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Buchbesprechung: Ron Koertge "Ein viel zu schönes Mädchen"

Cover KoertgeLesealter 13+(Carlsen-Verlag 2006, 143 Seiten)

Puh, was für ein Buchcover! Nein, wenn ich Ron Koertge nicht schon kennen würde und mir seine Bücher bisher immer gefallen haben, so hätte ich dieses Buch nie in die Hand genommen. Der Buchumschlag mag zum Titel und zum Inhalt passen, aber diese kitschigen Mädchenslipper auf knallrosa Hintergrund vergraulen wohl jeglichen männlichen Leser. Dabei ist „Ein viel zu schönes Mädchen“ wirklich nicht nur ein Buch für Mädchen… Nein, da kann man nur hoffen, dass die Taschenbuchausgabe, die hoffentlich irgendwann folgen wird, ein ansprechenderes Cover ziert…

Inhalt:

Margaux steht kurz vor ihrem Schulabschluss und ist ein so hübsches Mädchen, dass ihr alle Jungen, aber auch Erwachsene zu Füßen liegen. Doch nicht nur das: Sie ist darüber hinaus ein sehr intelligentes Mädchen, dem die Schule leicht fällt. Ohne groß etwas lernen zu müssen, schreibt sie immer gute Noten, und außerdem ist Margaux mehr als schlagfertig – ihr kommt so leicht niemand bei. Ihre Freizeit verbringt Margaux meist mit Sarah – gemeinsam lassen sie sich von Jungen ausführen, versuchen ihren Spaß mit ihnen zu haben, binden sich aber nie an jemanden fest. Das Wichtigste ist beiden immer, dass sie gut aussehen und auffallend gekleidet sind.
Was Margaux‘ Eltern angeht, so kümmern diese sich nicht groß um ihre Tochter, sondern kreisen nur um sich selbst. Ihr Vater verdient sein Geld als Profizocker auf Pferderennbahnen oder im Casino – meist, aber nicht immer mit großem Erfolg -, während Margaux‘ Mutter fast den ganzen Tag vor dem Fernseher sitzt.
Eines Tages lernt Margaux in der Schule Danny kennen, einen seltsamen Jungen, der sich nicht richtig zu kleiden weiß und mit verdreckten Klamotten, die aussehen, als kämen sie von der Altkleidersammlung, herumläuft. Auch scheint es ihn überhaupt nicht zu interessieren, dass Margaux ein hübsches Mädchen ist – er versucht überhaupt nicht, wie all die anderen Jungen, die sich Margaux nähern, diese anzubaggern. Seine Freizeit verbringt Danny hauptsächlich im Tierheim, wo er sich aufopferungsvoll um die herrenlosen Tiere kümmert.
Neugierig lässt sich Margaux eines Abends von Danny mit auf einen seiner Streifzüge mitnehmen, auf denen er überprüft, ob es im Tierheim abgeholten Tieren in ihrer neuen Umgebung gut geht. Margaux ist überrascht, dass ihr diese gemeinsame Unternehmung Spaß bereitet und dass sie gerne mit Danny herumfährt, obwohl er mit seinem schlacksigen Aussehen überhaupt nicht ihrem Typ entspricht. Für Margaux ist das wie der Eintritt in eine neue Welt – vor allem auch, als sie Dannys Tante Evie, die sich um ihn kümmert und an MS (Multiple Sklerose) erkrankt ist, kennen lernt…

Bewertung:

Wenn man den Inhalt dieses Buches zusammenfasst, dann fragt man sich ja schon, inwiefern das eine besondere Geschichte ist. Erinnert das nicht etwas sehr an Schema F: oberflächliches bildhübsches Mädchen lernt unerfahrenen, gar nicht gut aussehenden Jungen kennen und verliebt sich in ihn? Zumal die Rahmenhandlung auch ein wenig an Ron Koertges letztes Jugendbuch „Monsterwochen“ (behinderter Junge trifft abhängendes Mädchen) erinnert.
Nein, damit würde man diesem Buch überhaupt nicht gerecht. Ron Koertge hat ein wirklich lesenswertes Buch geschrieben, das vor allem durch seinen Schreibstil besticht. „Ein viel zu schönes Mädchen“ ist kurzweilig, immer witzig und vor allem geistreich geschrieben – man merkt, dass da ein Schriftsteller am Werk ist, der belesen ist, viel weiß und das alles in ein Buch packen kann, ohne dass man als Leser das Gefühl bekommt, dass da einer mit seinem Wissen protzen will.
Außerdem hat Ron Koertge mit Margaux und Danny, aber auch mit den weiteren Personen im Buch herrliche Figuren geschaffen, die ganz geschickt am Grad zwischen Überzeichnung und Lebensechtheit entlang hangeln, ohne jemals zu einer billigen Karrikatur zu werden. Bei der schlagfertigen Margaux zum Beispiel kann man gar nicht anders, als ihr beim Lesen immer ein wenig irritiert, zugleich aber auch fasziniert an den Fersen haften zu bleiben. Und dass Margaux am Ende langsam erkennt, wie leer und hohl ihr bisheriges Leben war, wird überzeugend dargestellt.

Fazit:

5 von 5 Punkten. Nach diesem Buch gehört Ron Koertgen für mich endgültig zu einem der Meister der Jugendliteratur. Der amerikanische Schriftsteller schafft es auch in seinem neuen Buch wieder, eine kurzweilige und zugleich nicht oberflächliche Geschichte zu schreiben, die einen über das Lesen hinaus beschäftigt. Selten findet man in einem Buch so viele gescheite und gewitzte Anspielungen, die einen immer wieder schmunzeln lassen.
„Ein viel zu schönes Mädchen“ ist ein geistreiches Buch, das ein wichtiges Thema behandelt: nämlich dass es im Leben Wichtigeres gibt als das eigene Aussehen und die Wirkung auf andere. Ron Koertges toller Jugendroman ist damit besonders für Jugendliche ab 13/14 Jahre geeignet, die sich selbst fragen, was sie aus ihrem Leben machen sollen und wollen.

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(Ulf Cronenberg, 20.04.2006)

Lektüretipp für Lehrer!

Margaux ist so bildhübsch und intelligent, dass ihr alle zu Füßen liegen. Bloß Danny ist ziemlich unbeeindruckt von ihr. Durch ihn lernt Margaux eine andere Welt kennen…
Wer für den Unterricht ein Buch sucht, in dem übertriebenes Modebewusstsein, das ewige Achten auf Statussymbole und Äußerlichkeiten thematisiert und mit Schülern diskutiert werden können, sollte es hiermit versuchen… Witzig und geschickt verpackt Ron Koertge seine Botschaft, dass es Wichtigeres im Leben gibt, als immer nur auf das eigene Äußere zu achten.

Kommentare (0)

  1. Anna

    Hört sich gut, sehr gut an. Werde ich mir sofort kaufen … 😉

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