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Buchbesprechung: Meg Rosoff "So lebe ich jetzt"

Cover RosoffLesealter 14+(Carlsen-Verlag 2005, 204 Seiten)

Es ist die Zeit der Debütromane… Irgendwie sind fast alle Bücher, die ich im Moment lese, die Erstlingswerke der Autoren – und so ist es auch bei Meg Rosoff mit ihrem Buch „So lebe ich jetzt“.

Anscheinend hat Meg Rosoff einen Teil ihrer eigenen Lebensgeschichte in das Buch mit aufgenommen – denn die Autorin ist in New York aufgewachsen und dann 1989 nach London umgezogen. Und darum, von der amerikanischen Ostküstenstadt nach England zu kommen, geht es u.a. auch in dem Buch. Der Rest des Romans (das sieht man gleich bei der Inhaltsangabe) dürfte dann jedoch weitgehend fiktiv sein.

Inhalt:

Die 15-jährige Daisy, deren Mutter bei ihrer Geburt starb, wurde von ihrem Vater aus New York zur Familie ihrer Tante nach England verschickt. Dieser Auslandsaufenthalt soll Daisy wieder auf andere Gedanken bringen, denn zu Hause in New York hat sie so einige Probleme und gibt es viele Konflikte. Zum einen ist da ihre neue Stiefmutter Divina, die gerade ein Kind bekommen hat und die Daisy auf den Tod nicht ausstehen kann. Zum anderen ist Daisy magersüchtig.

Daisy ist eigentlich das erste Mal in einer ländlichen Umgebung, Tante Penn mit ihren vier Kindern Osbert, Edmond, Piper und Isaac lebt umgeben von vielen Tieren auf einer Art Bauernhof. Schon kurz nach ihrer Ankunft fühlt sie sich ihrer Tante und deren Kindern heimisch. Die Tante fährt kurz darauf nach Oslo – sie ist Friedensaktivistin und hat dort zu tun – und selbstverständlich bleiben die fünf Kinder alleine zu Hause.

Doch schon kurz darauf ereignet sich etwas Schreckliches: In London werden mehrere heftige Bombenanschläge verübt, denen viele Menschen zum Opfer fallen. Und nicht nur das: England wird von einer fremden Macht überfallen und befindet sich fortan im Kriegszustand. Tante Penn kann deswegen nicht aus Oslo zurückkommen – auch kann sie zu ihren Kindern und Daisy keinen Kontakt aufnehmen. Zunächst scheint für die Kinder auf dem Land das Leben unbeschwert weiterzugehen, doch schon bald kommen die Kriegswirren auch in ihre Gegend. Soldaten besetzen den Bauernhof und verwenden ihn als Stützpunkt. Die Kinder werden auseinander gerissen, um an verschiedenen Orten auszuhelfen. Daisy erwischt es besonders schlimm, denn sie wird von Edmond, mit dem sie seit ein paar Wochen eine äußerst intensive Liebesbeziehung hat, getrennt.

Bewertung:

Der Buchumschlag mit seiner Inhaltszusammenfassung hat mich anfangs ziemlich irritiert, denn dort ist eigentlich nur davon die Rede, dass Meg Rosoffs Buch ein Liebesroman sei. Gut, die Liebesgeschichte zwischen Edmond und Daisy ist sicherlich ein zentrales Thema in dem Buch, aber mindestens genauso wichtig ist die Beschreibung der terroristischen Kriegssituation. Es war mehr als kurios, zu diesem Zeitpunkt, wo die terroristischen Bombenattentate in London noch keine vier Wochen zurückliegen, dieses Buch zu lesen – denn in dem Buch wird dieses Szenario einer terroristischen Bedrohung auf die Spitze getrieben. Als hätte die Autorin das geahnt …

„So lebe ich jetzt“ wird aus der Sicht von Daisy erzählt – und das mit einem ganz besonders eindringlichen Ton. Daisy berichtet einerseits recht naiv und subjektiv ihre Geschichte, andererseits aber auch sehr intensiv. Gerade diese Spannung macht die Besonderheit dieses Buches aus. Was darüber hinaus an dem Buch so eindrücklich ist, ist die Schilderung der Kriegswirren, die ziemlich schonungslos aus der Sicht einer Jugendlichen erzählt werden.

Mystisch und unbegreiflich bleibt letztendlich die Liebesgeschichte zwischen Edmond und Daisy – aber das ist sicher Absicht. Wie zwei Magnetpole werden die beiden Jugendlichen von der ersten Begegnung an voneinander angezogen. Für meinen Geschmack wird dieses Mystische manchmal ein wenig übertrieben. Und gleichzeitig hätte die Autorin der Beziehung durchaus noch etwas mehr Raum geben können – irgendwie bleibt die Darstellung hier und da etwas oberflächlich. Aber das sind nur kleine persönliche Eindrücke meinerseits, die nicht verdecken sollen, dass Meg Rosoffs Buch gelungen ist.

Fazit:

4 von 5 Punkten. „So lebe ich jetzt“ ist alles in allem ein geheimnisvolles Buch. Dies gilt nicht nur für die unerklärliche Liebe zwischen Edmond und Daisy, sondern auch für die terroristische Besetzung Englands, über die man nichts Genaues erfährt. Ein wenig wirkt Meg Rosoffs Buch dadurch wie ein Traum und entfaltet eine ganz besondere Stimmung.

Dass das Buch, das man eher Mädchen als Jungen (ab 14/15 Jahren) empfehlen kann, nicht die volle Punktzahl bekommt, hängt damit zusammen, dass dies nicht so richtig die Art von Jugendbüchern ist, die ich mag und verschlinge. Letztendlich blieb mir Meg Rosoffs Jugendbuch immer ein wenig fremd. Das soll nicht heißen, dass „So lebe ich jetzt“ kein gutes Buch ist. Im Gegenteil: Ich bin mir sicher, für viele Leser (nämlich für Fans von eher mystischen Romanen) wird dies mehr als ein guter Jugendroman sein: ein geheimer Schatz.

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(Ulf Cronenberg, 07.08.2005)

Weitere Meinungen

Ich wurde sofort in den Sog der ungewöhnlichen Geschichte gezogen. Wundervolle Sätze und Aussagen laden zum Schwelgen ein.
Nach dem Lesen dieses Buches ist man erst mal sprachlos – weil es so erschreckend und schön zugleich ist. Trotz der bitteren Themen schafft es Rosoff durch ihre absolut poetische, kreative Sprache und die offensichtliche Liebe zu ihren Figuren zu bezaubern – zwar nicht von den Gräueln abzulenken oder zu betäuben, aber der Geschichte so viele andere Aspekte und Schichten mitzugeben, dass sie einen ganz eigenen Charakter bekommt. Ein sehr melancholisches und stellenweise schonungsloses, aber zugleich wunderschönes Buch. Ein Lob an Autorin, Übersetzerin und Verlag, auch für die gelungene Aufmachung.

(Iris Henninger)

Kommentare (0)

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  2. Josi

    „So lebe ich jetzt“ von Meg Rosoff ist schlicht und einfach das „schönste“ Buch, das ich je gelesen habe.
    Es hat einfach alles: trockenen Witz, Spannung, Tiefgang und bezaubernde Charaktere. Schon nach den ersten Sätzen über Daisys kuriose Verwandschaft verliebte ich mich in sie, speziell in Piper. Die langen und trotzdem klaren Sätze spiegeln Daisys komplexes, aber trotzdem jugendliches Denken wider. Mich hat es auch sehr fasziniert, dass die junge New Yorkerin in eine vällig neue Welt kommt, die sich aber trotzdem im realen Hier und Jetzt befindet. Das merkte man daran, dass immer wieder von diesem mysteriösen Krieg die Rede ist und die Jugendlichen sich zwar nicht dafür interessieren (wie sich die meisten Jugendlich nicht für Politik interessieren, die mit ihnen direkt nichts zu tun hat), aber unfreiwillig hineingezogen und so getrennt werden. Gleichzeitig verleiht dieser fiktive Krieg dem Buch auch etwas Surreales – eine sehr interessante Kombination.
    Interessant fand ich auch, dass im ersten Teil des Buches die wörtliche Rede nicht gekennzeichnet ist, was Daisys Lebensart, die eben so gar nicht wie die vieler anderer Jugendliche ist, unterstreicht. Als Daisy dann erwachsen ist (im zweiten Teil), kann man die wörtliche Rede gut erkennen; nun erscheint die Welt wirklicher.
    „So lebe ich jetzt“ ist einer der besten Romane, den ich je gelesen habe. Vielleicht war Daisy ab und zu ein wenig zu tapfer für ihr Alter, aber das ist auch schon alles.
    Ich hoffe, dass dieses Buch viele Menschen lesen werden.

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  3. Saskia

    Ich musste dieses Buch in meinem Englischleistungskurs lesen und muss sagen, das Buch ist ein einziger Albtraum. Zuerst einmal habe ich das Gefühl, dass die Autorin überhaupt keine Ahnung hat, wovon sie schreibt. Dies kann man an einigen Beispielen festmachen.
    Sie schreibt über einen Krieg, der auf 7 Kontinenten herrscht (ja natürlich, auf dem Nordpol gibt’s viel zu holen!), keiner hat eine Ahnung wer eigentlich angreift und warum. Weiterhin wird ein Major einfach so von einem Rang tieferen Soldaten erschossen. Generell kann man all dies nicht als realistisch bezeichnen …
    Kommen wir zum nächsten Punkt. Daisy leidet an Magersucht. Doch ich glaube, diese Frau kennt keinen einzigen Menschen, der jemals Magersucht hatte. Die verschwindet nicht so einfach. Das ist ein langer und schwieriger Heilungsprozess und man ist nicht einfach nach schrecklichen Erlebnissen geheilt.
    Weiterhin verherrlicht diese Frau Beziehungen innerhalb der Familie. Jeder Naturwissenschaftler wird ihr genau erklären können, wie das so mit der Verdopplung von Genen ist und dass das böse enden kann. Auch wenn es gesetzlich nicht verboten ist, finde ich es nicht gut so etwas in einem Jugendbuch zu schreiben.

    Alles in allem glaube ich, dass Rosoff sich über gar nichts informiert hat, bevor sie anfing zu schreiben. Dass dies ihr erstes Buch ist, glaube ich sofort. Ich finde es schrecklich langweilig und ermüdend, 3 Seiten über Essen zu lesen. Ich glaube, dieses Buch ist einfach aus Langeweile entstanden, und als die Autorin gemerkt hat, dass sie keine Lust mehr hat, ließ sie den zweiten Teil völlig aus dem Nichts beginnen.
    Ich wurde im Unterricht beauftragt, witzige Stellen herauszusuchen. Das hat mich wütend gemacht. Krieg ist nicht witzig, und die Autorin lässt am Anfang des Buches durch ihre Ironie den Krieg lächerlich wirken. Das einzig Positive, was ich der guten Frau anrechnen kann, ist ihr Ausdrucksvermögen. In dem Alter einen Jugendroman mit einem Ich-Erzähler zu schreiben, der wirklich authentisch jung auf einen wirkt, ist nicht einfach. Doch sie hat’s geschafft.
    Ich hätte mich gefreut wenn das Buch so geendet hätte, dass Daisy aufwacht und feststellt: alles war ein Traum und sie sitzt gerade noch im Flugzeug in Richtung London. Das hätte nämlich diesem ganzen Blödsinn einen Sinn gegeben, denn Träume sind oft sehr unrealistisch – genau wie dieses Buch.
    Als Fazit möchte ich sagen, dass ich niemandem empfehlen würde, dieses Buch zu lesen.

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  4. Dominik

    „How I live now“ oder „So lebe ich jetzt“ von Meg Rosoff schafft es unerschöpfliche Themen lächerlich, infantil und ideenlos zu präsentieren.
    Meg Rosoff macht in jedem einzelnen Handlungsstrang klar, dass dies ihr Debütroman ist und man nicht viel erwarten darf.
    Die Geschichte beginnt vielversprechend mit Witz, Ironie und einer Handlung, die Lust auf mehr macht. Jedoch scheitert diese Handlung, als der „Krieg“ ausbricht und von nun an alles falsch gemacht wird, was man als engagierte Autorin falsch machen kann. Die Inzest-Liebesgeschichte zwischen Edmond und Daisy wird auf ein nahezu telepathisches Level heraufgesetzt, und der Weltkrieg des 21. Jahrhunderts wirkt nahezu lächerlich. Die Lächerlichkeit wird hervorgerufen durch die Anonymität des, so im Buch genannten, „Feindes“ und eine vollkommen oberflächliche Ansicht von Krieg.
    Meg Rosoffs Ansicht nach liegt die Intension von Krieg in der Eliminierung jedes einzelnen Bürgers des Landes. Diese Ansicht wird dem Leser offensichtlich, wenn man die Textstelle betrachtet, in der Piper und Daisy im Hause McEvoy Unterschlupf finden und fliehen müssen, da der „Feind“ von Haus zu Haus zu zieht und Mann und Maus ermordet.
    Ein weiteres negativ Beispiel ist für mich die Ermordung von Major McEvoy. Der eben Genannte wird an einem Checkpoint einer Verbündeten britischen Fraktion von einem Maschinengewehr nahezu „zersiebt“, da er einen ebenfalls von diesen Soldaten niedergeschossen Jungen aufhelfen oder „erlösen“ will.
    Meg Rosoff will hier in dem Leser erzählen, dass Verbündete auf einen hilflosen Jungen schießen, weil er diesem einen Spruch an den Kopf geworfen hat und anschließend einen ranghöheren Soldaten mit einem Maschinengewehr in ihrem eigenen Checkpoint erschießt.
    Diese Stelle sollte die Grausamkeit und die Willkür des Krieges aufzeigen. Was aber dadurch erreicht wird, sprengt den Rahmen der Fiktion eines Krieges des 21. Jahrhunderts. Der Krieg wirkt dadurch nicht erschütternd oder grausam, er wirkt eher grotesk, gar flapsig.
    Die folgende Flucht bzw. Suche von Daisy nach ihren Cousins Edmond und Isaac wirkt eher wie ein Pfadfinderausflug unter schlechten Bedingungen, als ein Kampf um das Überleben in einem Kriegsszenario.
    Daisys stetige Begleiterin, die neunjährige Piper, bestätigt dies und zieht das Szenario weiter ins Lächerliche, da dieses Mädchen den Eindruck vermittelt, einen Überlebenskurs für Fortgeschrittene absolviert zu haben und sich auch nicht sonderlich von ihrem nahezu kompletten Verlust ihrer Familie stören zu lassen. Im Gegenteil, die Neunjährige managt den „Pfadfinder-Ausflug“ und wirkt zum Teil weitaus tougher als ihre fünfzehnjährige Begleiterin. Diese exaggerierte Darstellung eines kleinen Mädchens wirkt, wie so oft in diesem Werk, lächerlich und abstrus.
    Des Weiteren langweilt die Autorin den Lesern mit manchmal seitenlangen Beschreibungen von der Suche bzw. dem Verzehr von Nahrung. Beispiel bildet hier eine zwei Seiten lange Passage, die ausschließlich vom Verzehr von Haselnüssen und Johannisbeeren handelt.
    Ebenso ist das Ende ideenlos und wirkt aufgesetzt. Um den Leser glücklich einschlafen zu lassen, wird ein Happy End erzwungen, das weder zum Kriegshintergrund noch zum Handlungsverlauf passt.
    Trotz dieser harschen Kritik kann ich doch dem Buch etwas zugute halten.
    Die Jugendsprache wirkt nicht aufgesetzt und scheint authentisch. Ebenso ist die Sprache Daisys sehr lebendig und man nimmt klar die Stimme der Autorin wahr.

    Als Resume kann ich leider nur festhalten, dass dieses Werk für nicht anspruchsvolle Leser geeignet ist und höchstens als Gute-Nacht-Lektüre zu genießen ist – wenn man überhaupt das Wort „genießen“ hier anbringen kann. Aus vielen 0815-Themen wie erste Liebe, sexuelle Gefühle für Familienmitglieder, Krieg und Magersucht wurde ein undurchsichtiger Brei erzeugt, den der Leser Seite für Seite auslöffeln muss.
    Mich als Jugendlicher, der sehr literaturbegeistert ist, hat dieses Buch keineswegs angesprochen und es hat mir auch nicht wirklich eine Lehre vermittelt.

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