(Dressler-Verlag 2008, 273 Seiten)
„Operation Red Jericho“ ist ein Buch, das einem sofort ins Auge sticht – nicht umsonst hat das Buch im Jahr 2006 einen englischen Preis für das innovativste Kinderbuch bekommen. Mit dem roten Stoffeinband, dem Gummi, der das Büchchen zusammenhält, sowie mit den abgerundeten Ecken sieht es ein wenig wie ein Tage- oder Notizbuch aus. Und das ist Absicht.
Doch nicht nur der Buchumschlag ist außergewöhnlich – auch wenn man das Buch aufblättert, setzt es sich von der Gestaltung anderen Jugendbüchern ab: Neben dem Text gibt es zahlreiche Bilder und Skizzen zu bestaunen, ja sogar farbige Landkarten und technische Zeichnungen, die man aufklappen kann, sind in dem Buch zu finden. Schön, dass es solche Bücher gibt! Bleibt nur die Frage, ob der Inhalt des Buches mit dem Äußeren mithalten kann…
Inhalt:
Die Geschwister Rebecca und Douglas MacKenzie sind seit einem Jahr auf sich selbst gestellt, denn ihre Eltern sind seitdem verschollen. Die beiden wissen nicht, ob ihre Eltern noch leben, und befürchten das Schlimmste. Becca und Doug (wie die beiden meist genannt werden) sind mit ihren Eltern schon viel in der Welt herumgekommen und besteigen in Südchina schließlich das Forschungsschiff ihres Onkels Fitzroy MacKenzie, um diesen zu begleiten. Der Onkel soll sich um das Geschwisterpaar kümmern.
Fitzroy MacKenzie scheint auf einer geheimen Mission unterwegs zu sein – die Geschichte spielt im Jahr 1920 – und Becca und Doug versuchen in ihrer grenzenlosen Neugierde mehr darüber hinauszufinden, obwohl ihnen ihr Onkel das Herumschnüffeln auf dem Schiff strengstens untersagt hat. Doch das Geschwisterpaar hält sich nicht an diese Vorgabe und findet unter anderen heraus, dass ihr Onkel für einen Geheimbund – die HGS (Honourable Guild of Specialists) – arbeitet, dem auch ihre Eltern angehört haben. Der Geheimbund ist einem geheimnisvollen und energiereichen Element namens Zoridium – auch „Tochter der Sonne“ genannt – auf der Spur, das einige zwielichtige Gestalten in Waffen einsetzen wollen, während der Geheimbund dies zu verhindern versucht. Becca und Doug vermuten, dass das Verschwinden ihrer Eltern etwas mit diesem Geheimbund zu tun hat.
Doch dann kommt Fitzroy MacKenzie dem Herumschnüffeln seiner Neffen auf die Spur und beschließt, weil diese sich nicht an die Regeln gehalten haben, die beiden mit dem nächsten Dampfschiff von Shanghai nach San Francisco zu einer Tante zu schicken. Als Becca und Doug jedoch in Shanghai auf das nächste Dampfschiff warten, versuchen sie weiterhin, mehr über die Geheimgilde herauszufinden und werden so wieder in die Geschichte hineingezogen. Schon bald befinden sie sich – ohne dass ihr Onkel zunächst davon weiß – mit ihm und seinen Verbündeten in einem gefährlichen Kampf gegen den großen Schurken Sheng-Fat…
Bewertung:
„Operation Red Jericho“ ist ein richtiges Abenteuerbuch, das alles beinhaltet, was eine solche Geschichte braucht: zwei besserwisserische Jugendliche, die nicht bereit sind, sich von Erwachsenen etwas sagen zu lassen, Bösewichte, die etwas im Schilde führen, sowie ein großer Packen von Geheimnissen, die erst am Ende des Buches (und auch da nur zum Teil – schließlich ist das Buch der erste Band der „Gilden-Chronik“ – die Geschichte wird also fortgeführt) aufgelöst werden. Beim Lesen wird man dabei so richtig in die Geschichte hineingezogen – die ungewöhnliche Schreibweise aus Tagebucheinträgen Beccas, der normal erzählten Geschichte sowie die vielen Abbildungen und Skizzen unterstützen das meisterhaft.
Joshua Mowll scheint selbst viel Spaß beim Schreiben der Geschichte gehabt zu haben – die vielen Zeichnungen, die auch aus seiner Feder stammen, sind mit Liebe zum Detail gezeichnet, und gerade technikbegeisterte Jungen dürften die erläuterten Abbildungen von Torpedobooten oder Festungen sehr gut gefallen. Man kann die Geschichte jedoch auch ohne genaueres Studium dieser „Beigaben“ einfach als Abenteuergeschichte um ein Geschwisterpaar lesen.
Dass die Geschichte insgesamt ein bisschen sehr mit dem üblichen Klischees von Abenteuerromanen spielt (hier die Guten, dort die Bösen), dürfte wohl nur ältere Leser etwas stören. Kinder und jüngere Jugendliche ab 10 bis 11 Jahren werden da sicherlich keine Schwierigkeiten damit haben.
Fazit:
5 von 5 Punkten. Joshua Mowlls Buch ist wirklich ein Schmuckstück geworden, dessen Aufmachung ohne Zweifel als innovativ bezeichnet werden kann. Von der Gestaltung des Buches war ich jedenfalls ziemlich begeistert (auch wenn die Schrift in den Skizzen und unter den Bildern manchmal etwas sehr klein geraten ist). Dass die Geschichte um Becca und Doug demgegenüber leicht abfällt (aber nur unwesentlich), weil ihr aus meiner Sicht ein bisschen Tiefe fehlt, ist wohl eher die Kritik eines Erwachsenen, als dass sich jugendliche Leser daran stören dürften. „Operation Red Jericho“ ist und bleibt trotzdem ein spannendes Buch, das man schnell ausgelesen hat.
Auch wenn ich nicht zu sehr auf Geschlechtsstereotypen herumreiten will: Joshua Mowlls Buch dürfte sowohl Jungen als auch Mädchen gefallen. Viele Jungen dürften vor allem die technischen Details und Skizzen lieben, während vielleicht Mädchen eher von der spannenden Geschichte, in der auch Frauen und Mädchen eine wichtige Rolle spielen, in Bann gezogen werden.
„Operation Red Jericho“ ist jedenfalls ein ganz besonderes Buch, das zwar die Abenteuergeschichte nicht neu erfindet, aber in der äußeren Gestaltung zeigt, was möglich ist.
(Ulf Cronenberg, 16.07.2008)
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Das beste Buch, das ich jemals gelesen habe. Super spannend.