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Kurzrezension: Johan Heliot "Kaltgestellt – Kontrolle wider Willen"

Cover HeliotLesealter 14+(Edition Quinto bei Terzio 2008, 218 Seiten)

Den Terzio-Verlag kenne ich eigentlich bisher nur von Spiele-CD-ROMs für Kinder und Jugendliche – doch seit kurzem hat sich der Verlag neu ausgerichtet und führt nun auch Jugendbücher in seinem Sortiment. Spezialisiert hat sich Terzio dabei (die Bücher werden in der so genannten „Edition Quinto“ herausgegeben) anscheinend auf Thriller für Jugendliche. Und „Kaltgestellt“ vom französischen Autor Johan Heliot (Übersetzung: Maren Partzsch) habe ich mir nun einmal angeschaut.

Nimmt man es genau, so ist „Kaltgestellt“ eigentlich eine Mischung aus Science-Fiction und Thriller, denn das Buch spielt – ohne dass eine genaue Jahreszahl angegeben wird – ca. 15 Jahre nach unserer Zeit. Lou ist ein Mädchen aus dem reichen In-Viertel einer Stadt, macht ihren Eltern jedoch Sorgen, weil sie in ihrer Freizeit zu viel kifft. Als das Mädchen eines Tages aufwacht, wird sie von einem durchtrainierten Mann sowie zwei Begleitern in einem Van mit in ein Erziehungscamp mitgenommen. Lou ist entsetzt, weil sie auf der Fahrt erfährt, dass ihre Eltern hierfür ihr Einverständnis gegeben haben.

In dem Erziehungscamp findet sich Lou nicht allzu schnell zurecht. Das Essen ist schlecht, die Jugendlichen sind voreinander verschlossen (ja, manche benehmen sich wie menschliche Roboter) – doch was viel schlimmer ist: Die Jugendlichen werden ständig überwacht – anscheinend, wie Lou später von Erwan erfährt – über einen implantierten GPS-Chip. So endet Lous erster Fluchtversuch auch am Bahnhof des nächsten Dorfs.

Mit Erwan, einem rätselhaften Jungen, der sich im Hungerstreik befindet und sehr viele Narben auf seiner Haut hat, unternimmt Lou später einen zweiten, besser geplanten Fluchtversuch. Doch auch hier geht einiges schief … Und dennoch: Zumindest Lou kann sich in die Freiheit retten und wird dort vom freien Web-Journalisten Muna Katz gefunden. Dieser will die ungeheuerlichen Vorkommnisse in dem Erziehungscamp, in dem Jugendliche anscheinend auch mit Gehirnsonden manipuliert werden, aufdecken. Lou kommt ihm als Informantin gerade recht. Doch Patrick Drake, ihr Mentor aus dem Erziehungscamp, ist ebenfalls hinter Lou her …

Johan Heliots Buch liest sich jedenfalls schnell und hält den Leser mit einer im Großen und Ganzen spannenden Geschichte in Trab. Die Idee mit dem Erziehungscamp ist nicht gerade neu (um nur zwei Bücher mit ähnlichem Hintergrund zu nennen: Louis Sachars „Löcher“ oder April Henrys „Breakout„), jedoch verbindet der französische Autor die Story mit Science-Fiction-Elementen.

Dass es Johan Heliot mit seinem Thriller nicht nur um Spannung, sondern auch darum geht, Jugendliche vor einem sich abzeichnenden Überwachungsstaat zu warnen, ist im Nachwort des Autors zu lesen. Dort findet man auch den Hinweis, dass es in den USA durchaus schon ähnliche Erziehungscamps geben soll, in denen die Rechte der Jugendlichen unter dem Deckmantel der Verhaltensmodifikation mit Füßen getreten werden. Ehrlich gesagt: Das engagierte Nachwort von Johan Heliot hat mich ein wenig mit dem etwas harmlosen Buch versöhnt. Denn im Gegensatz zum Buchthema ist der Schreibstil von „Kaltgestellt“ nicht unbedingt als engagiert zu bezeichnen. Und aus den Figuren, die z. B. mit Muna Katz oder Erwan eigentlich ganz gut angelegt sind, wäre auch deutlich mehr herauszuholen gewesen. Johan Heliot kratzt hier zu sehr an der Oberfläche.

Fazit:

2-einhalb von 5 Punkten. „Kaltgestellt“ ist nicht gerade ein großer Wurf. Es gibt spannendere Thriller unter den Jugendbüchern, und es gibt bessere Science-Fiction-Romane. Man verschlingt das Buch schnell, doch mir persönlich ist das Buch einfach zu wenig gewagt und liegt zu sehr im Mainstream. Brav setzt sich der Autor mit dem wichtigen Thema Überwachungsstaat auseinander, aber er hat nicht den Mut, dem Leser auf literarischer Ebene etwas mehr abzuverlangen. Das Buch ist einfach nur linear erzählt und sprachlich unaufällig geschrieben – man wünscht sich beim Lesen einfach ein bisschen mehr Wagnis, wie es zu dem Thema auch passen würde.

„Kaltgestellt“ ist damit meiner Meinung nach vor allem ein Buch für Wenigleser, die spannende Kost suchen, aber keine allzu hohen Ansprüche an die literarische Qualität eines Buches stellen. Aber auch da gibt es Besseres …

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(Ulf Cronenberg, 13.10.2008)

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