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Buchbesprechung: Steffen Lüddemann "50 Hertz gegen Stalin"

Cover LüddemannLesealter 13+(Sauerländer-Verlag 2007, 264 Seiten)

„50 Hertz gegen Stalin“ ist ein Roman, der zur Zeit der DDR-Entstehung spielt. Steffen Lüddemann, der 1962 in Leipzig geboren wurde, arbeitet eigentlich als freier Rundfunk- und Fernsehautor und hatte einen Dokumentarfilm über ein Geschehnis in der DDR 1949/50 gedreht. Doch der Stoff um Joachim Cornelsen, der auf einer wahren Begebenheit beruht, hat ihn nicht losgelassen, so dass er schließlich auch noch ein Jugendbuch darüber geschrieben hat. Das Buch vereint sowohl Fakten über das, was damals passiert ist, als auch fiktive Elemente.

Inhalt:

Joachim ist in der 12. Klasse wegen Mathe sitzengeblieben und muss deswegen die letzte Jahrgangsstufe vor dem Abitur noch einmal wiederholen. In der Schule hat sich nach dem zweiten Weltkrieg wenig geändert. Die Lehrer sind noch immer recht autoritär und Joachim reibt sich vor allem daran, dass die frühere Hörigkeit der NSDAP gegenüber nun bei einigen Schülern wie Lehrern einer Hörigkeit der SED (der Sozialistischen Einheitspartei Deutschland) gegenüber gewichen ist. Nicht wenige seiner Klassenkameraden tragen das blaue Hemd der FDJ (Freie Deutsche Jugend – der Jugendorganisation der SED), und sie treten dabei genauso obrigkeitsgläubig auf wie früher bei der Hitlerjugend.
Joachim eckt mit seinen politischen Ansichten, die eher demokratisch gesinnt sind, bei seinen Lehrern nicht selten an und begibt sich dadurch in eine gewisse Gefahr. Als zwei seiner Mitschülern mit ihm zusammen beschließen, etwas gegen die Zustände in der DDR zu unternehmen, wird es brenzlig. Jürgen und Klaus haben in West-Berlin Kontakt zu einer Organisation aufgenommen, die den Widerstand in der DDR organisiert und von dort Flugblätter mitgenommen. Diese wollen die beiden mit Joachim und einem weiteren Mitschüler in einer Nachtaktion an Mauern und Fensterscheiben in Altenburg kleben. Ihre Aktion gelingt, ohne dass sie gefasst werden. Und in Altenburg ist daraufhin die Hölle los – überall patrouillieren Volkspolizisten.
Doch der Widerstand der Schüler soll weitergehen. Gerd, ein weiterer Freund, den sie in ihre Aktionen einweihen, soll einen Radiosender bauen. Die fünf Jungen planen, am Tag von Stalins 70. Geburtstag den Sender Leipzig zu stören und ein eigenes Widerstandsprogramm auf der gleichen Wellenlänge zu senden. Ein äußerst gefährliches Vorhaben…

Bewertung:

Die Bewertung von „50 Hertz gegen Stalin“ fällt mir nicht so richtig leicht. Ich hatte am Anfang große Schwierigkeiten, in das Buch hineinzukommen, und habe jeden Tag eher lustlos 10 bis 20 Seiten gelesen, ohne dass mich das Buch so richtig gefesselt hat. Das lag zum einen an dem etwas trägen Beginn des Buches, zum anderen an dessen Schreibstil. Steffen Lüddemann schreibt sein Buch in der Gegenwartsform und größtenteils berichtähnlich mit recht kurzen Sätzen – beides hat mich daran gehindert, so richtig in die Geschichte eintauchen zu können.
Das alles hat sich erst kurz vor der Mitte des Buches geändert, als mit Christa eine kurze Liebesgeschichte in das Buch kommt. Doch auch danach geht es kurz noch etwas träge weiter, bevor es auf den letzten hundert Seiten nach dem Bau des Radiosenders auf die Zielgerade zugeht und die Schikanen für Joachim und seine Freunde beginnen. Da konnte ich auf einmal nicht mehr aufhören zu lesen, weil die Geschichte immer drängender und bedrohlicher wurde.
Man scheint dem Buch insgesamt anzumerken, dass es von einem Journalisten verfasst wurde, der für meinen Geschmack zu trocken und für ein Jugendbuch zu wenig lebendig geschrieben hat. Am Ende, wenn man weiß, wie die Geschichte ausgeht (was hier nicht verraten wird), war ich allerdings diesen Schwächen gegenüber deutlich milder gestimmt, denn „50 Hertz gegen Stalin“ ist eben weniger ein Roman als eine in Romanform gebrachte wahre Begebenheit. Und zwar eine, die mich am Ende ziemlich schockiert und nachdenklich zurückgelassen hat…

Fazit:

4 von 5 Punkten. Wenn man nicht mit der Erwartung an das Buch herangeht, eine literarische Meisterleistung vorzufinden, sondern eher einen Tatsachenbericht in Form eines Jugendromans, dann wird man von Steffen Lüddemanns Buch nicht enttäuscht sein. Für Jugendliche hat „50 Hertz gegen Stalin“ insbesondere deswegen einen Reiz, weil es sehr genau die Zeit der DDR-Gründung beschreibt und man viel über die Repressalien, denen die Menschen in der DDR von Beginn an ausgesetzt waren, erfährt. Lüddemanns Buch ist deswegen eine ideale Ergänzung zum Geschichtsunterricht, wenn man die Zeit nach dem zweiten Weltkrieg behandelt.
Wer geschichtlich interessiert ist, wird dieses Buch sicher als eine große Bereicherung empfinden – wer eher aus literarischem Interesse an dieses Buch herangeht, wird zunächst eher etwas enttäuscht, am Ende jedoch trotzdem froh sein, dieses Buch gelesen zu haben. So ging es zumindest mir.

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(Ulf Cronenberg, 26.07.2007)

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