(Hanser-Verlag 2008, 299 Seiten)
Gar nicht so lange her ist es, dass ich Michael Gerard Bauers Erstlingswerk „Running man“ gelesen habe. Und jetzt, ein halbes Jahr später, ist von dem australischen Autor ein zweites Buch auf Deutsch erschienen: „Nennt mich nicht Ismael!“
Das Buchcover sieht ein wenig sehr nach einem Kinderbuch aus – und nach dem Lesen des Buches finde ich die Umschlagillustration von Peter Schössow zwar nach wie vor sehr schön, aber nicht so ganz passend. Es geht in dem Buch nämlich nicht um einen kleinen Jungen (wie man vermuten könnte), sondern um einen 14-Jährigen.
Inhalt:
Ismael Leseur hat seinen ungewöhnlichen Namen von seinen Eltern als Homage an Herman Melvilles Buch „Moby Dick“, dessen Erzähler den gleichen Namen trägt, bekommen. Doch anstatt stolz darauf zu sein, empfindet Ismael seinen Namen (noch dazu mit dem französischen Nachnamen) als Zumutung – und er ist auch Anlass dafür, dass er von einigen Mitschülern gehänselt wird.
Vor allem Barry Bagsley und seine Kumpel haben es auf Ismael abgesehen und nutzen dessen Namen, um ihn zu verunstalten: „Stinki Le Sau“, „Fisch-Wal Le Dick“ oder „Piss-Wal“ sind nur einige der Beschimpfungen, die Ismael von Barry Bagsley täglich zu hören bekommt. Und auch auf tätlicher Ebene hat Ismael einiges von den Jungen um Barry zu erleiden.
Dann bekommt Ismael eine neue Klassenlehrerin: Miss Tarango. Sie ist die Erste, die es mit Barry Bagsley aufnimmt und ihn vor der Klasse vorführt. Doch nicht nur das. Mit James Scobie kommt außerdem ein neuer Schüler in die Klasse – und Scobie scheint das ideale Mobbingopfer für Barrys Clique zu sein: Er ist klein und kauzig, schneidet mit seinem Gesicht seltsame Grimassen und drückt sich besserwisserisch aus.
Doch James Scobie lässt sich von Barry und seinen Freunden nichts gefallen und wehrt sich. Seltsamerweise erfolgreich. Als Barry Bagsley einen ganzen Schwarm von Insekten unter Scobies Pult deponiert, um diesen zu schocken, ist der Einzige, der im Klassenzimmer ruhig bleibt, James Scobie. Irgendwie scheint er immun gegen Barry Bagsleys Übergriffe zu sein – und später erklärt er Ismael, warum er vor nichts mehr Angst habe…
Für Ismael beginnt eine seltsame Zeit – vor allem, als James Scobie in der Schule einen Debattierclub gründet und ausgerechnet Ismael, der sich sonst nie etwas vor Publikum sagen traut, in seiner Debattiergruppe haben will.
Bewertung:
„Nennt mich nicht Ismael!“ ist ein witziges Buch, denn Ismael erzählt die Geschichte aus seiner Sicht und spart dabei an keine Stelle mit selbstironischen Kommentaren. Das ganze Buch hindurch erlebt man, wie Ismael kein Fettnäpfchen auslässt, in das er treten könnte, und dabei versucht, den Kopf über Wasser zu halten.
Michael Gerard Bauers Buch ist letztendlich ein Jugendbuch, das von Mobbing durch einen Mitschüler und seinen Freunden handelt – und Ismael versucht geflissentlich, das alles zu ignorieren. Aber so richtig Herr wird er dem Ganzen damit nicht. Erst Miss Tarango und dann James Scobie zeigen ihm auf, dass es auch andere Möglichkeiten gibt, mit den Schikanierungen von Barry Bagsley umzugehen. Doch sich selbst zu wehren, ist einfach gesagt als getan – und so dauert es auch lange, bis Ismael doch noch sein Leben in die Hand nimmt. „Nennt mich nicht Ismael!“ kann man somit als Mutmach-Buch ansehen, in dem ein Junge langsam lernt, sich nicht alles gefallen zu lassen und offensiv an seine Probleme heranzugehen.
Bauers Jugendroman ist – das wurde schon erwähnt – witzig geschrieben. In der Mitte des Buches war ich des Schreibstils jedoch ein bisschen überdrüssig. Irgendwie hatte sich alles ein klein wenig totgelaufen. Doch glücklicherweise änderte sich das wieder, als Ismael und James Scobie bei den Debattierwettbewerben mitmachen – das Buch versprühte wieder den Charme und Witz der ersten Kapitel.
Fazit:
4-einhalb von 5 Punkten. Wäre da nicht der kleine Hänger in der Mitte des Buches gewesen, so könnte man mit „Nennt mich nicht Ismael!“ rundum zufrieden sein. Das Buch greift das ernste Thema Mobbing auf, ohne es bleischwer werden zu lassen – es gelingt dem Autor gleichzeitig dennoch, die Schikanierereien von Barry Bagsley nicht zu bagatellisieren.
Ein paar kleine Perlen hält das Buch außerdem bereit: Wie Miss Tarango zum Beispiel Barry Bagsley in einer Klassenleiterstunde mit einem Trick den Wind aus den Segeln nimmt (nachzulesen ab Seite 42), ist einfach große Klasse. Oder wie Ismaels Freund Razz, ein unverbesserlicher Möchtegern-Mädchenheld, erklärt, warum er und das hübsche blonde Mädchen aus einer Mädchenschule doch nicht zusammengekommen sind (ab Seite 254), lässt keine Auge trocken: „Tja, es sieht so aus […], dass ich mich mag … und sie nicht.“
Alles in allem ist „Nennt mich nicht Ismael!“ ein sympathisches Buch, das den Leser bei einem schwierigen Thema gut unterhält. (ab 11 Jahren)
(Ulf Cronenberg, 27.04.2008)
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Die Geschichte ist herrlich. Vielleicht 12+ und 5 Punkte.
Ich finde das Buch einfach toll!!! Es war so witzig, dass ich mir gleich den zweiten Teil gekauft habe. Auch der war super gut. Leider gibt es keine weiteren Teile von Ismael … 🙁
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Ich habe auch das Buch gelesen, es ist wirklich witzig!
Den Roman „Nennt mich nicht Ismael“ von Michael Gerard Bauer habe ich vor kurzem gelesen. Er ist bei dtv im Jahre 2015 erschienen und kostet 8,95 Euro. In dem Roman geht es um Ismael, einen 14-jährigen Jungen, der seinen Namen nicht ausstehen kann. Weil er von Mitschülern wegen seinem Namen geärgert wird, verhält er sich unauffällig und versucht abzutauchen – was sich aber verändert, als der neuer Mitschüler Scobie in die Klasse kommt, der vor nichts Angst hat. Scobie wehrt sich mit Sprache, und so gründet er auch das Debattierteam. Durch dieses Debattierteam verändert Ismael sich, am Anfang ist er sehr schüchtern, aber am Ende ist er selbstbewusster geworden. Und so lernt er auch die bezaubernde Kelly kennen.
In dem Roman gibt es natürlich Ismael, die Hauptfigur. Den Debattierclub mit Ismael, Scobie, Orazio, Bill und Prindabel und natürlich noch den doofen Barry und die bezaubernde Kelly. Ich fand den Roman gut, weil es sehr spannend geschrieben wurde. Den Anfang fand ich nicht so toll, denn er war mir zu langweilig. In dem Buch gefiel mir besonders Scobie gut, da er keine Angst hatte und sich auch gegen Barry wehrte. Er hatte Vertrauen in Ismael und hat ihm sehr viel erzählt. Er konnte auch sehr gut mit Sprache umgehen.
Ich würde das Buch für Schüler im Alter von 11 bis 14 Jahren empfehlen. Ich kann das Buch weiterempfehlen und überlege, ob ich in den Sommerferien den zweiten Band lese.
danke dafür
Das Buch ist richtig witzig – das beste Buch, das wir in der Schule gelesen haben …
Wir hatten das Buch als Schullektüre. Ich würde es niemandem empfehlen zu lesen. Das Buch wirkt meist sehr gezwungen, ist passagenweise sehr schleppend und hat einen Humor, der übertriebener und gestellter nicht seien könnte. Einige Szenen waren richtig zum Fremdschämen. Der Schreibstil war stellenweise ganz gut, denn Rest des Buches kann man hingegen vergessen.
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