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Kurzrezension: Mariah Fredericks “Alles nur ein Spiel?”

Cover FredericksLesealter 13+(Carlsen-Verlag 2008, 270 Seiten)

Das Buch der Amerikanerin Mariah Fredericks ist nicht mehr ganz neu – es ist auf Englisch bereits 2004 erschienen, aber erst jetzt von Anja Malich für den Carlsen-Verlag ins Deutsche übersetzt worden. Das Besondere an dem Buch ist, dass es ein bisher viel zu selten in Jugendbüchern aufgegriffenes Thema anspricht: Computerspiele, genauer Online-Rollenspiele.

„Alles nur ein Spiel?“ beginnt wirklich packend: Judith ist eine recht begabte Schülerin, die eine besonders anspruchsvolle Schule besucht – ihre Stärken liegen vor allem in Mathematik. In ihrer Freizeit spielt sie seit einiger Zeit ein Online-Rollenspiel und trifft sich in der virtuellen Welt mit fünf anderen Spielern, die sie im realen Leben nicht kennt. Auch sie selbst verschleiert ihre wahre Identität – insbesondere auch dadurch, dass sie in der Spielewelt eine männliche Figur namens Terryn, einen Dieb, gewählt hat.

Doch in dem Online-Spiel verändert sich etwas in dem Clan, den Judith mit den anderen Spielern bildet. Eine der Figuren – Irgan genannt – provoziert mit Terryn neuerdings Konflikte, obwohl die Spieler eines Clans ja eigentlich zusammenhalten sollten. Als die anderen auf einen Beutezug gehen, soll Terryn das Lager des Clans bewachen, doch Irgan beschließt, Terryn zur Seite zu stehen und ebenfalls nicht loszuziehen. Doch das ist nur ein Vorwand, um Terryn, wenn die anderen weg sind, anzugreifen. Und so kommt es auch …

Judith hofft, dass der Spielleiter den Kampf innerhalb ihres Clans unterbindet, doch das tut er nicht. Als Irgan den Kampf gegen Terryn gewinnt und darüber entscheiden muss, was mit Terryn geschieht, passiert etwas Seltsames: Irgan will Terryn verschonen – doch an dieser Stelle mischt sich der Spielleiter ein und gibt bekannt, dass das nicht ginge. Irgan müsse entweder selbst aus dem Spiel ausscheiden oder andernfalls doch Terryn töten, womit Judiths Figur aus dem Spiel wäre. Als Irgan wirklich erwägt, Terryn zu begnadigen, beschließt Judith selbst, das Spiel mit ihrer Figur aufzugeben. Doch die Frage geht ihr die Tage danach nicht aus dem Kopf, warum Irgan sie verschonen wollte. Das macht einfach keinen Sinn.

Kurz darauf macht Judith eine Entdeckung, die sie darauf aufmerksam macht, wer Irgan im wirklichen Leben sein könnte …

In den letzten Absätzen ist die wesentliche Handlung des Buches auf den ersten hundert Seiten zusammengefasst, und diese waren spannend und fesselnd. Doch leider macht „Alles nur ein Spiel?“ dann eine recht deutliche Kehrtwendung. Das Computerspiel spielt in dem Jugendbuch danach kaum noch eine Rolle, stattdessen geht es um Judiths Leben, das nicht immer leicht ist. Da wird von einem Versuch sexueller Nötigung erzählt, man lernt Judiths seltsamen Nachbarn Jonathan kennen, dessen Eltern ständig nur streiten, man erfährt etwas über Judiths schulische Situation sowie über die Probleme, die sie mit einer früheren Freundin hat, von der sie inzwischen gemieden wird.

Das klingt eigentlich ganz interessant, aber das Buch hat deutlich dadurch an Reiz verloren, dass das Besondere – die Auseinandersetzung mit den Auswirkungen eines Online-Computerspiels – als Thematik aufgegeben wird. Wie gut wäre es gewesen, wenn dieses Thema auch weiterhin eine Rolle gespielt hätte … Doch so sind die überraschenden ersten 100 Seiten leider nur eine ausführliche Einleitung für ein dann eher gewöhnliches Jugendbuch, das sich nicht mehr von vielen ähnlichen Pubertätsromanen unterscheidet. Schade.

Fazit:

3-einhalb von 5 Punkten. Mariah Fredericks‘ Buch erfüllt leider nicht die Erwartungen, die man nach den ersten hundert Seiten an das Buch hat. Es hätte das längst fällig Jugendbuch über das Thema Online-Rollenspiele, über die Verzahnung von Spielwelt und Realität sein können, wenn der Beginn des Buches darin eine Fortsetzung gefunden hätte. Doch leider bricht die Auseinandersetzung mit der Computerspielwelt schon bald ab.

Es ist nicht so, dass der Rest des Buches schlecht erzählt ist, dass die Themen nicht auch interessant sind – aber sie sind auch nicht so packend und bahnbrechend, dass man am Ende den Eindruck hat, dieses Buch unbedingt gelesen zu haben müssen.

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(Ulf Cronenberg, 09.11.2008)

Kommentare (0)

  1. Sefan

    Ich habe es gelesen und schreibe eine Buchvorstellung. Hat jemand Tipps?
    ECHT GUT, dieses Buch. Weiß jemand, ob es einen 2. Teil gibt? Denn man weiß ja nicht, was in der E-Mail steht!?

    Antworten
    1. Ulf Cronenberg

      Also, bisher ist kein 2. Teil angekündigt – sieht also eher nicht so aus, als würde das Buch fortgesetzt …

      Antworten
  2. Sefan

    Danke ! Ist aber auch schade!
    Gibt es die Schule von Judith wirklich?
    Wenn ich meine Buchvorstellung fertig habe, kann ich sie dann auch hier auf der Seite veröffentlichen?

    Antworten
    1. Ulf Cronenberg

      Hallo Sefan,
      ob es die Schule wirklich gibt, weiß ich auch nicht (woher auch?) … Und mit der Veröffentlichung deiner Buchvorstellung kann ich dir leider nicht weiterhelfen. Solche Dinge mache ich nicht hier bei Jugendbuchtipps.de. Trotzdem: Viel Erfolg dabei!
      Gruß, Ulf

      Antworten
  3. Marie loves him

    Das Buch ist echt gut, und ich finde, wenn es sich mehr um Online-Spiele gedreht hätte, wäre es nicht spannend gewesen!

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  4. Katharina

    Ich bin gerade dabei, dieses Buch zu lesen. Bin gerade bei dem Teil, wo Judith das zweite Mal zu Kathi geht. FInde es echt gut. Ich kann gar nicht mehr aufhören zu lesen. 😉
    LG, Katharina

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