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Buchbesprechung: Mal Peet "Keeper"

Cover PeetLesealter 11+(Carlsen-Verlag 2006, 222 Seiten)

Da muss schon erst eine Fußballweltmeisterschaft kommen, bis dieses Buch aus dem Englischen ins Deutsche übersetzt wird. Gut, allzu lange hat das nicht gedauert – aber immerhin ist Mal Peets Fußballroman schon 2003 im Original erschienen.
Die Jugendbuchprospekte im Frühjahr haben ja einige Fußballbücher enthalten – aber bisher hatte ich einen großen Bogen darum gemacht. So richtig haben mich diese Bücher einfach nicht interessiert, wohl vor allem deswegen, weil ich sie in die Kategorie „Auch die Verlage wollen an der WM etwas Geld verdienen“ gesteckt habe. (Ich bin übrigens kein großer Fußballfan – aber EM oder WM verfolge ich dann doch immer gespannt.) Doch jetzt, wo die Fußballweltmeisterschaft läuft, bin ich noch auf den Geschmack gekommen und habe wenigstens zwei Fußballbücher – beide übrigens in der ZEIT „geadelt“ (hier) – bestellt.

Inhalt:

Der brasilianische Torwart, von allen nur „El Gato“ (die Katze) genannt, der gerade mit seiner Mannschaft die Weltmeisterschaft gewonnen hat, sitzt bei Paul Faustino in der Redaktion einer großen brasilianischen Zeitung, um dort ein Exklusivinterview zu geben. Den WM-Pokal hat er mitgebracht, und Paul Faustino, der El Gatos Weg seit Jahren verfolgt und sich als Freund des Torhüters bezeichnet, hofft auf eine große Story für seine Zeitung.
Doch dann kommt alles ganz anders: Denn El Gato erzählt Faustino seine ganze Lebensgeschichte – und die ist mehr als sonderbar.
El Gato ist in einem kleinen Dorf, das mitten im Regenwald liegt und nur errichtet wurde, damit dort Holzfäller leben können, aufgewachsen – und seine ersten Erlebnisse mit Fußball waren eher schrecklich. Denn er wurde von den anderen Spielern des Dorfes wegen seiner langen schaksigen Beine nur „La Cigüeña“ (Storch) genannt. Und so beschließt El Gato mit dem Fußballspielen ganz aufzuhören.
Stattdessen beginnt er, trotz der Warnungen seiner Verwandten, alleine den Regenwald um das Dorf herum zu erkunden – und eines Tages passiert etwas höchst Seltsames. El Gato entdeckt völlig unerwartet mitten im Dschungel eine Lichtung – und auf der Lichtung steht ein eigenartiger Mann, der wie aus dem Nichts mit einem Ball aufgetaucht ist. Dieser Mann – El Gato nennt ihn bald nur noch den „Keeper“ – beginnt mit ihm Fußball zu trainieren, und fortan kommt El Gato jeden Tag zu der Lichtung, wo jedes Mal der Keeper auf ihn wartet und ihm unerbittlich und ohne Gnade beibringt, wie man ein guter Torwart wird. Das Sonderbare am Keeper ist, dass er kein richtiger Mensch zu sein scheint – seine Gestalt flackert manchmal im Licht -, aber eines beherrscht er: Er kennt alle Kniffe, die ein Torwart braucht. El Gato fragt sich oft, wer der Keeper eigentlich ist und woher er kommt – aber er kommt dem Rätsel nicht auf die Spur, er weiß nur, dass der Keeper selbst ein erfahrener Torwart gewesen sein muss.
Und dann kommt irgendwann die erste Feuertaufe für El Gato, als er bei den Holzfällern, die samstags immer ein Fußballspiel organisieren, das erste Mal im Tor stehen muss. Seine Karriere als Torwart beginnt auf diesem unebenen Rasen…

Bewertung:

Nicht umsonst habe ich mich in der Einleitung zu dieser Besprechung ein wenig gewundert, dass „Keeper“ erst nach drei Jahren auf Deutsch erschienen ist. Denn Mal Peets Buch ist wirklich eine Klasse für sich – wie ein spannendes Fußballspiel mit vielen Torchancen und am Ende gibt es noch Elfmeterschießen.
An diesem Buch stimmt einfach alles – anders kann man das nicht sagen. Die Geschichte ist geheimnisvoll: Man fragt sich vor allem, wer eigentlich dieser Keeper ist und wieso er ausgerechnet El Gato als Schüler wählt, wo dieser doch eher zwei linke Füße zu haben scheint. Außerdem hat Mal Peet mit El Gato und Paul Faustino, dem Reporter, zwei schillernde Figuren geschaffen, die immer wieder für Überraschungen gut sind. Das alles wird, so wie sich das Gespräch entwickelt, fast wie ein Interview-Krimi erzählt. Und schließlich hat das Buch eine Gefühlstiefe, wie man sie nur in den besten Büchern findet. Wie El Gato im Interview sein bizarres (also wundersames) Leben beschreibt – mit allen Höhen und Tiefen -, das ging an mir als Leser einfach nicht spurlos vorüber. Immer wieder habe ich das Buch zur Seite gelegt und habe dem nachgefühlt, was gerade in dem Buch passiert ist.
Wer nun meint, dass dieses Buch nur von Fußball handelt, der hat sich geirrt. Zwar geht es vodergründig ums runde Leder, aber auf weiteren Ebenen werden viele andere Dinge thematisiert – und das einfühlsam und ohne Aufdringlichkeit.

Fazit:

5 von 5 Punkten. Ich habe den zweiten, von mir ausgewählten Fußballroman (Lieneke Dijkzeul: „Ein Traum vom Fußball„) noch nicht gelesen – er soll auch sehr gut sein. Aber „Keeper“ aus meiner Sicht ein Buch, wie man ein besseres über die Welt des Fußballs eigentlich nicht schreiben kann. Mal Peet zaubert mit Worten, wie es im Fußball nur die großen Meister wie Zinedine Zidane oder Pelé (http://de.wikipedia.org/wiki/Pelé) mit dem Ball können. Wer als Fußballfan dieses Buch nicht liest und es nicht begeistert aus der Hand legt, der ist wohl wirklich nicht zum Lesen zu bringen.
Aber nicht nur Fußballfans sollten dieses Buch lesen – nein, ich gehe sogar soweit, dass dieses Buch ebenso Mädchen, die Leseratten sind, zur Hand nehmen können und sollten. Und das will für eine Fußballbuch was heißen… (ab 11/12 Jahren)

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(Ulf Cronenberg, 02.07.2006)

(Interessant ist übrigens, dass in „Keeper“ ja einige Fußballspiele und Spieler erwähnt werden – und ich musste heute gleich im Internet nachforschen, ob es die genannten Spieler und beschriebenen Weltmeisterschaftsspiele wirklich gab. So hat das im Buch geschilderte Finalspiel Deutschland gegen Brasilien mit Elfmeterschießen zumindest nicht stattgefunden – und die erwähnte Fußballmannschaft Brasiliens von 1950 gab es unter den im Buch erwähnten Bedingungen auch nicht.
Ja, das Buch hat schon wirklich einen besonderen Reiz, wenn ich mich nach dem Lesen gleich neugierig ins Internet stürze…
Es ist übrigens erstaunlich, was man in der Wikipedia alles über Fußballweltmeisterschaften findet (als Ausgangspunkt kann man den Artikel über Fußball-Weltmeisterschaft nehmen): alle Ergebnisse, alle Spieler, die wichtigsten Statistiken, etc. Beeindruckend!)

Lektüretipp für Lehrer!

„Keeper“ ist schlechthin das Buch für 5. und 6. Klasse, das man am Ende des Schuljahres 2005/06, wo in Deutschland gerade Fußballweltmeisterschaft ist, mit den Schülern lesen sollte – vorausgesetzt die Jungen sind in der Überzahl. Einfühlsam wird die Geschichte eines einfachen Jungen aus dem Regenwald erzählt, der unter seltsamen Bedingungen (nämlich mit einem Hauch südamerikanischen „magischen Realismus“ a là Allende oder Marquez) zum besten Torhüter Brasiliens wird.
Doch Mal Peets Buch ist nicht nur ein Fußballbuch – es handelt von viel mehr: vom Regenwald, von jugendlichen Träumen, davon, dass man seinen Weg gehen muss, auch wenn die eigenen Eltern anderes mit einem vorhaben. Und das macht es als Klassenlektüre zu einem Juwel, mit dem auch Mädchen zurechtkommen müssten (das natürlich ohne Gewähr, denn ich habe es nicht ausprobiert – deswegen am besten vorher selbst lesen und einschätzen!).


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