(Oetinger-Verlag 2006, 366 Seiten)
Das Buch ist ein Blickfang, wenn man sich in der Jugendbuchabteilung eines Buchladens umschaut. Was man hier auf dem eingescannten Buchcover nicht sieht, ist, dass die Burg in der Mitte eine 3D-Abbildung ist – kein richtiges Hologramm, aber so eine kleine dreidimensionale Abbildung wie man sie von manchen Kinderbüchern kennt… Wenn man auf das Buchcover schaut, denkt man unwillkürlich, dass der Buchdeckel eineinhalb oder zwei Zentimeter dick sein muss – aber das ist er eben nicht… Ob das Buch ebenso geheimnisvoll ist?
Inhalt:
Erik lebt mit seinen Eltern in einem kleinen Dorf auf einem anderen Planeten – die Menschen mussten dorthin auswandern, weil es auf der Erde eine Katastrophe gab, über die man nichts Genaueres erfährt. Jedenfalls hat die Gesellschaft auf dem neuen Planeten eine große Lehre aus den Problemen auf der „Alt-Erde“ gezogen – Gewalt ist in jeglicher Form verpönt und verboten. Um den Menschen dennoch Wettkämpfe zu ermöglichen – jedoch nicht im wirklichen Leben, sondern virtuell – hat man ein großes Computerspieluniversum geschaffen, das Epic genannt wird. Die Menschen können sich über Datenhelme dort einklinken und an Abenteuern und Wettkämpfen teilnehmen.
Doch Epic dient nicht nur dem Spielen, es werden dort auch Meinungsverschiedenheiten und Streitigkeiten ausgetragen. Wer den Kampf in Epic gewinnt, bekommt dann auch im wirklichen Leben Recht.
Doch was sich gut anhört, funktioniert in Wirklichkeit nicht ganz so reibungslos. Denn in der Welt, in der Erik lebt, gibt es einige Ungerechtigkeiten. So werden bestimmte Menschen unterdrückt, müssen knochenharter Arbeit nachgehen und bekommen weniger Ressourcen als andere zugeteilt. Außerdem gibt es das so genannte Zentrale Lenkungskomitee, von dem alle Macht ausgeht und dessen Mitglieder sich selbst bevorteilen.
Als Eriks Mutter eines Tages einen ungerechten Kampf in Epic verliert und deswegen in einer Streitsache nicht Recht bekommt, stehen der Familie schwere Zeiten bevor. Denn die Eltern sollen zu den Kohlegruben versetzt werden, wo die Arbeitsbedingungen äußerst hart sind. Doch Erik will dem nicht tatenlos zusehen und plant mit seinen Freunden, in Epic etwas dagegen zu unternehmen. Er will in Epic gegen das Zentrale Lenkungskomitee kämpfen – doch um eine Chance zu haben, brauchen Erik und seine Freunde in Epic viel Geld. Das erhoffen sie zu erlangen, indem sie in Epic einen Drachen töten und seinen Schatz bergen. Doch seit 40 Jahren ist es niemandem mehr gelungen, gegen einen Drachen erfolgreich zu sein…
Bewertung:
„Epic“ ist eine ganz besondere Mischung aus Science-fiction- und Fantasy-Roman – denn zum einen spielt das Buch in einer Zukunft, in der die Menschen die Erde verlassen mussten, zum anderen spielt „Epic“ in einer typischen Fantasy-Welt mit Drachen und magischen Gegenständen. Dabei merkt man Conor Kostick an, dass er sich mit Fantasy-Rollenspielen beschäftigt und früher sogar selbst welche erfunden hat. Mich selbst hat die Welt von Epic an Computerrollenspiele wie Baldurs Gate oder Neverwinter Nights erinnert, in denen man seine Figuren mit Waffen und magischen Gegenständen ausstatten kann und gegen andere Menschen und Wesen wie Drachen, Trolle, Orcs usw. kämpfen muss.
Es ist gerade diese Mischung, die „Epic“ zu einem reizvollen Buch hat werden lassen, in dem solche Fantasy-Elemente auf einzigartige Weise in eine Geschichte eingebaut sind. Connor Kostick erzählt dabei eine spannende Geschichte, in der es um Macht und Korruptheit sowie um gesellschaftliche Missstände geht, denen sich eine Handvoll Jugendlicher entgegenzustellen versucht. Die Fantasy-Elemente sind eindeutig die Stärke des Buches – man merkt, dass Kostick sich hier auskennt und mit allen Finessen eine Geschichte entwerfen kann.
Leichte Schwächen hat das Buch dagegen im erzählerischen Bereich. Aus den Figuren von Erik, dessen Freunden sowie seinen Eltern hätte man noch mehr herausholen können – sie wirken insgesamt nicht lebendig und lebensecht genug, auch wenn man Erik und seine Freunde schnell beim Lesen ins Herz schließt.
Fazit:
4-einhalb von 5 Punkten. Conor Kostick ist in „Epic“ ein Mix aus Jugendbuch, Science-Fiction- und Fantasy-Roman gelungen, der etwas Neues darstellt. Die Geschichte um Erik ist im Großen und Ganzen, auch wenn sie kleinere Schwächen aufweist, packend erzählt. Gerade für Jungen, die gerne in Computerrollenspielen versinken, dürfte „Epic“ damit einen besonderen Reiz haben – mir selbst ging es so, dass ich während des Lesens (ja, auch ich beschäftige mich mit Computerspielen!) Lust bekommen habe, mal wieder ein Rollenspiel auszuprobieren (bisher hatte ich jedoch nie das Sitzfleisch, eines dieser sehr komplexen Computerspiele bis zum Ende durchzuspielen). Doch auch Mädchen kann man dieses Buch durchaus empfehlen, denn in Eriks Freundin Injeborg gibt es auch für sie eine Identifikationsfigur. (ab 10 Jahren)
(Ulf Cronenberg, 18.08.2006)
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