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Buchbesprechung: Peter Zolling “Das Grundgesetz”

Cover ZollingLesealter 15+(Hanser-Verlag 2009, 197 Seiten)

Am gestrigen Tag hat sich nicht nur die Mondlandung zum 40. Mal gejährt, sondern im Jahr 2009 gibt es noch einen anderen großen Geburtstag zu feiern: Das Grundgesetz wurde am 23. Mai 60 Jahre alt. Peter Zolling, Journalist und Buchautor, hat das zum Anlass genommen, ein Buch für Schüler und Studenten (wie der Hanser-Verlag schreibt) zu verfassen, das im Untertitel „Unsere Verfassung – wie sie entstand und was sie ist“ heißt. Ein ehrwürdiges Vorhaben ist das jedenfalls – aber sicher kein einfaches, klingt das Thema nicht gerade (auch wenn ich es für wichtig halte) nach einem Bestseller für Jugendliche.

1949 – vier Jahre nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges – wurde das Grundgesetz verabschiedet und hat seitdem von kleineren Veränderungen abgesehen nach wie vor Gültigkeit. Eine einfache Geburt war dem Grundgesetz nicht beschieden – dafür waren die Bedingungen nach dem Weltkrieg nicht günstig genug: Die deutsche Teilung zeichnete sich immer deutlicher ab, und die Siegermächte des Zweiten Weltkrieges, die Deutschland in vier Besatzungszonen aufgeteilt hatten, waren auch uneins darüber, wie viel Eigenständigkeit ein deutscher Staat bekommen sollte.

Dennoch haben sich Staatswissenschaftler und Rechtsgelehrte im Auftrag der Alliierten zusammengefunden, um ein Verfassungsprovisorium aufzusetzen – ein Provisorium, weil das Grundgesetz nur als Übergangslösung gedacht war, die bis zur deutschen Wiedervereinigung halten sollte. Dass die Wiedervereinigung aber auf sich warten ließ, dass fast 20 Jahre nach der Wiedervereinigung das Grundgesetz noch immer in Kraft und nach wie vor aktuell ist: damit hatte damals niemand gerechnet.

In Peter Zollings Buch wird im ersten Teil genau erklärt, wie das Grundgesetz entstanden ist: Wie die Ausgangslage in Deutschland nach dem Zweiten Weltkrieg war, wer daran mitarbeitete, mit welchen Problemen die Verfasser des Grundgesetzes zu kämpfen hatten und was sie sich bei den Grundgesetzartikeln gedacht haben. Einiges Wissenswerte und Interessante erfährt man hier über die Entstehungsgeschichte des Grundgesetzes.

In einem zweiten Teil werden dann die 19 Artikel des Grundgesetzes, die die Grundrechte enthalten, vorgestellt – zunächst in ihrem Originalwortlaut, um dann ausführlich erläutert und diskutiert zu werden. Behutsam wird man dabei vom Autor in die Auslegung der einzelnen Artikel eingeführt, so dass man die Tragweite des Grundgesetzes erkennt.

Im letzten Teil des Buches, der vergleichsweise kurz gehalten ist, zeigt Peter Zolling dann auf, inwiefern die Veränderungen und Probleme der letzten Jahr(zehnt)e eine Herausforderung für das Grundgesetz darstellen. Das Thema EU wird angeschnitten, aber auch die Wirtschaftskrise, in der wir seit Herbst letzten Jahres stecken – ein also recht aktuelles Kapitel.

Ja, und wie schlägt sich Peter Zolling in seinem Buch? Wissensreich und mit vielen Hintergrundinformationen kommt das Sachbuch daher, durchaus auch engagiert, wenn Peter Zolling immer wieder seine eigene Meinung einfließen lässt. Leicht zu lesen ist der Buchtext jedoch nicht unbedingt, weil die Sätze viele Informationen enthalten und vieles verdichtet ausgedrückt wird. 15 Jahre alt sollte man für das Buch also schon sein – und vielleicht auch noch ein bisschen politisches Vorwissen mitbringen. Politikmuffel oder gänzlich mit dem Thema unvertraute Jugendliche werden Peter Zollings Buch wohl schon nach einigen Seiten aus der Hand legen – da bin ich mir sicher. Schade eigentlich – denn genau das wäre ganz große Kunst: ein Buch zu schreiben, das politikferne Jugendliche ja nicht unbedingt verschlingen müssen, aber eben freiwillig ganz durchlesen und mit einem Aha-Gefühl aus der Hand legen.

Man mag das dem Buch nicht direkt vorhalten, denn die Absicht hinter dem Titel war wohl eine andere. Dennoch: Ab und zu hätte Peter Zolling ruhig ein bisschen weniger fachkundig daherkommen können – nicht inhaltlich, sondern in Bezug auf seinen Schreibstil, der eher etwas für (junge) Erwachsene als für junge Leser ist. Und ein paar mehr Bilder hätten auch nicht geschadet. Gerade mal am Anfang der Kapitel findet man jeweils ein oder zwei Fotos … – eindeutig zu wenig.

Fazit:

3-einhalb von 5 Punkten. Der große Wurf, der Jugendliche an Politik und unsere Rechtsgrundlagen heranführt, ist „Das Grundgesetz“ von Peter Zolling leider nicht. Sicher, der Autor geht (soweit ich das beurteilen kann) äußerst sachkundig zu Werke, er weiß Interessantes zu berichten, beleuchtet Hintergründe zur Entstehung des Grundgesetzes – aber ein bisschen ist das Buch eben doch an der Zielgruppe Jugendlicher vorbeigeschrieben. Da hätte man sich mehr Bilder gewünscht, eine etwas weniger dröge, stattdessen aufgelockertere Sprache und nicht zuletzt noch ein bisschen mehr Beispiele und Anekdoten.

So ist Peter Zollings „Das Grundgesetz“ alles in allem eher ein Buch für (junge) Erwachsene geworden, das in einem Jugendbuch-Verlag herausgegeben wurde. Und das ist schade … Mir wäre ein Buch, das in einem Erwachsenen-Verlag erschienen ist, aber das Interesse Jugendlicher weckt, lieber gewesen.

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(Ulf Cronenberg, 21.07.2009)

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