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Buchbesprechung: Hadley Dyer "Der Tag, als Johnny Kellock starb"

Cover DyerLesealter 10+(Carlsen-Verlag 2008, 164 Seiten)

Ein Schaukelstuhl auf der Veranda und ein junges Mädchen, das von einem Foto in die Kamera lächelt… – und daneben auf einem Notizzettel der Buchtitel. Der Umschlag von „Der Tag, als Johnny Kellock starb“ wirkt richtig sympathisch.
Die Autorin des Buches, Hadley Dyer, stammt aus Kanada und arbeitete als Bibliothekarin, Lektorin und Rezensentin, bevor sie selbst zur Feder griff. „Der Tag, als Johnny Kellock starb“ ist ihr erstes Kinderbuch – und damit ist auch schon gesagt, dass dieses Buch eher etwas für jüngere Leser ist…

Inhalt:

Rosalie lebt Anfang der 50-er Jahre mit ihrer Familie als jüngstes Kind in einem eher engen Haus mit Garten. Ihre Eltern sind schon recht alt, die größeren Geschwister wohnen größtenteils bereits außer Haus. Angst hat Rosalie vor dem von vielen so genannten „Totengräber“, einem Jungen, der am Friedhof öfters aushilft, die Gräber auszuheben. Die Kinder und Jugendlichen streuen zahlreiche Gerüchte über den „Totengräber“, der angeblich den Leichnam seiner toten Mutter wieder ausgebuddelt haben soll.
Rosalie ist eine begnadete Zeichnerin und versucht jeden Tag mehrere Zeichnungen anzufertigen – darunter auch Comiczeichnungen über den geheimnisvollen Totengräber. Dann lässt Rosalie eines Tages ihre Stifte an der Treppe liegen, ihre Mutter rutscht auf den Stiften aus und bricht sich den Knöchel. Sie muss ins Krankenhaus gebracht werden und bekommt dort einen Gips. Zuhause kann Rosalies Mutter deswegen nicht mehr allzu viel machen. So kommt es, dass David, der „Totengräber“, der Familie im Garten aushilft – und langsam bekommt Rosalie mit, dass der Junge gar nicht so schrecklich ist.
Rosalie hat einen Cousin, der Johnny heißt und den das Mädchen verehrt. Er ist einige Jahre älter als sie und mit seiner ruhigen, aber immer wachen Art bewundert Rosalie ihn. Johnny wurde jedoch seit einigen Tagen nicht mehr gesehen. Doch darüber will in der Familie niemand sprechen. Rosalie ahnt, dass ihre Eltern mehr über das Verschwinden Johnnys wissen, ihren Kindern jedoch nichts davon erzählen. Auch Rosalies große Schwester Martha verhält sich seltsam geheimnisvoll…
Mit David macht Rosalie sich schließlich auf den Weg, um Johnny zu suchen. Sie hat die Vermutung, dass dieser auf der Werft arbeiten könnte – und mit Hilfe von Davids Bruder gelingt es ihnen, verbotenerweise auf die Werft zu kommen…

Bewertung:

„Der Tag, als Johnny Kellock starb“ ist genauso geheimnisvoll wie das Verschwinden von Rosalies Cousin, der in dem Buch nicht auftritt, sondern eine imaginäre Figur bleibt. Hadley Dyer, die die Geschichte aus der Perspektive der 12-jährigen Rosalie erzählt, lässt in dem Buch viele Leerstellen, die der Leser mit Vermutungen und mit seiner Fantasie füllen muss. Das klingt recht spannend; aber mir ging es so, dass ich einfach nicht richtig in das Buch hineingefunden habe.
Die kanadische Autorin hält alles in einer sehr zarten und literarischen Sprache fest, aber für meinen Geschmack ist das Buch einfach zu ereignislos. Man jagt als Leser (wie auch Rosalie in dem Buch) einem nicht fassbaren Phantom hinterher – das erzeugt eine wehmütige Stimmung, hat mich jedoch nicht ausreichend zum Weiterlesen animiert.
Hadley Dyer hat in dem Buch sehr schön die Gefühle, Gedanken, Sorgen und Ängste eines jungen Mädchens, das sensibel ist und die Erwachsenenwelt nicht immer versteht, eingefangen. Und trotzdem fehlt mir etwas in dem Buch. Bei einem Krimi oder Film würde man sagen, dass der Plot zu harmlos ist.

Fazit:

2 von 5 Punkten. „Der Tag, als Johnny Kellock starb“ ist ein Buch, in dem es eher um Stimmungen und Gefühle als um eine spannende Handlung geht – und genau deswegen ist mir das Kinderbuch innerlich fremd geblieben. Vielleicht liegt es daran, dass ich ein Mann bin und die beschriebenen Stimmungen eines 12-jährigen Mädchens nicht nachvollziehen kann.
Wie alle Bewertungen sind die vergebenen 2 Punkte recht subjektiv – und ich kann mir vorstellen, dass manche Leserin (ja, ich denke, das könnten eher Mädchen und Frauen sein) dieses Buch durchaus begeistert aus der Hand legen wird. Für alle anderen, die darauf Wert legen, dass ein Buch eine packende Geschichte erzählt, ist Hadley Dyers Buch jedoch sicherlich nichts.
Dennoch muss man dem Buch zugute halten, dass es einfühlsam und sprachlich sehr anspruchsvoll geschrieben ist. Aber um von einem Buch begeistert zu sein, reicht mir das allein nicht aus…

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(Ulf Cronenberg, 22.04.2008)


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