehnen. Und der Lehrer des Dorfes meint, dass die Beschneidung gar vom Gesetz verboten sei. Fanta selbst ist hin und her gerissen, denn einerseits möchte sie nicht unrein sein, andererseits hat sie von ihrer Großmutter gehört, dass bei der Beschneidung immer wieder Mädchen verbluten …

Bewertung:

„Tochter der Krokodile“ (Übersetzung: Stefanie Schäfer) ist ein typisches Buch über Afrika. Die Geschichte wird sehr leise und unaufgeregt erzählt, wirkt aber gerade dadurch sehr eindringlich – ja, man könnte sagen: poetisch. Die Lebenswelt der Menschen in dem afrikanischen Dorf wird authentisch beschrieben und man bekommt mit, was es heißt, in armer Umgebung mit allen Sorgen, die das bedeutet, aufzuwachsen. Zugleich wird vermittelt, welche bescheidenen Träume die Menschen dort haben und wie sie trotzdem immer wieder glücklich sind.

Dass man zugleich etwas über das nach wie vor in Afrika verbreitete grausame Ritual der Beschneidung von Mädchen erfährt, gehört zu einer der Stärken des Buches. Sehr behutsam wird man als Leser an das Thema herangeführt – man ahnt, wie schlimm die Beschneidung für Mädchen ist, ohne jedoch Details vermittelt zu bekommen. Das ist alles so erzählt, dass man es durchaus jungen Lesern zumuten kann.

Den Schreibstil von Marie-Florence Ehrets Buch könnte man als naiv bezeichnen – doch genau das macht auch den Reiz des Jugendromans aus. Erzählt wird aus der Er-Perspektive, wobei der fiktive Erzähler immer wieder für einen kurzen Moment in die Innenansicht verschiedener Figuren wechselt und deren Gefühle und Gedanken beschreibt. Das ist nicht nur unauffällig und kunstvoll gemacht, sondern passt auch wunderbar zum Inhalt des Buches.

Fazit:

5 von 5 Punkten. „Tochter der Krokodile“ ist ein eindrückliches und lesenswertes Buch, das den Leser behutsam an das Leben in Afrika heranführt. Man erfährt viel über den Denkweise der Menschen dort, die einerseits noch sehr ländlich leben, andererseits jedoch auch schon etwas von städtischen Lebensweisen mitbekommen, ohne diese jedoch immer ganz verstehen und nachvollziehen zu können.

Die Handlung kommt in dem Buch eher still und leise daher – im Zentrum steht eher die Lebenswelt eines Mädchens, das in Afrika aufwächst. Probleme (wie die Beschneidung) werden nicht verschwiegen, sondern schonend und kindgerecht dargestellt. Marie-Florence Ehrets Afrika-Buch ist alles in allem – allein schon wegen der weiblichen Hauptfigur Fanta – sicher eher ein Buch für Mädchen: ab 12 bis 13 Jahren.

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(Ulf Cronenberg, 06.10.2009)


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Kommentare (0)

  1. Alina Sutter

    Liebe Leser,
    ich habe dieses Buch auch gelesen und es hat mir gefallen. Jedoch wird mir zu wenig über den Titel und den Krokodilahnen erzählt. Findet ihr nicht auch? Ich würde sagen, dass das Buch nicht unbedingt kindgerecht geschrieben ist – aber egal, es ist ja auch für 12/13-Jährige gedacht.
    Liebe Grüße!

    Antworten

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