(dtv 2008, 235 Seiten)
Die Rezension zu Kevin Brooks „Kissing the Rain“ ist gerade eine Woche alt – und schon gibt es eine neue Buchbesprechung von einer Autorin mit dem Nachnamen Brooks. Allerdings von Martha Brooks. Bei diesem jedoch wohl eher häufig in Englisch sprachigen Ländern vorkommenden Nachnamen ist es jedoch nicht verwunderlich, dass beide nicht miteinander verwandt sind. Kevin Brooks lebt in England, Martha Brooks kommt dagegen aus Kanada.
Die Autorin ist übrigens auch eine erfolgreichen Jazz-Sängerin, die schon Preise für Ihre Musik bekommen hat. Aber hier soll es natürlich um das neueste Buch von Martha Brooks gehen: „Mistik Lake“…
Inhalt:
Odella lebt mit ihrer Familie in Winnipeg. Ihr Vater ist Architekt und arbeitet recht viel, während Odellas Mutter depressiv ist und zu viel Alkohol trinkt. Außerdem sind da noch Odellas jüngere Schwestern Janelle und Sarah.
Dass es Odellas Mutter häufig nicht gut geht, liegt an einem Vorfall, der in ihrer Jugend stattgefunden hat. Eines Nachts waren sie und drei weitere Jugendliche mit ihrem Auto auf den gefrorenen Mistik Lake gefahren, einen See, an dem sie wohnten – eine typische Mutprobe für Jugendliche in dieser Gegend. Doch das Auto bricht im Eis ein – und lediglich Sally, Odellas Mutter, kann sich aus dem Auto befreien und überlebt. Dieser schlimme Vorfall lässt Odellas Mutter nicht los – und außerdem scheint sie mit ihrem Ehemann nicht so recht glücklich zu sein. Und so verlässt Odellas Mutter eines Tages ihre Familie, um mit einem Isländer, den sie in einem Film-Kurs kennen gelernt hat, in dessen Heimat zu ziehen.
Nicht nur Odellas Vater, sondern auch die Kinder sind geschockt von dem plötzlichen Weggang ihrer Mutter – und mühsam versuchen sie sich wieder aufzurappeln. Odella bekommt dabei zunehmend eine Art Ersatzrolle als Mutter…
Also das Mädchen eines Tages im Ferienhaus der Familie am Mistik Lake einen Jungen kennen lernt, in den sie sich verliebt, kommt Odella wieder häufiger an den See. Dort begegnet sie vielen Leuten, die ihre Mutter kannten, und wird so immer mehr mit dem tragischen Leben ihrer Mutter konfrontiert. Und dann kommt es zu einem weiteren Schicksalsschlag im Leben von Odella…
Bewertung:
Ich weiß nicht, ob ich auf dieses Buch einfach so in der Buchhandlung aufmerksam geworden wäre – manchmal ist es gut, wenn man ein Buch von jemand anderem empfohlen bekommt. Denn so bin ich zu „Mistik Lake“ gekommen… Und als ich vor zwei Tagen das Buch aus der Hand legte (nachdem ich es es in zwei Tagen ausgelesen hatte), war ich froh darüber, dieses Buch „entdeckt“ zu haben.
Denn „Mistik Lake“ ist ein Buch, das mich von der ersten Zeile an gefesselt hat. Vor allem Martha Brooks Schreibstil hat mich in den Bann geschlagen – denn ganz am Anfang passiert in dem Buch noch nicht allzu viel. Wie die kanadische Autorin die Leben der verschiedenen Hauptfiguren – allen voran Odessa, aber auch von deren Mutter Sally und ihrer Tante Gloria, später von Johnny, dem Jungen, in den sich Odella verliebt – einfängt, das ist höchst meisterlich. Es sind dabei Kleinigkeiten – Blicke, Gesten, Gefühle -, die Martha Brooks so genau abbildet und die dem Leser die Buchfiguren so nahe bringen.
Dass die Autorin dabei immer wieder die Perspektive wechselt – öfters auch in die Vergangenheit zurückblickt, um früher Geschehenes zu erzählen -, stört überhaupt nicht. Im Gegenteil: Dadurch wird einem nicht nur Odella, von der am meisten berichtet wird, vertraut, sondern auch die anderen Figuren bekommen eine Bedeutung.
Je weiter man dieses Buch liest, umso mehr wird deutlich, dass „Mistik Lake“ jedoch nicht nur vom Schreibstil und der Figurenbeschreibung lebt, sondern dass das Buch auch einige unerwartete Wendungen für den Leser bereithält. Das spiegelt wider, dass im Leben eben vieles nicht so kommt, wie man es sich erhofft. „Mistik Lake“ zeigt sich somit als gut komponiertes Buch, dessen Ende man am Anfang nicht absehen kann. Im Gegenteil: Man ist er erstaunt, was im Laufe der Geschichte noch alles passiert. Das Buch wird zunehmend spannender.
Fazit:
5 von 5 Punkten. „Mistik Lake“ ist ein wirklich tolles Buch, das ich begeistert aus der Hand gelegt habe – einerseits erfüllt und bereichert, andererseits aber auch ein wenig traurig, weil das Buch „schon“ zu Ende war. Martha Brooks lässt den Leser tief in die Seele der darin vorkommenden Figuren schauen – und als Leser stellt man immer wieder fest, dass man viele der geschilderten Eindrücke und Gefühle aus seinem eigenen Leben kennt.
Das Schöne an „Mistik Lake“ ist, dass es dem Leser Mut macht – Mut durchzuhalten, auch wenn das Schicksal einem oft Schweres auferlegt. Denn was Odella, ihre Schwestern sowie ihr Vater, aber auch ihre Mutter alles mitmachen bzw. mitgemacht haben und wie sie trotzdem den Kopf über Wasser halten, ist bewundernswert.
(Ulf Cronenberg, 28.05.2008)
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Kann mich der Meinung nur anschließen! Habe das Buch aufgrund einer SZ-Empfehlung gekauft und konnte es heute nicht aus der Hand legen. Sehr sehr schöner Sprachstil, runde und spannende Geschichte und wirklich fast zu kurz. Aber lieber kurz und gut, als lang und langweilig…
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