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Buchbesprechung: Marjolijn Hof "Tote Maus für Papas Leben"

Cover HofLesealter 12+(Bloomsbury-Verlag 2008, 104 Seiten)

Im niederländischen Original heißt Marjolijn Hofs Buch „Een kleine kans“, was man mit „Eine kleine Chance“ übersetzen könnte. Da gefällt mir „Tote Maus für Papas Leben“ doch besser, auch wenn das nicht allzu viel über das Buch verrät.

„Tote Maus für Papas Leben“ ist Marjolijn Hofs erstes Jugendbuch, hat jedoch in den Niederlanden gleich einige niederländische Literaturpreise eingeheimst: den Goldenen Griffel (Gouden Griffel) und die Goldene Eule (Gouden Uil). Und jetzt ist das Buch auch auf Deutsch erschienen …

Inhalt:

Kiki ist zehn Jahre alt und lebt mit ihren Eltern und dem altersschwachen Hund Mona in einem Haus. Ihr Vater ist Arzt, arbeitet jedoch nicht in einem Krankenhaus oder einer Praxis. Es zieht ihn immer zu Kriegs- und Krisenschauplätzen, wo er dann als Arzt tätig ist. Weder seine Frau noch Kiki sind davon begeistert und machen sich oft Sorgen, dass etwas passieren könnte. Doch Kikis Vater hat seiner Frau schon vor der Heirat gesagt, dass sie damit leben müsse oder sich einen anderen Mann suchen solle, wenn sie damit nicht zurecht käme …

Als Kikis Vater wieder in ein Kriegsgebiet geht, machen sich Mutter wie Tochter natürlich auch diesmal Sorgen. Doch Kikis Vater versucht von unterwegs immer wieder zu Hause anzurufen, bis auf einmal die Telefonanrufe für mehrere Tage ausbleiben. Kiki und ihre Mutter haben Angst, dass etwas passiert sein könnte, doch sie können von zu Hause aus nichts tun.

Kiki hat sich, als Papa abgereist ist, eine Maus gewünscht und sie bekommen. Als ihre Mutter ihr erklärt, wie das mit der Wahrscheinlichkeit funktioniert – dass es Situationen gibt, in denen es wahrscheinlicher ist zu sterben als in anderen -, macht Kiki ihre ganz eigene Rechnung auf. Sie überlegt, dass es unwahrscheinlicher ist, eine tote Maus und gleichzeitig einen toten Vater zu haben. Und so überlegt sie, ob sie ihre Maus töten soll, bringt es aber nicht übers Herz. Doch dann hat sie eine andere Idee …

Bewertung:

Marjolijn Hofs Buch ist mit seinen hundert Seiten schnell gelesen, und am Ende habe ich es angerührt aus der Hand gelegt. „Tote Maus für Papas Leben“ lässt einen auf sehr einfühlsame Art und Weise in das Denken und Fühlen eines 10-jährigen Mädchens blicken, das eine schwierige Situation erlebt. (Es ist übrigens schwer, das Buch zu bewerten, ohne weiter darauf einzugehen, was im Verlauf des Buches alles passiert – aber ich will ja nichts vorwegnehmen …)

Kiki erschien beim Lesen jedenfalls sehr plastisch vor meinem inneren Auge. Es sind die seltsamen Gedanken eines jungen Mädchens, die sehr genau dargestellt werden – vor allem auch in ihrer Irrationalität. Denn vieles von dem, was in Kiki vorgeht, ist nicht logisch und vernünftig. Aber so denken und fühlen Menschen (nicht nur Kinder und Jugendliche) eben oft.

Wie Marjolijn Hof das auf eine sehr einfühlsame und gleichzeitig kurzweilige Art und Weise erzählt, ist bewundernswert. Die schüchterne Spannung des Buches (die natürlich gar nichts mit Action zu tun hat) baut darauf auf, dass man als Leser mitfiebert und sich fragt (und wissen will), was denn nun mit Kikis Vater los ist. Ist er ums Leben gekommen? Hatte er einen Unfall? Oder war er einfach nur von der Außenwelt abgeschnitten?

Am Ende erfährt man natürlich, was los war. Und jedenfalls gibt es kein unbeschwertes Happy-End – was dem Buch auch zugute gehalten werden muss. (Mehr sei jetzt aber wirklich nicht verraten!) Wären sich alle am Ende nur glücklich in den Armen gelegen, wäre das Buch am Ende banal gewesen – und es ist, Gott sei Dank, alles andere als das.

Fazit:

5 von 5 Punkten. „Tote Maus für Papas Leben“ ist eines der Bücher, die kurz, prägnant und sehr dicht geschrieben sind – ein einfühlsames Buch, das mich an ein anderes holländisches Buch mit ähnlichem Tonfall erinnert hat: Martha Heesens “Die Nacht, als Mats nicht heimkam”. Wie man in dem Buch in die Gedankengänge und Gefühle eines jungen Mädchens blicken darf, ist etwas ganz Besonderes. Und es ist bestechend, wie einfühlsam und trotzdem irgendwie auch hoffnungsvoll eine solche schwierige Lebensituation im Leben eines Mädchens in dem Buch beschrieben wird.

Ich habe mich lange gefragt, für welches Alter Marjolijn Hofs Buch geeignet ist – der Verlag schweigt sich auf der Webseite dazu aus. Entschieden habe ich mich – auch wenn das Buch eher wie ein Kinderbuch aussieht und Kiki zehn Jahre alt ist – für eine Empfehlung ab 12 Jahren. Denn das Thema des Buches wird zwar einfühlsam behandelt, aber so ganz ohne ist die Geschichte doch nicht. Darüber hinaus dürften sicher auch Erwachsene an diesem Buch Gefallen finden – und als Vorlesebuch, wenn man es gemeinsam liest, ist „Tote Maus für Papas Leben“ meiner Meinung nach schon ab 10 Jahren geeignet.

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(Ulf Cronenberg, 27.08.2008)


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