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Buchbesprechung: Kathrin Schrocke “Dorfprinzessinnen”

Cover SchrockeLesealter 12+(Sauerländer-Verlag 2009, 208 Seiten)

Es ist schon etwas her, dass Kathrin Schrocke ihr letztes Jugendbuch veröffentlicht hat. „Finding Alex“ ist im Jahr 2006 beim Oetinger-Verlag erschienen und hat mir damals gut gefallen.

Das neue Buch der in Augsburg lebenden Autorin wurde in der Thriller-Reihe des Sauerländer-Verlags herausgegeben, und das trashige Buchcover mit dem ungewöhnlichen Titel macht zumindest neugierig.

Inhalt:

Mit ihrer Mutter ist Kristin von der Stadt in das Haus ihrer gestorbenen Großeltern aufs Land gezogen – und das Mädchen ist alles andere als begeistert davon. In der Schule tut sie sich schwer, Freunde zu finden, lediglich der Deutschlehrer Adrian Heuscher ist für Kristin, die sich für Literatur interessiert und viel liest, ein Lichtblick.

Im Dorf hat sich vor 15 Jahren ein großes Drama abgespielt: Bianca, die Tochter einer reichen Familie, wurde damals entführt. Die Lösegeldübergabe scheiterte – angeblich auch deswegen, weil der Dorfpolizist auf eigene Faust gehandelt hat –, und Bianca tauchte nie wieder auf oder wurde gefunden. Alle gehen davon aus, dass Bianca, die eine Freundin von Kristins Mutter war, von ihrem Entführer, der damit gedroht hatte, umgebracht wurde.

Patrizia ist nach einiger Zeit das einzige Mädchen, mit dem sich Kristin anfreundet. Doch Patrizia ist etwas seltsam: Großspurig erzählt sie von ihren Erfahrungen mit erwachsenen Männern und scheint auch sonst nicht zimperlich zu sein, wenn sie z. B. im Alter von 16 schon an dem jährlichen illegalen Dorf-Autorennen teilnimmt. Einerseits sucht Patrizia den Kontakt zu Kristin, andererseits lässt sie diese aber auch immer wieder links liegen.

Dann verschwindet Patrizia, die gesagt hatte, sie würde zu Kristin gehen, plötzlich eines Tages – niemand will jedoch so recht an ein Verbrechen oder eine Entführung glauben, weil Patrizia immer davon gesprochen hat, dass sie das Dorf verlassen wolle, um nach Berlin zu gehen. Außerdem ist sie schon öfters für mehrere Tage von zu Hause abgehauen. Doch auch nach Tagen fehlt von Patrizia jede Spur …

Bewertung:

„Dorfprinzessinnen“ ist irgendwie eine seltsame Geschichte über zwei Mädchen und ihre Welt. Das Leben auf dem Land kommt dabei nicht gerade gut weg, auch wenn in dem Dorf doch so einiges los zu sein scheint.

Geschickt legt Kathrin Schrocke mit der Vorgeschichte um Bianca, das vor 15 Jahren verschwundene Mädchen, die Fährte zum Verschwinden von Patrizia – doch das alles zieht sich sehr lange hin. Bis Patrizia dann von der Bildfläche verschwindet, ist man schon über Seite 100 hinaus – für einen packenden Thriller plätschert das Buch für meinen Geschmack in der ersten Hälfte zu belanglos dahin. Nur ab und zu spitzen hier ein paar gute Formulierungen und Beobachtungen durch – doch das ist zu wenig, um den Leser bei der Stange zu halten.

Erst die zweite Hälfte des Buches wird dann dem Prädikat Thriller einigermaßen gerecht. Denn Patrizias Verschwinden löst natürlich zum einen Erinnerungen an den Fall Bianca aus und sorgt somit für einige Aufregung im Dorf, wird zum anderen aber nicht so richtig ernst genommen, weil das Mädchen ja schon öfters abgehauen war. Hier zieht sich dann das Netz – wie es sich für einen Thriller gehört – auch langsam zu. Und am Ende wird dann nicht nur der Fall von Patrizia, sondern auch noch der von Bianca aufgeklärt.

Neben der zweiten Hälfte ist an dem Buch vielleicht noch am spannendsten die Figur Patrizias. Dahinter steckt die Charakterstudie eines Mädchens, das sich irgendwie nicht einordnen lässt und eine Grenzgängerin ist. Was man nach und nach über das Mädchen erfährt, ist plausibel und gehört zu den guten Teilen des Buches.

Fazit:

2-einhalb von 5 Punkten. Ich habe schon packendere Thriller als „Dorfprinzessinnen“ gelesen – und im Vergleich zu diesen ist Kathrin Schrockes Buch insbesondere in der ersten Hälfte einfach zu lahm, um wirklich zu gefallen. Meiner Meinung nach ist die Geschichte zu linear erzählt. Was ihr fehlt, sind Perspektivenwechsel und andere erzählerische Finessen. Hätte die Geschichte mit einem Paukenschlag – z. B. Patrizias Verschwinden – begonnen, um dann nach und nach die Hintergründe aufzurollen, hätte mehr aus der Geschichte geholt werden können.

Dass Patrizia eine interessante Figur ist, dass die zweite Hälfte des Buches deutlich rasanter zu Werke geht, reicht leider nicht aus, um „Dorfprinzessinnen“ zu einem wirklich empfehlenswerten Buch zu machen. Und damit bleibt „Dorfprinzessinnen“ leider deutlich hinter Kathrin Schrockes gelungenem Jugendbuch „Finding Alex“ (das allerdings kein Thriller ist) zurück.

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(Ulf Cronenberg, 02.08.2009)

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