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Buchbesprechung: David Klass "Wenn er kommt, dann laufen wir"

Cover KlassLesealter 14+(Arena-Verlag 2006, 325 Seiten)

Gut drei Jahre hat es gedauert, bis ein neuer Roman von David Klass übersetzt wurde – und ich habe voller Spannung darauf gewartet. Denn „Was du willst“ war eines der besten Jugendbücher, die ich damals gelesen habe.
Über David Klass – ich habe gerade im Internet ein wenig recherchiert – findet man übrigens so gut wie keine Informationen. Schade, ich hätte gerne ein bisschen was über den Autor erfahren. Im Klappentext seines letzten Buches erfährt man immerhin, dass er in New York lebt und sein Geld als Drehbuch- und Romanautor verdient, dass er außerdem aus einer Schriftstellerfamilie stammt… Mehr war nicht in Erfahrung zu bringen.

Inhalt:

Jeff ist ein mittelmäßiger Schüler, der in der Fußballmannschaft der Schule fast immer nur auf der Ersatzbank sitzt und meist nur die letzten 20 Minuten des Spiels eingewechselt wird. Die Stars in der Mannschaft sind jedenfalls andere…
Seit einigen Monaten hat er mit Beth, die er verehrt, eine Beziehung und ist ganz glücklich, dass ein so tolles Mädchen in ihn verliebt ist. Doch die Ruhe und das Glück der letzten Jahre sind gefährdet, denn Jeffs Familie wird von ihrer Vergangenheit eingeholt… Jeff hat nämlich einen mehrere Jahre älteren Bruder, der wegen Mordes an einem Gleichaltrigen zu einer lebenslänglichen Freiheitsstrafe verurteilt wurde. Jeffs Familie verließ nach dem Urteil vor fünf Jahren damals ihren Wohnort, weil sie den Terror durch Nachbarn und Bekannte nicht mehr ausgehalten hat. Doch das neue Leben ist gefährdet, denn Troy, wie Jeffs Bruder heißt, wird vorzeitig aus der Haft entlassen – und da er kein anderes Zuhause hat, wird er von seinen Eltern wieder aufgenommen. Jeff befürchtet das Schlimmste – und vieles davon trifft auch gleich ein…
Als Erstes nimmt er sich vor, Beth reinen Wein einzuschenken und ihr von dem bisherigen Familiengeheimnis zu erzählen. Und Jeff ahnt, was dann auch so eintritt – Beth zieht sich vor ihm zurück, als sie von Troy erfährt. Sie will das zunächst überdenken – doch als dann ihr Vater von Jeffs Bruder erfährt, verbietet dieser seiner Tochter den Umgang mit Jeff.
Und so kommt es nach und nach immer schlimmer, vor allem als Troy wirklich nach Hause kommt. Jeff hat zum einen Angst, dass Troy nach wie vor gewalttätig ist, zum anderen befürchtet er, dass sich alle seine Freunde von ihm abwenden werden.

Bewertung:

„Wenn er kommt, dann laufen wir“ ist eines dieser Bücher, die man mit einem Gefühl der Leere aus der Hand legt – und das nicht, weil sie so nichtssagend sind. Nein, es ist vielmehr so, dass man beim Lesen so in die Geschichte hineingezogen wird, dass sie es einem fehlt, wenn sie zu Ende ist. Es gibt viele tolle Science-fiction- und Fantasy-Bücher, die ich verschlinge und bewundere – aber für einen so furiosen Gegenwartsroman wie David Klass‘ Buch würde ich diese immer liegen lassen. Und das, obwohl die Themen in dem Buch nicht einfach zu verdauen sind.
David Klass hat mit „Wenn er kommt, dann laufen wir“ wie schon mit dem Vorgängerbuch wieder einen Entwicklungsroman geschrieben – als Leser verfolgt man, wie Jeff aufgrund all der schwierigen Vorkommnisse langsam in seiner Persönlichkeit reift und dadurch ins Erwachsenenleben katapultiert wird. Die Erlebnisse, die sich in Jeffs Leben zutragen, sind schlimm – man könnte daran verzweifeln. Und das tut Jeff auch immer wieder – und dennoch kann er sich wieder und wieder aufrappeln… David Klass‘ Buch macht dem Leser Mut, sich schwierigen Lebensbedingungen entgegenzustellen, sie zu überwinden…
Darüber hinaus ist „Wenn er kommt, dann laufen wir“ ein Buch, das einen immer wieder zu der Frage zwingt, ob Menschen von Grund auf böse sein können oder woher das Böse sonst kommt. Denn Troy hat eigentlich rechtschaffene Eltern – und trotzdem hat er kaltblütig einen Mord begangen. Sich während des Lesens immer wieder mit dieser Frage auseinanderzusetzen, dazu zwingt einen dieses Buch…

Fazit:

5 von 5 Punkten. Ohne Zweifel hat David Klass auch mit seinem neuesten Buch einen bewunderswerten Jugendroman geschrieben, der einerseits unbequeme Fragen stellt, einen andererseits aber in seinen Bann zieht. An diesem Buch stimmt einfach alles: ein brisantes Thema, interessante Figuren, die dazu einladen, sich mit ihnen zu identifizieren, ein unauffälliger, aber meisterhafter Sprachstil… – „‚Wenn er kommt, dann laufen wir“ ist einfach ein tolles Buch. Eines der besten, die ich seit längerem gelesen habe… (ab 14 Jahren)

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(Ulf Cronenberg, 18.11.2006)

Weitere Meinungen:

In dieser Geschichte werden altbekannte Motive, Themen und Werte wie Gut/Böse, Moral, Schuld und Schuldfähigkeit, Verantwortung, Vertrauen/Misstrauen, Vergebung/Rache, Angst, Isolation/Solidarität sowie Freundschaft und Familie neu variiert und schonungslos seziert. Auch wird eine interessante Diskussion eröffnet über die Entstehung bösen Handelns – liegen die Gründe in der „Seele“ oder sind sie einfach durch chemische Reaktionen im Gehirn bestimmt? Und wie steht es um die Eigenverantwortung des Menschen für sein Tun und den freien Willen?
Im Zentrum aber steht für mich in diesem Buch die Frage: „Ist Blut dicker als Wasser?“, und auch hier muss sich der Leser eine eigene Antwort bilden. Der Höhepunkt für mich war der ziemliche unheimliche Besuch von Beth, Jeffs Freundin. Die Atmosphäre ist richtig gruselig und man wird als Leser von Zweifeln heimgesucht, ob sie vielleicht mit Troy unter einer Decke steckt. Wie schon das bedrohlich wirkende, Unheil verkündende Cover bzw. die gesamte Umschlaggestaltung ahnen lässt, handelt es sich bei diesem sehr spannenden, flüssig zu lesenden Buch letztendlich um eine recht düstere Geschichte. Sie strahlt keine Hoffnung aus, was eigentlich bedauerlich ist, das Ganze aber noch viel eindringlicher werden lässt.
Eine beeindruckendes Buch, das zur Auseinandersetzung mit moralischen Themen geradezu zwingt. Es ist für Jugendliche (Jungen und Mädchen) ab 14 Jahren zu empfehlen.

(Iris Henninger)

Lektüretipp für Lehrer!

Jeffs bisheriges Leben ist bedroht, weil sein wegen Mordes verurteilter großer Bruder nach fünf Jahren aus dem Gefängnis freikommt.
Ein sicherlich kein leichtes Buch (auch weil es relativ lang für eine Lektüre ist), aber eines, das es sich lohnt, mit einer Klasse zu lesen – denn es geht um Themen, die Jugendliche in dem Alter interessieren. Darunter u.a. um die Frage, warum Menschen Böses tun und wo das herkommt. Aber auch die Themen Verliebtsein und Beziehung werden in dem Buch aufgegriffen. Der Sprachstil im Buch dürfte außerdem für Jugendliche attraktiv sein.


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Kommentare (2)

  1. Pingback: Jugendbuchtipps.de» Blogarchiv » Buchbesprechung: David Klass “Feuerquell”

  2. Jan

    10 von 10 Punkten. Einfach der Hammer, gutes Buch habe es sofort durchgelesen. Wer dieses Buch noch nicht gelesen hat, der hat was verpasst. Und vor allem, wie die Geschichte beschrieben wird, so düster und dunkel, gefällt mir. Über das Buch sollten sie einen Film drehen. I like it … 🙂

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