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Buchbesprechung: Stefan Casta “Frag nicht nach meinem Namen”

Cover CastaLesealter 14+(Fischer-Verlag 2009, 316 Seiten)

Stefan Casta – der Name des Autors hört sich nach allem anderen als nach einem Schweden an. Und doch kommt Stefan Casta aus dem skandinavischen Land …

Mit „Frag nicht nach meinem Namen“ ist das zweite Jugendbuch des Autors auf Deutsch erschienen, der in seinem Heimatland schon mehrere hochrangige Literatur-Auszeichnungen bekommen hat. Es scheint also so, als wäre erst wenig von Stefan Casta ins Deutsche übersetzt worden …

Inhalt:

Victor lebt mit seinen Adoptiveltern Brigitte und Gustavo auf einem etwas heruntergekommenen Bauernhof fernab von größeren Städten. Er hat gerade sein Abitur gemacht und so langsam stellt er sich die Frage, was er mit seinem Leben anfangen will. Victor spürt ein gewisses Unbehagen, wenn er daran denkt, sich weiterhin um Felder und Tiere auf dem Hof zu kümmern – doch eine Idee, was er stattdessen machen soll, hat er nicht so recht. So beginnt er zuerst einmal einen Fernkurs Philosophie über das Internet.

Als Victor eines Tages mit seinem Hund Piccolo einen großen Hirsch direkt vor seiner Schrotflinte hat, erschießt er fast ein Mädchen, das genau in dem Moment zwischen ihm und dem Hirsch steht, als er den Finger am Abzug hat. Gerade noch kann er die Waffe herumreißen und trifft weder den Hirsch noch das Mädchen. Das Mädchen scheint, als er zu ihm geht, unter Schock zu stehen und reagiert nicht auf ihn. Er trägt das Mädchen zum Hof, wo es erst mal auf ein Sofa gelegt wird.

Es dauert lange, bis das unbekannte Mädchen wieder in die Realität zurückkehrt – es sind die zwitschernden Vögel draußen, die es aus seiner Starre erwachen lassen. Doch selbst als das Mädchen wieder sprechen kann, erzählt es Victor und seinen Eltern nicht, wer sie ist und woher sie kommt. Sie erwähnt lediglich, dass sie Esmeralda heiße.

Nach ein paar Tagen wird deutlich, dass die geheimnisvolle Esmeralda gerne bei Brigitte, Gustavo und Victor bleiben würde – Brigitte, die im Haus das Sagen hat, will das jedoch absolut nicht. Doch da passiert etwas Außergewöhnliches: Esmeralda lässt nicht locker, beharrt vehement darauf, bleiben zu dürfen, und schreit herum – und Brigitte lenkt völlig unerwartet ein. Victor freut sich darüber, dass Esmeralda nicht fortgehen muss. Doch er fragt sich, wer das Mädchen eigentlich ist – insbesondere, als sich herausstellt, dass das Sozialamt nach Esmeralda, die anscheinend anders heißt, sucht …

Bewertung:

Stefan Castas Roman ist ein eigensinniges Buch – und das meine ich im positiven Sinn. Eigensinnig, weil „Frag mich nicht nach meinem Namen“ aus einer fast altmodischen Mischung aus romantischen Elementen, ruhiger und eindrücklicher Erzählweise sowie eher wenig äußerer Handlung besteht. Das klingt vielleicht nicht gerade spannend … – aber der Castas Jugendroman ist gerade dadurch etwas Besonderes.

Ganz still wird das meiste aus Victors Perspektive erzählt. Der Junge ist ein genauer und ruhiger Beobachter, der sich viele Gedanken über Esmeralda, aber auch über die Zukunft in seinem Leben macht. Er fühlt sich zu Esmeralda hingezogen, bemerkt deren Widersprüche, bleibt jedoch diskret und fragt sie nicht aus. Victor ahnt, dass das Mädchen in der Vergangenheit Schlimmes mitgemacht hat, und bemerkt zugleich, wie Esmeralda auf dem Hof zunehmend auftaut und nach und nach fröhlicher wird.

Gefallen hat mir an „Frag nicht nach meinem Namen“ vor allem die zarte, poetische Sprache. Wie die glatte Oberfläche eines Sees bei Windstille liegt sie über allem und strahlt damit Ruhe und Faszination zugleich aus. Doch auch die Figuren aus dem Buch stellen eine interessante Mischung dar: die etwas schrullige Brigitte und der liebenswerte Gustavo auf der einen Seite, Esmeralda mit ihren Geheimnissen und Victor, der nur weiß, dass er den Hof verlassen muss, aber keinen Plan hat, was er stattdessen machen soll, auf der anderen Seite. Wie Victor schließlich im Laufe des Buches langsam zu sich selbst findet und am Ende einen neuen Weg einschlägt – das macht Stefan Castas Buch letztendlich auch zu einem Entwicklungsroman.

Kurz vor Ende erfährt man schließlich doch noch etwas über die Herkunft und das bisherige Leben des geheimnisvollen Mädchens. An dieser Stelle wäre das Buch fast „abgestürzt“, weil die Auflösung konstruiert wirkt. Dass das trotzdem nicht passiert, liegt daran, dass Stefan Casta das ganze Buch über sehr behutsam geblieben ist – und „Frag nicht nach meinem Namen“ steckt so sogar das weg …

Fazit:

5 von 5 Punkten. Stefan Castas Jugendbuch ist eine außergewöhnliche Mischung aus geheimnisvollen Elementen, Eindrücklichkeit und einem Schuss Weltentrücktheit. Solche Bücher bekommt man im Bereich der Jugendbücher nicht alle Tage in die Hand – Bücher von hoher literarischer Qualität auf allen Ebenen.

Ich war von „Frag nicht nach meinem Namen“ (die einfühlsame Übersetzung stammt von Birgitta Kicherer) schon bald gefesselt, und die Begeisterung hat bis zum Schluss gehalten. Auf der Handlungsebene tut sich in dem Buch eher wenig – Stefan Castas Buch lebt eher von der zarten Sprache und von den einfühlsamen Personenbeschreibungen … Das ist – alles in allem – kein Buch für Jugendliche, die Spannung suchen, sondern ein Buch für stille und beschauliche Stunden am Abend.

Den Namen Stefan Casta werde ich mir jedenfalls merken …

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(Ulf Cronenberg, 06.09.2009)

Kommentare (2)

  1. Wolfie

    Nabend. Eine etwas unpassende Frage, aber wie kann ich diesen Blog zu meinem Google Feedreader hinzufügen? Finde keinen Link. Auf jeden Fall ein toller Beitrag.

    Antworten
    1. Ulf Cronenberg

      Das geht eigentlich ganz einfach: Der Link ist auf jeder Seite rechts oben unter der Kopfgrafik zu finden. Dort steht „Als RSS abonnieren“. Ansonsten heißt die Link-URL: http://ulfcronenberg.macbay.de/wordpress/feed/. Damit geht das auch.

      Antworten

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