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Buchbesprechung: Chris Wooding "Poison"

Cover WoodingLesealter 12+(Sauerländer-Verlag 2008, 320 Seiten)

Wer würde vermuten, dass sich hinter dem Titel des Buches der Name der Hauptfigur – noch dazu eines jungen Mädchens – verbirgt? Ja, allein das ist schon etwas ungewöhnlich. Und dass es sich bei dem Buch des englischen Autors Chris Wooding nicht um einen Thriller, sondern um einen Fantasy-Roman handelt, ahnt man angesichts des Titels und des Buchcovers auch eher nicht…
Übrigens wirbt der Patmos/Sauerländer-Verlag auf seiner Webseite mit dem Etikett „Fantasy-Grusel vom Feinsten“ für das Buch – na, wenn das nicht etwas übertrieben ist?

Inhalt:

Poison wächst in einem von der Umwelt abgeschnittenen Sumpfdorf bei ihrem Vater Hew sowie dessen zweiter Ehefrau Snapdragon und ihrer Halbschwester Azalea auf. Das Dorf wagt niemand zu verlassen, da es in den umliegenden Sümpfen nur so von Gefahren wimmelt.
Seinen seltsamen Namen hat Poison erst vor kurzem selbst gewählt – nicht zuletzt, um ihre verhasste Stiefmutter zu ärgern. In dem Dorf gibt es eigentlich nur einen alten Mann namens Fleet, mit dem sich Poison so richtig gut versteht – denn er erzählt ihr viele Geschichten und Märchen, von denen Poison fasziniert ist.
Doch dann wird die trügerische Ruhe gestört – es passiert etwas, das Poison nur im Halbschlaf mitbekommt: Ihre kleine Schwester Azalea wird nachts aus ihrem Bett geraubt. In dem Bett findet sich stattdessen ein so genannter Wechselbalg, der wie Azalea aussieht, jedoch ein anderes Wesen und leere Augen hat. Fleet ist sich sicher, dass Azalea von den verhasssten Elfen, die im Kampf gegen die Menschen stehen, entführt wurde. Und von einem Moment auf den anderen beschließt Poison, ihre Schwester von den Elfen zurückzuholen und bricht mt Unterstützung Fleets Hals über Kopf auf. Ein für die Bewohner des Sumpfdorfes völlig undenkbares Vorhaben…
Zunächst wird sie von einem Sumpfgeisterhändler gegen Geld, das ihr Fleet gegeben hat, in die nächstgrößere Stadt der Menschen namens Shieldtown mitgenommen. Doch die Reise hat noch lange kein Ende – nach großen Abenteuern kommt sie schließlich ins Reich der Elfen und fordert dort von dem hochmütigen Elfen-König Althaer ihre Schwester zurück. Doch dieser verlangt hierfür etwas eigentlich Unmögliches von Poison…

Bewertung:

Es gibt Momente, da fühle ich mich von Fantasy-Büchern gestättigt. Zu viele Fantasy-Romane sind in den letzten Jahren erschienen – darunter jedoch auch einige richtig gute. „Poison“ ist immerhin ein Buch, das sich – obwohl es sich dabei um einen waschechten Fantasy-Roman handelt – in einigem von anderen Vertretern des Genres absetzt: Es hat keine 600 bis 1000 Seiten; außerdem treten zwar typische Fantasy-Figuren auf, doch ist die Konzeption eine ganz andere als in anderen Fantasy-Romanen: Sind z.B. die Elfen sonst eher geheimnisvolle, aber zartbesaitete und feinfühlige Wesen, so spielen sie in „Poison“ eindeutig die Rolle der machtgierigen Bösen, die über die Menschen herrschen wollen und keine Skrupel im Kampf gegen das Menschenvolk kennen…
Chris Woodings Buch beginnt etwas verhalten, und so richtig gepackt hat mich das Buch längere Zeit nicht. Erst nach der guten Hälfte, als Poison vor dem König der Elfen steht, gewinnt die Geschichte um das junge eigensinnige Mädchen deutlich an Reiz und hat mich in ihren Bann gezogen.
Wie in vielen Fantasy-Romanen lebt auch „Poison“ von den eigenwilligen Persönlichkeiten, die das Buch bevölkern. Poison, aber auch Fleet sowie Bram, der Reisegefährte des Mädchens, entsprechen genau diesem Typus von Figuren, die man sie sich in einem Fantasy-Buch wünscht: Figuren mit Geheimnissen, die nicht richtig zu ergründen sind, und zwiespältigen Gefühlen, die man als Leser nur erahnt, die sich einem aber nicht so ganz erschließen. Es ist genau das, was mich am Ende doch noch für „Poison“ eingenommen hat…

Fazit:

4 von 5 Punkten. „Poison“ ist ein Fantasy-Buch, das nicht nur wegen seines geringen Umfangs, sondern auch wegen der Welt-Konstruktion aus der Vielzahl von Fantasy-Büchern heraussticht. Wäre da nicht der etwas laue Anfang des Buches und hätte sich Chris Wooding getraut, das Buch etwas dicker zu machen, so hätte „Poison“ ein uneingeschränkt empfehlenswertes Buch sein können. Nein, „Poison“ ist kein schlechtes, sondern ein alles in allem spannendes Buch. Aber der Gedanke blieb, als ich es aus der Hand gelegt habe: Man hätte mehr daraus machen können. Kaum hat man die Figuren des Buches beim Lesen gefunden (und das hat – wie gesagt – bis zur Hälfte des Buches gedauert) und fiebert mit ihnen mit, schon treten sie nach gut 300 Seiten leider wieder aus der Geschichte heraus. Schade.
Dennoch: Fantasy-Fans sollten diesen ungewöhnlichen Fantasy-Roman lesen, denn „Poison“ ist unterm Strich dennoch ein gutes Buch, dem ich mit meinen vielleicht etwas ausführlich dargelegten Bedenken möglicherweise nicht so ganz gerecht werde.

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(Ulf Cronenberg, 06.04.2008)

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