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Buchbesprechung: Kagiso Lesego Molope “Im Schatten des Zitronenbaums”

Cover MolopeLesealter 12+(NordSüd-Verlag 2009, 185 Seiten)

Wisst ihr, was ein Baobab ist? Der Baobab ist ein knochiger Baum mit dickem Stamm, der auf Deutsch eher unter dem Namen „Affenbrotbaum“ bekannt ist, und unter dem Namen Baobab veröffentlicht der NordSüd-Verlag eine Reihe mit Büchern, die aus anderen Kulturkreisen stammen.

Kagiso Lesego Molopes “Im Schatten des Zitronenbaums“ stammt aus Südafrika und erzählt eine Geschichte, die Anfang der 1990er Jahren in Südafrika spielt. Damals stand das Ende der Apartheid, der Rassentrennung zwischen Weißen und Farbigen in der Republik Südafrika, kurz bevor. Eine Zeit des Umbruchs.

Inhalt:

Tshidiso wächst in einer Township, einer Siedlung von Farbigen, in Pretoria auf. Mit ihrer Mutter und deren beiden Schwestern, jedoch ohne Vater lebt sie in einem eher ärmlichen Haus. Die Familie aus den drei Schwestern und Tshidiso gehört in der Township zu den Außenseitern – so richtig will niemand etwas mit den vier Frauen zu tun haben. Ja, manche Nachbarn behaupten sogar, die drei erwachsenen Frauen wären Hexen.

Tshidiso ist ein eher schüchternes Mädchen, das kaum Kontakte zu anderen hat. Sie verbringt viel Zeit auf einem Zitronenbaum sitzend, wo die anderen sie meist nicht bemerken und sie den Gesprächen der Leute auf der Straße folgt.

Seit ein paar Jahren haben sich einige Schulen in Südafrika dazu durchgerungen, auch farbige Schülerinnen und Schüler aufzunehmen, und Tshidiso soll in einer dieser Schule, die von katholischen Nonnen geführt wird, gehen. Das Schulgeld hat ihre Mutter mit ihren Schwestern eigens gespart.

Die ersten Tage auf der neuen Schule sind für Tshidiso jedoch alles andere als leicht. Das Mädchen ist sich ihres fehlerhaften Englischs bewusst und vermeidet, irgendetwas zu anderen zu sagen, weil ihre Aussprache so schlecht ist. Das gelingt ihr lange Zeit recht gut, bis es zu einem Vorfall im Sportunterricht kommt, wo sie von einem weißen Mädchen beleidigt wird …

Bewertung:

„Im Schatten des Zitronenbaums“ ist ein einfühlsames Buch, das dem Leser sehr genau die Hintergründe der früheren Rassentrennung in Südafrika vor Augen hält. Auch wenn sich Anfang der 1990er Jahre in dem Land einiges verändert – u. a. weil Nelson Mandela, der lange von den Weißen gefangen gehalten wurde, freikam: Die Veränderungen im Verhältnis zwischen Weißen und Farbigen sind noch lange nicht vollzogen. Überall knistert es vor Spannung, wenn die beiden Volksgruppen aufeinander treffen. Und genau das ist Thema des Buches: wie sich diese Probleme im Alltag zeigen.

Für Tshidiso ist der Schritt, auf eine gemischtrassige Schule zu gehen, eine große Veränderung, der sie mit Angst begegnet. Und genau das erfährt der Leser aus der Sicht des Mädchens hautnah. Die Geschichte ist nicht aufsehenerregend erzählt, sondern hat einen ruhigen und stillen Ton – doch das passt auch zur Erzählerin Tshidiso, die sich eher im Hintergrund hält und alles aus ihrer Warte beobachtet.

Das Buch zeugt von den großen Änderungen, die in Südafrika bevorstehen und verdeutlich sie. Für jüngere Leser (meiner Einschätzung nach dürfte Kagiso Lesego Molopes Buch eher Mädchen ansprechen), die wahrscheinlich eher wenig über die frühere Apartheid in Südafrika wissen, ist „Im Schatten des Zitronenbaums“ daher sicher ein Buch, das ihnen etwas bisher nicht Bekanntes erzählt.

Es gibt jedoch eine Sache in dem Buch, die mich etwas irritiert: In vielen Kapitel findet man (meist am Ende) einen kursiven Text, der sachlich und neutral von außen Tshidisos Familiengeschichte erzählt. Und so recht wusste ich nicht, was es mit diesen berichtähnlichen Texten auf sich hatte. Sie wirken wie Fremdkörper in dem Buch, und ich frage mich, welche Funktion sie haben. Sind das Ausschnitte aus einem Zeitungsbericht, den eine farbige Journalistin, wie man am Ende erfährt, über Tshidiso schreibt? Oder sind das Aufzeichnungen aus Tshidisos Schulakte? Es ist etwas seltsam, dass das Rätsel selbst am Ende des Buches nicht aufgeklärt wird, und meiner Einschätzung nach sind diese eingestreuten Textstellen in keiner Weise für das Buch zielführend …

Fazit:

4 von 5 Punkten. Kagiso Lesego Molope hat eine Geschichte erzählt, die leise daherkommt und gerade deswegen einfühlsam vom Alltag der Rassentrennung in Südafrika erzählt. Es sind nicht die großen politischen Veränderungen, die angesprochen werden, sondern die Erlebnisse eines Mädchens in der Umbruchszeit, die anschaulich thematisiert werden. „Im Schatten des Zitronenbaums“ ist damit jugendgerecht erzählt (vor allem für Mädchen ab 12 Jahren) und macht neugierig, mehr über die Rassentrennung in Südafrika, die inzwischen aufgehoben ist, aber noch immer ihre Spuren in dem Land hinterlässt, zu erfahren.

Kagiso Lesego Molopes Jugendbuch ist sicher kein massentauglicher Titel – dafür ist das Buch zu still, und die Handlung ist eher beschaulich. Zudem hat mich der Wechsel in die berichtähnliche Erzählperspektive, den ich als unmotiviert empfunden habe, etwas gestört. Dennoch muss man „Im Schatten des Zitronenbaums“ zugutehalten, dass es eine kleine Geschichtsstunde ist, mit der man einen Blick auf den Alltag der Menschen Anfang der 1990er Jahre in Südafrika werfen kann.

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(Ulf Cronenberg, 21.09.2009)

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